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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues
Autoren: Marlene Bach
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hatte.
Lea Rinkner war am Morgen nicht zur Arbeit erschienen. Nachdem sie mit einem
Polaroidfoto von der Toten dort gewesen waren, gab es keinen Zweifel mehr an
der Identität der jungen Frau.
    »Dass die keine Papiere bei sich hatte, als die joggen war, das
verstehe ich ja noch.« Arthur hatte sich auf seinem Bürostuhl zurückgelehnt und
schaute nun angestrengt auf den gegenüberliegenden Schrank. »Aber die wohnte
doch allein, hast du erzählt. Da hätte sie ja wohl einen Hausschlüssel
dabeihaben müssen.«
    »Vielleicht war da ein Anhänger dran, der Anfangsbuchstabe vom
Vornamen oder so, und der Täter hat ihn mitgenommen, um ihre Identifizierung zu
erschweren.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Nein, der Schlüssel muss
irgendwo im Neckar liegen, sonst macht das andere keinen Sinn. Er legt mit
Geldstücken eine Spur zur Leiche hin. Und er hat die Frau festgebunden. Das hat
verhindert, dass sie abgetrieben wird. Der Täter wollte, dass die Leiche
gefunden wird. Der wollte nichts vertuschen.«
    »Stimmt. Sieht ganz so aus.«
    »Aber warum, Maria? Normalerweise tut ein Mörder alles, um die Tat, solange
es eben geht, zu verheimlichen. Die Opfer werden in kleine Teile zerhackt, im
Wald verscharrt oder in Beton gegossen. Und hier? Man präsentiert uns die
Leiche auf dem Tablett.«
    »Hmm«, pflichtete Maria bei, während sie den letzten Bissen
hinunterschluckte.
    »Dieser Mensch möchte, dass alle möglichst bald mitbekommen, was er
getan hat.« Arthurs Gesicht hatte einen besorgten Ausdruck angenommen. »Ich
befürchte, er will vor allem eines: Aufmerksamkeit. Hoffentlich geht das gut.«
    »Wir haben eine ermordete junge Frau. Ich würde mal sagen, da ist
schon was nicht gut gegangen.«
    »Ich dachte auch eher an das, was noch passieren könnte. Wenn so
jemand erst einmal einen solchen Schritt getan hat … Das ist wie eine Schwelle,
die überschritten wird.«
    Maria wusste, was Arthur befürchtete.
    »Natürlich. Der böse Serienkiller! Ein Verrückter, der am Neckar in
der Uferböschung hockt und eine Frau nach der anderen umbringt, damit er in die
Zeitung kommt. Das nächste Opfer häutet er wahrscheinlich noch, genau wie der
bei Hannibal Lecter.«
    »Vielleicht.«
    »Ach hör doch auf, Arthur«, entgegnete Maria. »Du solltest dir im
Fernsehen nicht immer diese Gruselkrimis ansehen.«
    »Hat der Mörder etwas hinterlassen? Irgendetwas, was auf ihn
hinweist? Ein Zeichen?«
    »Stell dir vor: nichts. Nicht mal seine Visitenkarte.«
    Ärgerlich knüllte sie ihre Tüte zusammen und warf sie voller Schwung
in Richtung Papierkorb, der neben der Tür stand. Leider steckte genau in diesem
Moment Alsberger den Kopf herein. Ihr Wurfgeschoss traf ihn an der Schläfe.
    Alsberger bückte sich und hob wortlos das Papier auf.
    »Tut mir leid! Tut mir wirklich sehr leid!«, versicherte Maria
eilig.
    Aber Alsbergers Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel aufkommen: Er
glaubte ihr kein Wort.
    Maria seufzte. »Dann fahren wir mal zu den Angehörigen. Arthur, sorg
dafür, dass die Geldstücke in die Kriminaltechnik kommen.«
    Alsberger war schon wieder zur Tür hinaus, als Arthur seine
Schreibtischschublade aufzog.
    »Warte noch mal eben, Maria.«
    Er holte ein schwarzes Kästchen hervor und öffnete es.
    »Schau mal, was hältst du davon?«
    Ein kleines goldenes Herz glänzte ihr auf dunklem Samt entgegen.
    »Schön, nicht?« Arthur strahlte. »Meinst du, es gefällt Sabine? Da
wird sie sich doch freuen, oder?«
    Alsberger war wieder in der Tür erschienen.
    »Fahren wir jetzt oder nicht?«, fragte er vorwurfsvoll.
    Und Maria war dankbar, dass sie nicht antworten musste.
    *
    Ein riesiges angenagtes Stück Käse. Es war immer das Gleiche, was
Maria durch den Kopf ging, wenn sie die Berghügel nördlich von Heidelberg sah.
Dort, wo früher Porphyr abgebaut worden war, leuchtete das offen liegende
ockerfarbene Gestein auch heute noch weithin bis in die Ebene, und es sah ganz
so aus, als hätte eine gigantische Maus mit spitzen Zähnen Stück für Stück
abgeknabbert.
    Sie waren auf der A 5 Richtung Norden unterwegs. In der
Apotheke, in der Lea Rinkner gearbeitet hatte, wusste man, dass ihr Vater in
Ladenburg wohnte. Kurz vor der Autobahnausfahrt kündete ein Schild stolz von
der alten Römerstadt.
    Ein Kleinod der Kurpfalz, wie ein älterer Nachbar Maria einmal
versichert hatte. Und in der Tat, Ladenburg war ein beliebtes Ausflugsziel für
die ganze Umgebung. An sonnigen Wochenenden strömten Scharen von Radlern aus
Heidelberg
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