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Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Titel: Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
Autoren: Rachel Gibson
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Kinn in die Hand und ließ die Haustür nicht aus den Augen. Während er wartete, dachte er an Louie und überlegte, welches Glück er hatte, einen Bruder zu haben, der schon in die siebte Klasse ging. Mit ihm konnte er über alles reden, und Louie lachte ihn nie aus. Louie hatte in der Schule schon den Aufklärungsfilm gesehen, und so konnte Nick ihm wichtige Fragen stellen, zum Beispiel, wann er endlich Haare an den Eiern
bekäme. Sachen, die man seine katholische Mutter nicht ohne Weiteres fragen konnte.
    Eine Waldameise krabbelte über Nicks Arm, und er wollte sie gerade zwischen den Fingern zerquetschen, als sich die Haustür öffnete und er erstarrte. Henry trat aus dem Haus, blieb auf der Veranda stehen und warf über die Schulter einen Blick zurück. Er machte mit der Hand ein Zeichen, und ein kleines Mädchen trat durch die Tür. Ein Wust blonder Locken umrahmte ihr Gesicht und fiel ihr wallend über den Rücken. Sie nahm Henrys Hand, und die beiden schlenderten über die Veranda und stiegen die Vordertreppe hinab. Sie trug ein weißes Rüschenkleid und Spitzensöckchen wie Mädchen bei der Erstkommunion. Dabei war noch nicht mal Sonntag. Henry deutete grob in Nicks Richtung, und aus Furcht, entdeckt worden zu sein, hielt Nick den Atem an.
    »Gleich da hinten«, sagte Henry zu dem kleinen Mädchen, während sie durch den Garten geradewegs auf Nicks Versteck zusteuerten. »Da steht ein schöner, großer Baum, der meiner Meinung nach ein Baumhaus vertragen könnte.«
    Das kleine Mädchen schaute zu dem hochgewachsenen Mann auf und nickte. Dabei wippten ihre goldenen Locken wie Sprungfedern. Die Haut des Mädchens war viel blasser als Nicks, und ihre großen Augen waren braun. Nick fand, dass sie aussah wie eine der kleinen Puppen, die seine Tante Narcisa in einer verschlossenen Vitrine aufbewahrte, weit weg von ungeschickten Bengeln mit schmutzigen Händen. Nick hatte die hübschen Püppchen noch nie anfassen dürfen, aber im Grunde wollte er das auch gar nicht.
    »Wie Pu der Bär?«, fragte sie.
    »Würde dir das gefallen?«
    »Ja, Henry.«
    Henry sank auf ein Knie und schaute dem Mädchen in die
Augen. »Ich bin jetzt dein Vater. Du kannst Daddy zu mir sagen.«
    Nick erstarrte, und sein Herz hämmerte so sehr, dass er keine Luft mehr bekam. Er hatte sein Leben lang auf diese Worte gewartet, doch stattdessen sagte Henry sie zu einem blöden, blassen Mädchen, das Pu den Bären mochte. Er musste ein Geräusch von sich gegeben haben, denn Henry und das Mädchen schauten geradewegs zu seinem Versteck.
    »Wer ist da?«, rief Henry streng und erhob sich.
    Langsam, mit Angst im Bauch, erhob sich Nick und stellte sich dem Mann, von dem seine Mutter stets behauptet hatte, dass er sein Vater war. Er streckte die Brust raus, stellte sich aufrecht hin und starrte wütend in Henrys hellgraue Augen. Am liebsten wäre er weggerannt, aber er rührte sich nicht.
    »Was machst du hier?«, herrschte Henry ihn an.
    Nick reckte trotzig das Kinn in die Luft und antwortete nicht.
    »Wer ist das, Henry?«, fragte das Mädchen.
    »Niemand«, antwortete er und wandte sich an Nick. »Geh nach Hause. Scher dich weg und lass dich hier nicht mehr blicken.«
    Bis zur Brust im Kreuzdorn stehend, mit zitternden Knien und Bauchschmerzen, sah Nick Allegrezza all seine Hoffnungen schwinden. Er hasste Henry Shaw. »Du bist ein Rüssel lutschender Scheißkerl«, rief er außer sich und senkte den Blick auf Goldlöckchen. Sie hasste er auch. Mit einem Blick, in dem Hass und Wut brannten, machte er auf dem Absatz kehrt und verließ sein Versteck. Er kam nie wieder. Er hatte die Schnauze voll davon, im Verborgenen zu warten. Auf Dinge zu warten, die er sowieso nie haben würde.
    Schritte rissen Nick aus den Grübeleien über seine Vergangenheit, doch er drehte sich nicht um.
    »Was denkst du?« Gail stellte sich hinter ihn und schlang ihm die Arme um die Taille, sodass nichts als der dünne Stoff ihres Kleides ihre nackten Brüste von seinem Rücken trennte.
    »Worüber?«
    »Über das neue und verschönerte Ich.«
    Jetzt wandte er sich um und schaute sie an. Sie war in Dunkelheit getaucht, und er sah sie nicht besonders gut. »Du siehst gut aus«, antwortete er.
    »Gut? Ich habe Tausende von Dollar für eine Brustvergrößerung bezahlt, und mehr fällt dir dazu nicht ein? ›Du siehst gut aus‹?«
    »Was willst du denn von mir hören? Dass es schlauer von dir gewesen wäre, dein Geld in Immobilien anzulegen statt in Salzwasser?«
    »Ich dachte,
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