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Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition)
Autoren: Martin Schüller
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Neubau der Sparkasse eine Entdeckung gemacht.«
    »Was denn?«
    »Bitte, hier hinunter.« Kürten flüsterte fast und ließ Hanna den Vortritt.
    * * *
    Man hatte eine provisorische Falltür aus Bauholzplatten und Scharnieren gebaut, die bereits unter der Feuchtigkeit zu rosten begannen. Die große Klappe stand weit offen, doch als Hanna die ersten Schritte auf der sandigen Treppe gemacht hatte, wurde es schon nach wenigen Schritten dunkel. Sie hörte Kürtens Stimme:
    »Das Bauamt, das Amt für Denkmalschutz, alle haben sich hier schon auf den Füßen gestanden. Du weißt ja, wie die bürokratischen Mühlen mahlen …«
    Hanna hatte Mühe, ihre vom hellen Mittagslicht geblendeten Augen dem fahlen Schein der auf Stativen stehenden Scheinwerfer anzupassen. Daher fühlte sie den glatten, ausgetretenen Stein der letzten acht Stufen eher, als dass sie ihn sehen konnte. Die Wände schienen aus uralten Ziegelsteinen zu bestehen. Erst langsam gewöhnte sie sich an die Dunkelheit. Leider zu spät, um einem Spinnennetz auszuweichen, das sich in ihren Haaren verfing.
    »Wieso erinnert mich das bloß an meinen letzten Besuch in der Geisterbahn?«, dachte sie laut nach.
    »Warte, ich gehe vor«, bot Kürten an. »Ich war schon ein paar Mal hier unten. Die Denkmalschützer haben mit Archäologen zuerst diesen Gang freigelegt. Der war komplett verschüttet.«
    »Wenn mich nicht alles täuscht, sollten sich hier Tresorräume oder die Tiefgarage befinden. Und nicht Graf Draculas letzte Ruhestätte, oder?«
    »Pass auf deinen Kopf auf«, riet Kürten ihr, als sie unten angekommen waren.
    Hanna sah sich in einem Gewölbekeller um. Anderthalb mal drei Meter groß und nicht ganz hoch genug, dass sie aufrecht darin stehen konnte. Kürten, der fast zwei Meter groß war, musste sich wie der Glöckner von Notre-Dame krümmen und stieß dennoch an die gewölbte Decke. Er ging im Krebsgang zum Ende des Raums. Dabei streifte er sich latexfreie Einmalhandschuhe über und reichte Hanna ebenfalls ein Paar.
    »Ist das wirklich nötig?«, fragte Hanna und sah Kürten ungläubig an.
    »Ja, ist es. Du wirst schon sehen«, antwortete er und öffnete eine schwere Holztür mit vom Alter geschwärzten Eisenbeschlägen. Die Tür gab ein filmreifes Knarren und Ächzen von sich, als Kürten sie, mit der Schulter dagegengestemmt, unter Mühen öffnete.
    »Ich komm mir vor, als wäre ich in einem Harry-Potter-Film gelandet«, murmelte Hanna. »Werner, wenn das hier wieder einer von euren Kollegenscherzen ist, dann bekommt ihr mächtigen Ärger.«
    »Sag mal, wieso quasselst du eigentlich so viel?«, fragte Kürten amüsiert. »Kann es sein, dass du dich fürchtest? Nach dir …«
    Er versuchte, Hanna am letzten Lampenstativ vorbei sanft durch die Tür in die Dunkelheit zu schieben. Doch sie hielt sich mit beiden Händen im Türrahmen fest. Ihre Handschuhe quietschten protestierend über das uralte Holz.
    »Jetzt zier dich nicht so«, sagte Kürten lächelnd, während Hanna der Schweiß ausbrach.
    Mit seinen gefletschten Zähnen ähnelte ihr Kollege und Freund mit einem Mal einem urzeitlichen Dämon, der im flackernden Licht von Pechfackeln einen Veitstanz aufführte, bevor er seine Beute in das Verlies warf.
    Tatsächlich warf Hanna nur die Lampe um, daher das Flackern. Sie strampelte keuchend mit beiden Füßen, obwohl Kürten sie bereits losgelassen hatte und immer wieder ihren Namen rief.
    Das Licht an der Tür verlosch mit einem Knall, und nur mit Mühe konnte Kürten Hanna daran hindern, ihre Dienstwaffe aus der Jacke zu ziehen.
    »Hanna, mein Gott, Hanna! Jetzt beruhige dich. Was ist denn los? Hanna !!«
    Sie bekam ihre Atmung in den Griff. Ein guter erster Schritt, um die Angst zu besiegen, hatte der Therapeut gesagt. Lange bevor sie ihn gefeuert hatte.
    Erst die Atmung kontrollieren, dann die Sinneseindrücke verarbeiten. Und zwar einen nach dem anderen.
    Kürten schrie immer noch auf sie ein und versuchte, sie wieder auf die Füße zu zerren. War sie ohnmächtig geworden? Nein. Aber in die Knie gegangen, ganz offensichtlich. Sie rappelte sich auf. Sie brauchte ein paar Sekunden, um sich zu sammeln. Ihre Lederjacke knirschte über die rötlichen Ziegel, aus deren Fugen müder Mörtel bröckelte.
    »Ich mache Licht«, sagte Kürten.
    »Es riecht so furchtbar muffig«, stöhnte sie atemlos.
    Kürten stellte die verloschene Lampe wieder auf. Er murmelte, dass Hanna kurz warten solle, und verschwand hinter der Tür. Ein Luftzug hüllte Hanna mit
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