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Kurtisanen leben gefährlich

Kurtisanen leben gefährlich

Titel: Kurtisanen leben gefährlich
Autoren: Michelle Natascha Weber
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meinen Arm festigte sich merklich und er zog mich näher zu sich heran. Fragend sah ich zu ihm auf. Er schien aus einem unbegreiflichen Grund auf der Hut zu sein und blieb stehen. Die Frau kam auf uns zu und streckte ihre Arme verlangend und mit einem strahlenden Lächeln nach ihm aus.
    Betont kühl blickte ich die Artista an, deren Augen nahezu anbetend auf Andrea Luca gerichtet waren. Sie war noch sehr jung und sicherlich auch recht hübsch, mit dem glatten, schwarzen Haar und dem typisch olivfarbenen Teint einer Terrano. Ihre kindlich großen Augen hätten unschuldig aussehen können, hätte sie nicht das Kleid einer Artista getragen, das deutlich zeigte, dass es sich hier um kein gewöhnliches Mädchen handelte. Sie war eine Hexe, die in den magischen Künsten bereits so weit ausgebildet war, dass sie den Schleier der Artiste anlegen durfte. Ich war vorsichtig, denn hinter der Fassade eines jungen Mädchens schien mehr zu stecken, als man auf den ersten Blick wahrnahm, auch wenn man ihr Kleid außer Acht ließ.
    Sie zögerte kurz, bevor sie Andrea Luca erreichte, und schaute schüchtern zu ihm empor, ehe ihre mädchenhaft hohe Stimme die ersten Worte hervorbrachte.
    »Signore Santorini! Wie schön, Euch endlich wiederzusehen! Mein Herz fiebert dieser Stunde schon seit Wochen entgegen!«
    Ihr Lächeln war süß und strahlend, Andrea Lucas Miene dagegen war undurchdringlich und versteinert. Er blieb jedoch höflich, obwohl der Charme, der ihn sonst auszeichnete, zu meinem Erstaunen spurlos verschwunden war.
    »Signorina della Francesca. Ich bin sehr erfreut, Euch in unserem Hause begrüßen zu dürfen. Doch Ihr werdet es verstehen, wenn ich meine Pflichten als Sohn des Gastgebers wahrnehmen muss und nicht vollkommen für Euch da sein kann. Sicher ergibt sich später eine Gelegenheit zu einer Unterhaltung.«
    Die Artista schien von dieser kühlen, abweisenden Antwort nicht sonderlich begeistert und ihr Gesicht verzog sich missbilligend zu einem wütenden Schmollen. Ich fragte mich, wer diese Fremde wohl sein mochte und in welcher Beziehung sie zu dem Adeligen stand, als sich ihr Blick von Neuem auf mich richtete. Sie betrachtete mich abschätzig. Auch Andrea Luca bemerkte diesen Wechsel ihres Ziels und er trat einen Schritt nach vorn, um sich zwischen uns zu bringen.
    »Ah, ich verstehe! Ihr möchtet also den Abend lieber mit einer billigen Hure verbringen, als mit Eurer zukünftigen Gemahlin? Wie könnt Ihr es wagen, mich so zu beleidigen, Andrea Luca?«
    Ohne jegliche erkennbare Gefühlsregung trat ich an Andrea Luca vorbei, obwohl in mir die Wut zu kochen begann. Kurtisanen waren keine Huren. Und ich war nicht dazu bereit, mich auf diese Weise beleidigen zu lassen, noch nicht einmal von der Artista, die meinem Begleiter versprochen war. Falls ihre Worte überhaupt der Wahrheit entsprachen.
    »Aber Signorina della Francesca, sehe ich so ärmlich gekleidet aus, dass Ihr mich mit einer Hure von der Straße verwechselt? Ihr möchtet Signore Santorini doch sicher nicht in einem solchen Maße beleidigen?«
    Der rosige Mund der Artista öffnete sich und schloss sich wieder, ohne ein Wort hervorgebracht zu haben. Die Röte auf ihren Wangen hätte zu einer anderen Zeit sicherlich reizend gewirkt, nun erweichte sie damit keinen der amüsierten Blicke der Zuschauer, die sich in einiger Entfernung um uns versammelt hatten.
    Meinen Begleiter hatte unterdessen die Geduld verlassen. Seine kalte Stimme mischte sich in unsere Konfrontation, bevor sie eskalieren konnte.
    »Wie Ihr wisst, bleibt mir noch ein Jahr Zeit bis zu unserer Hochzeit und so bin ich frei, zu tun, was immer mir beliebt. Wenn Ihr uns nun bitte entschuldigen würdet, ohne den ganzen Saal von Eurer Missbilligung in Kenntnis zu setzen?«
    Mit diesen knappen Worten nahm Andrea Luca meinen Arm und zog mich aus der Reichweite der Artista, deren Augen Funken zu sprühen begannen. Also war sie ihm tatsächlich versprochen. Eine politisch inspirierte Heirat ohne jede Spur des Gefühls, keine Frage. Zumindest, was ihn betraf.
    Ich konnte noch immer ihren Blick in meinem Rücken fühlen, nachdem wir an einem anderen Flecken zum Stehen gekommen waren. Es schien, als hätte ich mir ungewollt eine gefährliche Feindin geschaffen, wenn ich die Blitze in ihren Augen richtig deutete. Eine sehr Einflussreiche noch dazu, wenn man den Namen della Francesca in Betracht zog. Er wies auf eine lange, reine Blutlinie der Artiste hin, die zukünftig einiges an Macht versprach - in
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