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Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)

Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)

Titel: Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
Autoren: Suzanne Simmons
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wäre, die an diesem Abend so lange warten müsste.
     
    Eine Stunde später schob Sam seinen Stuhl zurück, stand auf und streckte sich. Er ging über den Parkettboden seines Büros und blieb an der Fensterfront stehen, von der aus man den Platz vor dem Gerichtsgebäude überblicken konnte. Er erlaubte sich, seine Gedanken einen Moment lang schweifen zu lassen.
    Es war warm für Anfang Mai. In diesem Frühjahr war viel Regen gefallen, zu viel Regen, wenn man die Farmer fragte, die Mühe hatten, ihre Saat auszubringen.
    Allerdings war der Rasen dank des beinahe täglichen Nieselregens von einem satten, smaragdfarbenen Grün. Der örtliche Gartenbauverein hatte im letzten Herbst hunderte von Tulpenzwiebeln gepflanzt, und nun leuchteten die vier Ecken des Platzes in den patriotischen Farben Rot, Weiß und Blau.
    Sam stützte seine Unterarme gegen den Fensterrahmen. Er atmete tief ein, zählte innerlich bis zehn und ließ die Luft langsam wieder ausströmen.
    Manchmal liebte er diese Stadt, und manchmal hasste er sie, aber Sweetheart war in seinem Blut. Es war ein Teil von ihm. Hier war er geboren und aufgewachsen. Hier hatte er den Kindergarten besucht und seine gesamte Schulzeit verbracht. Hier hatte er zum ersten Mal ein Mädchen geküsst: Mary Lou, das Mädchen mit den blonden Locken, acht Jahre alt; in der Garderobe, kurz vor den Ferien.
    Hier auch hatte er großen Ärger bekommen, weil er auf dem Schulgelände geraucht hatte. Es war übrigens das erste und das letzte Mal, dass er diesen Fehler begangen hatte. Und es war hier, wo er in der Schulauswahl Football gespielt und im Abschlussjahr sein Team zur Meisterschaft von Indiana geführt hatte. Hier war er durch seinen Englischlehrer auf Harper Lees Atticus Finch aufmerksam gemacht worden, der ihn maßgeblich dazu inspiriert hatte, Jura zu studieren. Und es war hier, wo er einige Herzen gebrochen hatte und wo auch ihm ein- oder zweimal das Herz gebrochen worden war.
    Aus Sweetheart war er weggelaufen, und nach Sweetheart war er zurückgekehrt. Und hier beabsichtigte er auch, den Rest seines Lebens zu verbringen. Hier wollte er sterben. Natürlich noch nicht so bald.
    Wie alt war Jacob Charles eigentlich gewesen, als er im letzten Winter einer Lungenentzündung erlegen war? Auf jeden Fall Mitte achtzig.
    Die Nachricht von Jacobs tödlicher Krankheit war für Sam nicht überraschend gewesen. Er hatte bereits davon gehört, dass der Mann seit dem Tod seiner Frau zwei Jahre zuvor sehr gealtert sein sollte. Er wirkte offensichtlich kränklicher und auf jeden Fall zerbrechlicher. Jacob und Emily Charles waren mehr als sechzig Jahre lang unzertrennlich gewesen. Wen wunderte es da, dass Jacob ohne sie nicht weiterleben wollte.
    Das war wahre Liebe.
    Das waren Treue und Verbundenheit.
    So sollte eine Ehe sein.
    Seine eigenen Eltern waren seit sechsunddreißig Jahren glücklich verheiratet. Er wurde genau neun Monate nach der Hochzeit geboren. Kurz darauf folgten seine beiden Zwillingsschwestern, Allie und Serena, und zwei Jahre später sein Bruder Eric.
    Sie alle waren jetzt verheiratet. Oder zumindest verheiratet gewesen. Alle außer ihm. In dem Jahr seiner Verlobung hatte er zwar über die Ehe nachgedacht, aber Nora war nicht die Einzige gewesen, die halbherzig zu ihrer Beziehung gestanden hatte. Und so hatte er ihr auch keine Vorwürfe gemacht, als sie die Verbindung löste, weil er entschlossen war, New York zu verlassen. Sweetheart war nicht abgemacht.
    Außerdem musste man in eine gute Beziehung Zeit investieren. Und die hatte er nicht. Er schien nie irgendwelche Extrazeit übrig zu haben. Und er widmete seine Zeit nie etwas anderem als seiner Arbeit. Lieber Himmel, an den meisten Tagen musste er sich schon krumm legen, um wenigstens die Zeit aufzubringen, Max Gassi zu führen.
    Sams Träumereien wurden durch das Geräusch einer zuschlagenden Autotür irgendwo unten auf der Hauptstraße unterbrochen. Er warf einen Blick aus seinem Bürofenster. Eine große, glänzend schwarze Limousine parkte längs des Bürgersteigs; sie schien den halben Häuserblock einzunehmen.
    Ein Mann in einem schlichten schwarzen Anzug und einer schlichten schwarzen Krawatte – die Krawatte war eindeutig nicht von Jerry Garcia – öffnete den hinteren Wagenschlag und wartete dienstbeflissen.
    Die junge Frau, die aus dem Wagen stieg, war ganz in Schwarz gekleidet – es war die Art von unifarbenem Outfit, die elegante Damen von New York bis Mailand favorisierten: schwarzer Hut, schwarzes
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