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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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nichts Konkretes feststellen, Junora Kyria. Machen Sie sich nicht so viele Gedanken darüber. Ich muss gleich noch zu einem wichtigen OP-Termin, aber anschließend nehme ich mir Zeit für Sie, und wir gehen alle Ihre Werte noch einmal durch.«
    »Ist gut«, presste ich hervor. Mir war die Kehle noch immer eng. Und ohne es zu wollen, brach es aus mir heraus, was ich nie hatte fragen wollen, um das Gespenst der Krankheit nicht zu beschwören: »Dr. Martinez, wie ist mein Vater gestorben?«
    Sie sah mich traurig an. »Warum wollen Sie das wissen, Junora Kyria?«
    »Warum verschweigt man es mir?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du warst noch ein Kind.«
    »Jetzt bin ich kein Kind mehr. Das zumindest habe ich geschafft, oder?«
    »Ja, natürlich.« Sie nahm meine kalte Hand in ihre warme. »Ich gebe Ihnen ein Beruhigungsmittel.«
    »Nein, ich will keins von ihren Scheißegal-Mitteln. Ich will Antworten!« Die kleine Flamme der Wut wärmte mich wieder. »Ich will endlich ehrliche Antworten. Wenigstens von Ihnen, Dr. Martinez.«
    Sie seufzte. »Ihre Mutter meint es gut mit Ihnen, Junora Kyria. Aber – nun ja, vielleicht ist es falsch. Sie sind eine ungewöhnlich sensible und intelligente junge Frau.«
    Sie rollte ihren Hocker wieder zum Monitor und gab einige Befehle ein. Dann berichtete sie: »Demir wurde am 7. April 2107 bei uns eingeliefert. Sein Zustand war bedenklich. Es gab deutliche Anzeichen von Organversagen, doch er sprach auf keine der Behandlungen an. Wir stabilisierten ihn, aber die Prognosen waren schlecht. Am 26. April bat Ihre Mutter uns, ihn zu sich nach Hause zu überführen, am 28. April starb er in ihrem Beisein. Junora Kyria, Isha, Ihre Mutter, war Demir zutiefst zugetan. Das sollten Sie wissen.«
    »Drei Tage vor meiner Geburt«, flüsterte ich.
    »Ja, drei Tage vor Ihrer Geburt, Kind. Sie wurden in Trauer und Schmerz geboren. Vielleicht verstehen Sie die Fürsorge, aber auch das Schweigen Ihrer Mutter so ein wenig besser.«
    »Es ist nicht nur das Schweigen«, sagte ich. »Es sind die Lügen. Dr. Martinez, was hat die Krankheit bei meinem Vater ausgelöst?«
    »Eine verständliche Frage«, sagte Dr. Martinez. »Ich schaue nach.«
    Das tat sie dann auch, und plötzlich huschte ein, wie mir schien, äußerst irritierter Ausdruck über ihr Gesicht.
    »Seltsam, die Akte ist nicht vollständig«, murmelte sie und klapperte weiter auf der Tastatur. »Mhm, das erklärt es vielleicht.«
    »Was?«
    »Junora Kyria, es war ein sehr ungewöhnlicher Fall, und Sie wissen doch, dass wir gehalten sind, alles, was auch nur einen Verdacht auf eine ungewöhnliche Infektion aufkommen lässt, von den Forschungslaboren der PDP untersuchen zu lassen. Die Obduktion wurde von PanDemicaProtect durchgeführt, deren Berichte mir aber nicht zugänglich sind. Ich kann sie jedoch anfordern, wenn Sie es wünschen.«
    »Ich wünsche es.«
    Dr. Martinez nickte und begann mit einer Eingabe, als plötzlich eine absolute Stille im Raum eintrat.
    Absolut!
    Kein Ticken, kein Brummen, kein Rauschen der Klimaanlage – nichts.
    Und dann brach die Hölle los.
    Alarme schrillten, Sirenen heulten, grelle Beleuchtung ging an, Geräte piepsten, Türen knallten, jemand schrie gellend.
    »Heilige Mutter, was ist das?« Dr. Martinez sprang auf. »Kind, ich muss mich darum kümmern! Ich komme nachher zurück, wenn ich weiß, was die Ursache für dieses Theater ist.«
    Eine Sirene nach der anderen verstummte, das Brummen, Piepsen und Ticken, das zu den Grundgeräuschen des Heilungshauses gehörte, hatte wieder eingesetzt.
    Was immer passiert war, es hatte mich aus meiner Starre gerissen. Meine Gedanken wurden klarer, das Zittern hörte auf. Ich trank einen Becher Wasser und setzte mich im Bett auf, zog die Knie an, umfasste sie mit den Armen und legte den Kopf darauf.
    Mein Vater war drei Wochen lang gestorben. Ich würde sterben – in drei Wochen. Vielleicht dauerte es etwas länger. Man würde versuchen, mich am Leben zu halten, solange es ging.
    Es würde die reine Qual werden.
    Zeit vertropfte. Ich verkroch mich in der tiefsten Höhle, die ich in mir finden konnte. Im Dunkel, in den Schatten, wo die namenlose Angst lauerte.
    Wie aus weiter Ferne nahm ich wahr, dass sich das ganze Heilungshaus in Aufruhr befand, doch das war mir gleichgültig.
    Irgendwann fiel die Tür meines Zimmers mit einem lauten Schlag zu, und ich hob den Kopf. Es war jedoch nicht Dr. Martinez, die eingetreten war. Verblüfft blinzelte ich die Gestalt an. Groß, schlaksig, in
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