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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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die dunkelblaue Männertracht des Hauses gekleidet, dunkle Locken bis auf die Schultern, ein schiefes Grinsen im Gesicht, auf dem ein blauer Fleck allmählich verblasste.
    »Hey, Princess!«
    »Was?«
    Das Grinsen verschwand, und der Mann kam näher.
    »Hey, Junora Kyria. Was ist los?«
    Reb? War das der angeschlagene Subcult, den ich gestern im Gang gefunden hatte?
    »Hey, du siehst scheiße aus. Was haben sie mit dir gemacht?« Er setzte sich auf den Hocker neben dem Bett.
    »Nichts. Lass mich allein.«
    »Nee, geht nicht. Das kannst du nicht bringen. Was ist mit dir? Warum siehst du aus wie ausgekotzte Milch?«
    Wieder flackerte das Flämmchen Wut auf. »Ich sterbe!«, schnauzte ich ihn an.
    Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Ach ja?«
    »Ach ja.«
    »Und keiner kümmert sich um dich?«
    »Das ist doch egal.«
    »Nein, das ist es nicht. Wenn sie dich nicht behandeln, sollte ich mal meine Mutter informieren.«
    Ich schnaubte. »Wird die was ausrichten können?«
    »Du würdest dich wundern. Aber – nein, ich wollte dich zum Lächeln bringen. Hey, stimmt das, ich meine, das mit dem Sterben? Du warst doch gestern total gesund.«
    »Das war gestern. Geh endlich weg.«
    Er knurrte etwas, das sich wie »verwöhnte Elitezicke« anhörte, und stand auf.
    Er war ein Ausgestoßener, ein Nichts, ein Mensch ohne Identität.
    Er war in eine gewalttätige Auseinandersetzung verwickelt gewesen. Er hatte sich mit anderen geschlagen.
    Er war ein Fremder für mich.
    Doch als er die Türklinke hinunterdrückte, sagte ich: »Bleib.«
    Ich vertraute ihm. Warum, wusste ich nicht.
    »Na gut. Aber nun sag endlich – was ist los?«
    Ich erzählte ihm, was ich in der letzten Zeit herausgefunden hatte – von dem Verrat, den Lügen, der Zukunft im Tempel, den Auswirkungen des Giftes, dem ungeklärten Tod meines Vaters. Es brach wie eine Sturzflut aus mir heraus. Irgendwann spürte ich seine Hand auf meiner, irgendwann drückte er sie so fest, dass es wehtat, aber er sagte die ganze Zeit kein Wort.
    Dann war alles aus mir heraus, und ich schwieg. Der Druck seiner Finger löste sich langsam. Leise sagte er: »Scheiße.«
    »Tja.«
    »Mütter!«, knurrte er wie schon einmal und spuckte auf den Boden.
    »Du Ferkel!«, fauchte ich.
    »Hä?«
    »Spinnst du? Wisch das weg.«
    Ich rückte angeekelt von ihm ab.
    Er sah mich groß an, stand aber auf und wischte mit einem Papiertuch die Spucke weg.
    »Ja, verehrte Junora Kyria. Ganz Euer Sklave, Herrin! Stets zu Diensten, Majestät.«
    »Lass den Quatsch. Sie haben dich gewaschen, zusammengeflickt und in saubere Kleider gesteckt. Benimm dich entsprechend.«
    Der Blick, mit dem er mich bedachte, sprach Bände.
    Und ich schämte mich plötzlich. Er hatte mir zugehört. Meine Hand festgehalten.
    »Mit Müttern hast du wohl auch keine guten Erfahrungen gemacht, was, Reb?«, meinte ich sanfter.
    »Nee, wirklich nicht.«
    Er setzte sich wieder und ballte die Faust um das Papiertuch.
    »Wirf es da in den Abfalleimer. Magst du ein Bonbon?«
    Ich wies auf die Tüte, die Bonnie mir mitgebracht hatte.
    »Nein. Was wirst du jetzt machen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe Angst.« Weil die mir die Kehle zudrückte, legte ich den Kopf wieder auf die Knie. »Grauenvolle Angst, Reb. Nicht vor dem Todsein, sondern vor dem Sterben.«
    »Leben ist zäh.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Gestern, da dachte ich … «
    »Sie haben dich verprügelt. Wollten sie dich umbringen?«
    »Vergiss es.«
    Ich hob die Hand und berührte den verblassenden blauen Fleck auf seinem Wangenknochen.
    Seine Augen, grün mit einem goldenen Flimmern, unter langen schwarzen Wimpern, sahen in meine.
    »Ist gut, Princess. Ist vorbei.«
    Die Tür wurde aufgerissen, zwei deutlich gestresste Pflegerinnen traten ein. Eine musterte Reb argwöhnisch.
    »Junora Kyria, es tut mir leid, Sie belästigen zu müssen, wir haben zahlreiche Notfälle. Unsere Bettenkapazitäten sind beschränkt. Dürfen wir zwei Verletzte in Ihr Zimmer legen?«
    »Natürlich. Es ist groß genug.«
    Ich stand auf und holte meinen Umhang.
    »Sie können selbstverständlich bleiben, Junora Kyria.«
    »Komm, wir gehen in den Park«, sagte ich zu Reb.
    Es war sonnig und warm, in sorgfältig bepflanzten Beeten blühten Frühlingsblumen in fröhlichen Farben, Flieder wiegte sich duftend an den Wegesrändern. Vögel sangen, und zarte Windspiele klangen in leisen Tönen. Auch der Park diente der Heilung. Schönheit und Ruhe, so hatte man herausgefunden, wirkten lindernd auf die
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