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Kuscheltier-Grauen

Kuscheltier-Grauen

Titel: Kuscheltier-Grauen
Autoren: Jason Dark
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seiner Mutter überrascht worden sein, jedenfalls tat er nichts, um sie aufzuhalten. Und Meggy erreichte die Treppe. Sie faßte den unteren Knauf, hielt sich fest und schwang sich herum auf die erste Stufe, an der sie sich nur abstieß und die nächsten drei mit einem gewaltigen Sprung nahm. Ich warnte die Frau, aber sie überhörte mein Schreien. Es war kaum zu fassen, beinahe unmöglich, aber eine Tatsache. Die eigene Mutter schoß auf die Tochter.
    Wieder krachte der Revolver. Er zuckte während des Schusses, und Meggy zuckte auch mitten im Lauf zusammen, als die Kugel sie erwischte, glücklicherweise nur als Streifschuß, denn Celia konnte wirklich nicht schießen.
    Meggy lief trotzdem weiter. Es war ein Wunder, woher die Frau die Kraft nahm. Sie schaffte es bis zu ihrer Mutter, bevor sie noch einmal schießen konnte, wuchtete sich gegen sie und drückte sie über das Geländer. »Du hast alles kaputt gemacht!« brüllte Meggy. »Du hast unsere Familie zerstört! Du bist die treibende Kraft gewesen. Du hast mir den Sohn genommen! Nur du!«
    Sie schlug tatsächlich zu. Der Treffer war so hart geführt worden, daß Celia sich nicht mehr halten konnte. Sie bekam das Übergewicht und kippte in die Tiefe.
    Ich war blitzschnell gestartet. Bevor Celia Ryan zu Boden schlagen konnte, war ich da und fing den fallenden Körper auf. Fast hätte mich die Wucht noch umgerissen, doch ich blieb auf den Beinen. Celia selbst schleuderte ich herum und entriß ihr die Waffe.
    Heulend blieb die Frau auf dem Boden liegen, flüsterte den Namen ihres Enkels und verfluchte uns.
    Meggy aber war auf der Treppe geblieben. Verletzt, angeschossen, stand sie da und riß sich mit fast übermenschlicher Anstrengung zusammen.
    Suko wollte eingreifen, ich hielt ihn zurück, denn ich hatte gesehen, daß sich Meggy auf ihren Sohn konzentrierte. Was jetzt folgte, war eine Sache zwischen ihr und Ernie.
    »Ich bin gekommen, Kind!« sagte sie. »Und ich werde ohne dich nicht weggehen. Hast du verstanden?«
    Er schaute sie an.
    »Ob du mich verstanden hast, Junge?« schrie sie.
    »Ja…« Seine Antwort war ein Flüstern.
    »Gut, mein Junge, gut.« Meggy holte tief Luft. Sie hatte mit dem Schwindel zu kämpfen, aber sie hielt sich noch. »Ich habe viele Fehler gemacht, Ernie, verdammt viele sogar, aber ich habe nie vergessen, daß du mein Sohn bist und daß ich dich liebe. Weil ich dich liebe, will ich dich wieder zurückholen. Du sollst zu mir kommen, und du sollst deine verdammten Kuscheltiere vergessen. Du gehörst zu mir, deiner Mutter. Wir beide werden ein neues Leben anfangen und alles andere vergessen und hinter uns lassen. Hast du mich verstanden, Ernie?«
    »Ja, Mutter!«
    »Was sagst du?«
    »Ich kann nicht, Mutter. Es steckt in mir. Ich weiß, wer Vater gewesen ist. Nicht nur ein Seemann, nein, er war vom Geist eines Dämons besessen, den er auf mich weitervererbt hat. Es tut mir leid, Mutter. Ich muß handeln, und ich werde meine Tiere nicht im Stich lassen.«
    »Ernie, bitte…«
    »Nein, Mutter!« knirschte er.
    Ich sah, daß die Lage eskalierte. Jetzt wurde es Zeit für mich, einzugreifen. Außerdem schien Meggy nicht mehr die Kraft zu besitzen, sich dort oben auf der Treppe zu halten und reden zu können. Sie schwankte gefährlich, ihr Gesicht war noch bleicher geworden, und sie bewegte die Lippen, ohne etwas sagen zu können. Ohne eine Vorwarnung bewegte ich mich vor. Mein Ziel waren Ernie und seine Kuscheltiere. Bevor er überhaupt begriff, was ihm geschah, war ich bei ihm.
    Ich hatte auf dem Weg die ›Waffe‹ hervorgeholt, die möglicherweise alles richten konnte.
    Mein silbernes Kreuz!
    Ernie sah es nicht nur, er starrte es fast widerwillig an. Dann aber konnte er nicht mehr anders, denn ich drückte ihm den goldenen Talisman in die Hand.
    Er schrie auf.
    Sekundenlang schien er unter Strom zu stehen, so sehr zitterte er. War es überhaupt sein Schrei, der durch die Halle schallte? Er hörte sich an, als würde er von einem Fremden stammen, von dem Geist, der leider in dem Jungen gesteckt hatte.
    Ja, gesteckt hatte, denn die weiße Magie meines Kreuzes hatte ihn vertrieben. Es gab keine Verbindung mehr zwischen ihm und den Kuscheltieren, denn sie verloren vor unseren Augen die schrecklichen Reißzähne, die wie Knochensplitter aus den Kiefern fielen. Die Teddybären sackten ebenfalls ineinander. Da bewegte sich nichts mehr. Sie fielen, wo sie gestanden hatten. Zurück blieben völlig normale Stoffbären.
    Einen von ihnen hob ich auf.
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