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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera
Autoren: Theodor Fontane
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er und weiter nichts. Oder glauben Sie, daß er die kleine Rotblondine mit den ewigen Schmachtaugen ge-
    heiratet hat, weil sie Caparoux hieß, oder meinetwegen auch de Caparoux? Er hat sie geheiratet, weil sie die Schwester ihrer Schwester ist. Du himmlischer
    Vater, daß ich einem Polizeirat solche Lektion halten muß.«
    Der Polizeirat, dessen Schwachheiten nach der erotischen Seite hin lagen, las aus diesen andeutenden

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    Worten ein Liebesverhältnis zwischen dem Major und
    Melanie heraus und sah den langen hageren Duque-
    de von der Seite her betroffen an.
    Dieser aber lachte und sagte: »Nicht so , Reiff, nicht so ; Carrièremacher sind immer nur Courmacher.
    Nichts weiter. Es gibt heutzutage Personen (und
    auch das verdanken wir unsrem großen Reichsbau-meister, der die soliden Werkleute fallen läßt oder beiseite schiebt), es gibt, sag' ich, heutzutage Personen, denen alles bloß Mittel zum Zweck ist. Auch die Liebe. Und zu diesen Personen gehört auch unser
    Freund, der Major. Ich hätte nicht sagen sollen, er hat die Kleine geheiratet, weil sie die Schwester ihrer Schwester ist, sondern weil sie die Schwägerin ihres Schwagers ist. Er braucht diesen Schwager, und ich sag' Ihnen, Reiff, denn ich kenne den Ton und die
    Strömung oben, es gibt weniges, was nach oben hin
    so empfiehlt wie das. Ein Schwager-Kommerzienrat ist nicht viel weniger wert als ein Schwiegervater-Kommerzienrat und rangiert wenigstens gleich da-
    hinter. Unter allen Umständen aber sind Kommer-
    zienräte wie konsolidierte Fonds, auf die jeden Au-
    genblick gezogen werden kann. Es ist immer De-
    ckung da.«
    »Sie wollen also sagen...«
    »Ich will gar nichts sagen, Reiff... Ich meine nur so.«
    Und damit waren sie bis an die Bendlerstraße ge-
    kommen, wo beide sich trennten. Reiff ging auf die

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    Von-der-Heydt-Brücke zu, während Duquede seinen
    Weg in gerader Richtung fortsetzte.
    Er wohnte dicht an der Hofjägerallee, sehr hoch, a-
    ber in einem sehr vornehmen Hause.
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Ebenezer Rubehn
    Wenige Tage später hatte Melanie das Stadthaus
    verlassen und die Tiergartenvilla bezogen. Van der
    Straaten selbst machte diesen Umzug nicht mit und
    war, so sehr er die Villa liebte, doch immer erst vom September ab andauernd draußen. Und auch das
    nur, weil er ein noch leidenschaftlicherer Obstzüchter als Bildersammler war. Bis dahin erschien er nur jeden dritten Tag als Gast und versicherte dabei je-
    dem, der es hören wollte, daß dies die stundenweis
    ihm nachgezahlten Flitterwochen seiner Ehe seien.
    Melanie hütete sich wohl zu widersprechen, war
    vielmehr die Liebenswürdigkeit selbst und genoß in
    den zwischenliegenden Tagen das Glück ihrer Frei-
    heit. Und dieses Glück war um vieles größer, als
    man, ihrer Stellung nach, die so dominierend und so frei schien, hätte glauben sollen. Denn sie dominierte nur, weil sie sich zu zwingen verstand; aber dieses Zwanges los und ledig zu sein blieb doch ihr Wunsch, ihr beständiges, stilles Verlangen. Und das erfüllten ihr die Sommertage. Da hatte sie Ruhe vor seinen
    Liebesbeweisen und seinen Ungeniertheiten, nicht
    immer, aber doch meist, und das Bewußtsein davon
    gab ihr ein unendliches Wohlgefühl.

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    Und dieses Wohlgefühl steigerte sich noch in dem
    entzückenden und beinah ungestörten Stilleben,
    dessen sie draußen genoß. Wohl liebte sie Stadt und Gesellschaft und den Ton der großen Welt, aber
    wenn die Schwalben wieder zwitscherten und der
    Flieder wieder zu knospen begann, da zog sie's doch in die Parkeinsamkeit hinaus, die wiederum kaum
    eine Einsamkeit war, denn neben der Natur, deren
    Sprache sie wohl verstand, hatte sie Bücher und Mu-
    sik und - die Kinder. Die Kinder, die sie während der Saison oft tagelang nicht sah und an deren Aufwach-sen und Lernen sie draußen in der Villa den regsten Anteil nahm. Ja, sie half selber nach in den Sprachen, vor allem im Französischen, und durchblätterte mit ihnen Atlas und historische Bilderbücher. Und an alles knüpfte sie Geschichten, die sie dem Gedächt-nis der Kinder einzuprägen wußte. Denn sie war ge-
    scheit und hatte die Gabe, von allem, worüber sie
    sprach, ein klares und anschauliches Bild zu geben.
    Es waren glückliche stille Tage.
    Möglich dennoch, daß es zu stille Tage gewesen wä-
    ren, wenn das tiefste Bedürfnis der Frauennatur: das Plauderbedürfnis, unbefriedigt geblieben wäre. Aber dafür war gesorgt. Wie fast alle reichen Häuser hatten auch die van der Straatens einen Anhang ganz
    alter und
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