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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten
Autoren: Jutta Profijt
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fix gewesen, wie das bei anonymen Leichen sein muss, und hatte ein Foto von der Leiche mit offenen Augen geschickt. Gregor druckte das Bild aus, als Jenny im Türrahmen erschien.
    »Worum geht’s?«, fragte sie.
    »Hast du Frühstück mitgebracht?«
    Kommissarin Jenny Gerstenmüller, Gregors noch relativ neue, junge Kollegin, die beim heiteren Beruferaten vermutlich als Bademeisterin, Floristin oder Saftschubse, aber bestimmt nicht als Bullentussi durchgehen würde, betrat das Büro mit zwei großen Kaffeebechern und einer riesigen Papiertüte. »Croissants, Frikobrötchen, Käsebrötchen, Eibrötchen und Schokomuffins.«
    »Und was isst du?«, fragte Gregor. Das Lächeln, das er dazu probierte, rutschte ihm am linken Ohr vorbei in den Kragen. Er war wirklich in beschissener Verfassung.
    »Du warst am Fundort?«, fragte Jenny, legte ihre Einkäufe auf den Tisch und fummelte einen Muffin aus der Tüte.
    Gregor nickte.
    »Und?«
    »Ich denke, dass der Tatort ein anderer war. Identität unbekannt.Passt auf keine Vermisstenmeldung. Bisher haben wir wirklich gar nichts   …«
    Das Telefon klingelte, Jenny hob ab, hörte zu, angelte nach einem Stift, kritzelte etwas auf ein Stück Papier, gab ein Geräusch von sich, wie man es zustande bringt, wenn einem ein ganzer Schokomuffin die Sprachausgabe verstopft, und legte wieder auf. Dann griff sie mit rechts nach dem Zettel und ihrem Kaffeebecher, deutete mit dem linken Daumen über ihre Schulter und stürmte aus dem Zimmer.
    »Was denn?«, rief Gregor, während er aufsprang, die Jacke von der Stuhllehne zog, das Foto in die Tasche steckte und hinter ihr herlief.
    »Die Telefonnummer, die du angefragt hast   …«, nuschelte Jenny um die Reste ihres Muffins herum, »…   gehört einer gewissen Sibel Akiroglu. Ich hab die Adresse.«
    »Das ist alles? Ein Name und eine Adresse?«
    Jenny zuckte die Schultern.
    Auch ich musste mich fürs Erste mit dieser Auskunft begnügen, was mir schwerfiel. War nun Sibel die Lehrerin? Ich hoffte auf baldige Aufklärung.
     
    Sie fuhren über die Brücke, von der sie offensichtlich nicht wussten, dass sie im Leben der Lehrerin Akiroglu erst kürzlich eine dramatische Rolle gespielt hatte. Dann bogen sie ab, weiter ging es am Kioskplatz vorbei, über den Gregor eine Runde für Jenny drehte. Der Leichenfundort war noch mit Flatterband abgesperrt, die Umrisse des Opfers noch erkennbar. Sie stiegen nicht aus.
     
    Die Adresse war ein Haus mit acht Parteien. Es war einer dieser Waschbetonkästen, von denen in der Straße noch ungefähr hundert andere standen. Auf dem Dach standen Satellitenschüsseln, deren Kabel außen an der Fassade entlang in die Wohnungen liefen.
    »Akiroglu«, murmelte Jenny, während sie mit dem Finger an den Klingelschildern entlangfuhr. »Hier.«
    »Hier und hier auch«, warf Gregor ein. Tatsächlich stand der Name dreimal an der Tür, auf einem Schildchen stand Akif dabei, auf einem ein S.   Sie klingelten bei S.   Keine Reaktion.
    Gregor wählte Akif. Gleiches Ergebnis. Erst bei der dritten Klingel, auf der nur der Nachname stand, tat sich etwas. Der Türöffner summte.
    Die beiden gingen in den zweiten Stock.
    Der alte Mann, der die Tür öffnete, trug eine speckige Hose, ein kariertes Hemd mit abgestoßenem Kragen und eine Strickjacke darüber. Er war unrasiert und ungekämmt und blinzelte den Besuch aus rot geränderten Augen an. Er sagte keinen Ton.
    »Herr Akiroglu?«, fragte Jenny.
    Er nickte.
    »Wir suchen Sibel Akiroglu.«
    »Haben Sie sie gefunden?«, fragte er, plötzlich etwas wacher.
    »Gefunden? Wird sie denn vermisst?«, fragte Jenny irritiert.
    »Dürfen wir kurz hereinkommen?« Gregors Text.
    Herr Akiroglu nickte müde, zeigte auf Jennys Schuhe und sagte: »Ausziehen, bitte.«
    Sie zogen die Schuhe aus, stellten sie zu den ausgelatschten Herrenschuhen neben die Wohnungstür und traten ein.
    Die Wohnung war im orientalischen Räuberhöhlenstil eingerichtet. Überall Nippes und Kitsch der grässlichsten Art. Hochkant im Regal stehende Teller mit wilden Mustern in bunten Farben und Gold. Megaschmalzige Bilder von blaugrünen Seen, von Frauen in schreiend bunten Trachten, die auf dem Boden hockten und Fladenbrote ausrollten, und von den berühmten Kalkschüsseln, die in jedem zweitenDönerladen auf der ganzen Welt an der Wand hängen. Auf den Regalen standen tanzende Trachtenfigürchen, eine klitzekleine, von innen beleuchtete Plastikmoschee, Öllämpchen, Mokkakännchen und Krummsäbel aus billigem
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