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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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schwammen in Tränen.
    Ich biss mir auf die Lippe. Meine Mutter war für gewöhnlich alles andere als rührselig. Sie war beherrscht und kühl.
    Aber ich verstand schon – ja, ich verstand. Die Chancen, dass ich mein achtzehntes Lebensjahr erreichen würde, hatten nicht besonders gut gestanden. Immerhin, mir war es gelungen zu überleben.
    »Schon gut, Mama. Streiten wir nicht mehr«, sagte ich versöhnlich und machte einen Schritt auf sie zu.
    Sie hatte sich wieder gefasst und lächelte mich an.
    Meine Mutter ist eine schöne Frau, und wenn sie lächelt, bezwingt sie die Massen. Ich merkte, dass ich sie ebenfalls anlächelte.
    »Es ist ein rauschendes Fest, Kyria. Du hast bei dem Empfang vorhin eine würdige Figur gemacht. Und auch jetzt, auf dem Ball, wirst du unsere Gäste bezaubern. Ganz besonders, hoffe ich, unseren Überraschungsgast.«
    »Einen Überraschungsgast? Wen hast du eingeladen? Die Landesmutter persönlich?«
    So etwas sähe Ma Dama Isha ähnlich, dachte ich.
    »Nein, nein, so hoch habe ich nicht gegriffen. Wart es ab. Und nun, mein Kind … « Sie öffnete ein Kästchen, das sie in der Hand hielt, und holte eine goldene Kette heraus. »Hier, ein Erinnerungsstück an diesen Tag.«
    Ich starrte den Anhänger fassungslos an. Ein goldener Kranz, vielleicht drei Zentimeter im Durchmesser, mit einem komplizierten Muster versehen, darunter ein silbernes Kreuz, verziert mit verschlungenen Linien, ergaben zusammen das Symbol unseres Landes: den Venusspiegel. Viele trugen es, doch in dieser kostbaren Form wohl nur wenige. Zumal dort, wo das Kreuz in den Kreis überging, ein klarweißer Brillant funkelte.
    Ein Schauer kroch mir über den Rücken.
    »Beug den Kopf, Liebes, damit ich es dir umlegen kann.«
    Kühl schmiegte sich das Metall an meine Haut und erwärmte sich langsam.
    »Danke, Mama.«
    »Bitte, Tochter.«
    Ein hauchzarter Kuss berührte meine Wange. Ja, manchmal konnte sie wirklich lieb sein.
    Ich schluckte eine kleine Welle der Bitterkeit hinunter – wir mochten für heute Frieden geschlossen haben, aber unsere Auseinandersetzungen waren damit nicht beendet. Um nicht wieder über meine Zukunft zu reden, deutete ich auf den großen Bildschirm.
    »Hast du vorhin die Nachrichten gesehen, Mama?«
    »Nein, ich hatte keine Zeit. Ist etwas Besonderes geschehen?«
    »Ein Überfall der Subcults auf eine Frau der Civitas. Und sie haben es live gezeigt.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, Delbert hat vom Tatort aus berichtet.«
    »Ungewöhnlich.«
    »Dachte ich auch. Und vor allem, Mama, die Sanitäterinnen haben sich nur um die Opfer aus der Civitas gekümmert, die anderen haben sie einfach verletzt auf der Straße liegen lassen. Eine Amazone hat sogar einen von ihnen noch getreten.«
    Meine Mutter bekam schmale Lippen. »Ich kümmere mich morgen selbst darum, Kyria. Aber jetzt«, sie schaute auf die Uhr, »vergessen wir das. Es ist dein Tag. Der Ball beginnt!«
    Ich folgte ihr bereitwillig. Wenn die Dama Isha sich selbst um die Angelegenheit kümmern wollte, würde es Folgen haben. Auch wenn meine Mutter Ministerin für Wirtschaft und Verkehr war, so hatte sie doch genügend Einfluss, auch in anderen Staatsangelegenheiten gehört zu werden.
    Sie zählte zu denen, die alles erreichten, was sie sich vornahmen. Manchmal machte sie mir damit Angst.
    Aber nun traten wir auf die Empore, und ein sanfter Schubs von ihr brachte mich dazu, vor ihr die Treppe hinunterzugehen. Besser, zu schweben. Wie Bonnie es mir beigebracht hatte.
    Das Orchester spielte eine triumphierende Musik, und alle unsere Gäste sahen zu mir auf und applaudierten. Das Rauschen erfüllte meine Ohren. Ein leichter Schwindel packte mich.
    Nicht jetzt, flehte ich. Nicht gerade jetzt. Viel zu oft hatte ich in den vergangenen Monaten unter Schwindel und Übelkeit gelitten. Ich atmete tief ein.
    Es ging wieder.
    Ole MacFuga lächelte mich an, verbeugte sich. Ich fand, dass er gut aussah mit seinen breiten Schultern, dem langen sandfarbenen Zopf und den geraden dunklen Brauen. Auch wenn für Männer ein ganz anderes Schönheitsideal galt.
    Als ich den letzten Absatz der weit geschwungenen Treppe erreicht hatte, hielt mich eine leichte Berührung an der Schulter zurück. Ich blieb stehen, spürte meine Mutter hinter mir.
    Die Musik brauste auf und ging in die Hymne der Großen Mutter über.
    Verdammt, Ma Dama Isha hatte ihre Freundin überredet, uns zu beglücken.
    Ich hätte es wissen müssen!
    Acht blumengeschmückte Priesterinnen tanzten mit schwingenden,
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