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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Autoren: Gisa Pauly
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hatte ihren Arm fest um Mamma Carlottas Schultern geschlungen. Das Messer, das sie ihr an den Hals hielt, sah gefährlich aus.
    »Lasst mich durch«, sagte Corinna leise und bestimmt. Dann fasste sie Erik ins Auge. »Du legst jetzt deinen Autoschlüssel auf das Fass.« Sie machte eine Kopfbewegung in Richtung eines großen Fasses hinter ihm, auf dem mehrere Schalplatten lagen. »Und dann haust du ab! Und alle anderen auch!«
    Die Feuerwehrmänner verschwanden auf der Stelle. Erik suchte seinen Schlüssel aus der Jackentasche und bewegte sich vorsichtig rückwärts. Die Gedanken jagten durch seinen Kopf. Wäre es klug, Corinna mit seinem Wissen zu überrumpeln? Würde sie einbrechen, wenn er ihr auf den Kopf zusagte, was er herausgefunden hatte? Oder machte er damit alles nur noch schlimmer?
    Er sah zu Sören, hoffte, in seinem Gesicht Bestätigung zu finden oder die Aufforderung, etwas anderes zu tun. Und tatsächlich erschien etwas in Sörens Augen. Ein Hinweis! Eine Warnung?
    Erik zögerte. Es kam ihm so vor, als wüsste Sören etwas, das er ihm jedoch nicht mitteilen konnte. Vorsichtig legte Erik den Schlüssel auf die Wassertonne, dann blieb er stehen.
    »Weg!«, sagte Corinna und zog Mamma Carlotta noch weiter an sich heran. Die Messerspitze hinterließ ein feines rotes Rinnsal, das Eriks Schwiegermutter in den Kragen lief.
    Wieder sah er Sören an, ehe er zur Seite trat. Dann endlich verstand er Sörens Hinweis. Sein Assistent blickte schnell zur Seite, so kurz, dass es kaum wahrzunehmen war, sein Blick huschte einmal über Corinnas Kopf hinweg und war dann wieder ganz ruhig auf seinen Chef gerichtet.
    Erik gab sich Mühe, Corinna nicht merken zu lassen, dass er einen Hinweis bekommen hatte. Seine Augen gingen nur kurz zu der Stelle, auf die Sören hingewiesen hatte, dann zu einer ganz anderen. Nun hatte er es auch gesehen. Zwei Füße bewegten sich vorsichtig über das Gerüstbrett und tasteten sich auf die Leiter. Erik fragte sich, wie Niccolò dorthin gekommen war. Er bewegte sich so leicht und geräuschlos, wie es wohl nur ein Mensch konnte, der auch über ein straff gespanntes Seil zu laufen vermochte.
    Erik versuchte es mit einem Ablenkungsmanöver. »Sei vernünftig, Corinna! Das bringt doch nichts! Wie willst du bei dem Sturm von der Insel kommen?«
    »Das lass nur meine Sorge sein«, gab sie zurück und stieß Mamma Carlotta mit dem Knie einen Meter nach vorn. »Solange deine Schwiegermutter in meiner Gewalt ist, kann mir nichts passieren. Und wenn mir jemand in die Quere kommt, steche ich zu. Ich hoffe, du glaubst mir das.«
    »Du machst alles nur noch schlimmer«, sagte Erik und zwang sich, nicht zur Leiter zu blicken.
    Niccolò stand nun freihändig auf einer der oberen Sprossen und setzte zu einem gewaltigen Sprung an. Der Angriff kam für Corinna derart überraschend, dass sie keine Gelegenheit hatte, dass Messer so einzusetzen, wie sie es angedroht hatte. Sie fiel vornüber, Niccolò warf sich auf sie. Er griff nach ihrer Hand, zwang Corinna, sie zu öffnen, und stieß das Messer so weit weg, dass es vor Eriks Füßen landete. Dann wartete er, bis Sören mit Handschellen neben ihm auftauchte, und hielt Corinnas Arme so lange fest, bis ihre Hände auf dem Rücken gefesselt waren.
    Dann erst stand er auf und fand sich augenblicklich an Mamma Carlottas Brust wieder. »Niccolò bambino! Du hast mich gerettet!«
    Erik half Corinna auf die Beine. Aus wütend zusammengekniffenen Augen sah sie ihn an. Erik holte tief Luft, ehe er sagte: »Matilda Pütz, ich nehme Sie fest wegen des dringenden Verdachts, Ihre Schwester Corinna Matteuer, Dennis Happe und Sila Simoni umgebracht zu haben.«
    Erik blickte zu Mamma Carlotta, die ihn mit offenem Mund anstarrte, und er genoss diesen denkwürdigen Augenblick, in dem es seiner Schwiegermutter endlich einmal die Sprache verschlagen hatte.

M amma Carlotta kochte Kaffee. Wiebke hatte sich erboten, Sahne für den Mandelkuchen zu schlagen, Niccolò hing am Telefon und verbreitete in Umbrien die Nachricht, dass sein Einsatz als Artist eine Katastrophe verhindert hatte. Die Kinder hatten sich verdrückt, nachdem sie sich angehört hatten, was passiert war. Natürlich hatten sie von ihrer Nonna die italienische Fassung präsentiert bekommen, mit allen noch so geringfügigen Einzelheiten, vielen Übertreibungen und unzähligen Vermutungen, die sie als Gewissheiten verkauft hatte. Erik sei eine kriminalistische Meisterleistung gelungen, sie selbst sei mindestens so tapfer
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