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Kuenstlernovellenovellen

Kuenstlernovellenovellen

Titel: Kuenstlernovellenovellen
Autoren: Heinrich Mann
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der Anlage und ihren aus persönlichen Begegnungen gewonnenen Eindrücken her knappste Formulierung verlangen und bei denen jedes Zuviel die Eindeutigkeit der Aussage, das Wesentliche der Handlung verdecken würde.
    Heinrich Mann, der mit 26 Jahren, sehr bald nach seinem ersten Roman „In einer Familie", zwei Novellenbände erscheinen ließ (1897 „Das Wunderbare", 1898 „Ein Verbrechen und andere Geschichten"), hat insgesamt etwa 60 Novellen geschrieben, die im Laufe der Jahrzehnte immer wieder von namhaften Verlagen veröffentlicht wurden. Der sehr populären Kunstform der Novelle blieb er bis etwa 1930 immer zugewandt. Nicht zufällig wird sie um diese Jahre abgelöst vom literarisch-politischen Essay und dem großen epischen Werk, dessen streitbare Gedanken unmittelbar den Gang der geschichtlichen Ereignisse unseres Jahrhunderts beeinflussen. Alle seine Novellen - die vorliegenden einbezogen - haben eine Reihe von Gemeinsamkeiten, die sie vom Werk anderer deutscher Erzähler unterscheiden. Bei Heinrich Mann trägt der Dialog zu einem großen Teil die Spannung und führt, wie in der „Branzilla", über weite Strecken die Handlung. Der Dialog offenbart den Charakter der Personen und die Stimmung der rasch wechselnden Situation. Immer ist die Sprache knapp, mitunter eigenwillig verdichtet, auf weitschweifige Beschreibung wird verzichtet. Man empfindet beim Lesen wie ein Zuschauer im Theater, man sieht Menschen, die ein dramatisches Wortduell in plastische Nähe rückt, wie in der „Szene", die, wenn man so will, das Expose zu einem Bühnenstück oder eine Novelle in drei Akten sein könnte. Heinrich Manns Novellistik ist so in der bürgerlichen Thematik der Zeit eine Weiterentwicklung der deutschen Novellentradition. In einem stenografisch sparsamen, unwahrscheinlich wirkungsvollen Erzählerstil variiert Heinrich Mann aus unterschiedlicher Sicht das Thema „Kunst und Leben". Als Dichter besaß er in hohem Maße „Fühlung für die Erscheinungen", im Kunstbetrieb ebenso wie in der persönlich-intimen Sphäre des Künstlerlebens. Schriftstellerische Arbeit bedeutete für ihn Durchdringung des Stoffes bis in seine Tiefen zum Wesentlichen hin. So ist auch der Satz zu verstehen, den er in den autobiographischen Aufzeichnungen über „Henri Quatre" rückschauend schreibt: „Ich habe gesehen und gestaltet, bevor ich den Sinn der Dinge begriff."
    Wo im politischen Essay folgerichtig die Einheit von Geist und Tat steht, sieht er als „Kenner der bürgerlichen bunten Welt des eleganten Amüsements" (Viktor Mann)* die sich dahinter verbergenden Zusammenhänge. Sie sind zunächst für ihn Widersprüche zwischen Kunst und Leben, die er auch in einigen seiner Dramen, so der „Schauspielerin" und „Variete", dargestellt hat. Später tritt dieses Thema innerhalb seines Werkes zurück, es fließt ein in die große, allgemeinere Problematik des Zeitalters.

    Die Künstlernovellen bei Heinrich Mann, durchaus kein eigenes oder gar abgegrenztes Genre, sind sehr temperamentvolle Auseinandersetzungen, immer spannend und amüsant zu lesen. Für die Novellen kann viel von dem gelten, was er über seine Auffassung vom Theater sagt: „Verlangt wird Bewegung, die Leidenschaft soll unmittelbar handeln, sie wickelt sich nicht aus den Schleiern der Erzählung. Noch der lebendigste Roman spielt in der Vergangenheit und ist bekleidet mit Worten. Ein Drama kann nie nackt genug sein."
    Das wird ganz deutlich in der „Szene", die mit großartigem Schwung den Triumph derSchauspielerin über den heiratenden Liebhaber auskostet. Wie weit Heinrich Mann dabei über individuelle Bereiche hinaus zu wesentlicher Aussage über Kunst und Leben kommt, zeigt die im gleichen Jahr wie „Professor Unrat" entstandene Novelle „Pippo Spano". Wie Professor Unrat ist auch Pippo Spano eine der typischen Zeiterscheinungen. Beide sind Stützen der spätbürgerlich-angefaulten Gesellschaft, sehr morsch und in ihrem Wert genauso zweifelhaft wie die Umgebung, die beide hervorbringt. Der dumpfe, aus den Fugen gehende Pauker, dessen geistiger Horizont vom Glorienschein Sedans und den spitzenbesetzten Höschen der Tingel-Tangel-Lola begrenzt wird, findet im kümmerlich feigen Modeliteraten Malvolto seine „künstlerische" Variante.
    Mit Sorgfalt und Einfühlungsvermögen sind die Konturen des Mario Malvolto gezeichnet, der körperliche und geistige Verfall, die Unfähigkeit, die in kläglicher Feigheit endet. Es bleibt die Erkenntnis, daß diese Geschöpfe keine
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