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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Autoren: Bernd Rümmelein
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ist knapp bemessen. Meine Geduld noch viel mehr.«
    »Die Gewalt siegt …«, antwortete der Praister nachgebend und versuchte gleichzeitig dem strengen Blick des Bewahrers zu entgehen, »…wieder einmal. Ich beuge mich der Macht eines Lordmasters und entschuldige mich dafür, Euch nicht sofort als solchen erkannt zu haben. Aus diesem Grund werde ich dieses Mal Eure Entschuldigung annehmen und Euch entgegen den üblichen Gepflogenheiten ungestraft ziehen lassen. Aber wenn auch ich Euch eine Empfehlung mit auf den Weg geben darf: Seid Euch Eurer Sache nicht allzu sicher.«
    »Hero, eines muss ich Euch immerhin lassen«, sagte Lordmaster Kaysahan und lockerte seinen Griff, der dem Praister den Arm abgedrückt hatte und unter dem Ärmel der Robe einen schmerzenden Bluterguss in Form eines Handabdruckes hinterließ, »Ihr seid ungewohnt mutig für einen Praister, Henro, sogar für einen der oberen. Habt Dank und seid Euch dessen gewiss: Ich werde auf der Hut sein.«
    Er stieß Henro kräftig von sich und setzte seinen Weg durch die Menge der Gläubigen fort, die von der kurzen Auseinandersetzung kaum Kenntnis und noch viel weniger Anstoß daran genommen hatten. Der Praister hatte das Gleichgewicht verloren und saß, die Fäuste bedrohlich in der Luft schwingend, fluchend auf dem Boden. Kaysahan musste unweigerlich lächeln, das Repertoire an Kraftausdrücken war in seiner Vielfalt und dem Einfallsreichtum für einen gebildeten und hochstehenden Praister geradezu umwerfend, wenn auch nicht sehr schön anzuhören.
    Sollte Kaysahan wieder eine Abkürzung aus der Stadt in den Kristallpalast suchen, sein Weg würde ihn bestimmt nicht noch einmal durch die Gärten führen. Wenigstens verlief die Durchquerung der restlichen Terrassenstufen ohne weiteren Zwischenfall. Für die Schönheit und Pracht der einzelnen Gärten und deren Themen hatte Lordmaster Kaysahan allerdings kein offenes Auge übrig. Zumindest nicht heute.
    Als er endlich am Nebeneingang des Kristallpalastes angelangt war, leuchtete sein Gesicht gerötet und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Ein höchst seltener Anblick für einen Bewahrer.
    Ein Diener öffnete ihm die mit Kristallen reich verzierte Tür und rief sogleich einen weiteren Bediensteten, der mit einem Leinentuch und einem Becher Wasser herangeeilt kam, um dem Lordmaster den Schweiß abzutrocknen und ihm eine kühlende Erfrischung zu reichen. Es schickte sich nicht, dem Regenten schweißgebadet und durstig gegenüberzutreten.
    Die Palastdiener trugen ohne Ausnahme lange weiße Gewänder, die, von der linken Schulter breit um den Bauch bis knapp über die Hüfte, zusätzlich mit einer roten Schärpe versehen waren. In Brusthöhe wurden an den Schärpen einzelne Kristalle in unterschiedlicher Form, Größe und Anzahl angesteckt, die Eingeweihten den jeweiligen Rang des Bediensteten verrieten. Ihr Haar war geglättet und nach hinten gekämmt. Mithilfe eines goldenen Bandes wurde es zurückgehalten.
    Musik und Gelächter schallten durch die Flure des Kristallpalastes. Das war für Lordmaster Kaysahan nichts Ungewöhnliches. Der Regent feierte trotz seines hohen Alters gerne, viel und üppig. Die meisten Feiern arteten in regelrechte Trink- und Fressgelage aus, an denen der größte Teil des Hofstaates teilhaben durfte. Kaysahan nahm an, dass wieder einmal irgendeines der zahlreichen Schoßhündchen des Regenten Geburtstag hatte. Das war Haluk Sei Tan meist Vorwand genug, ein rauschendes Fest auf Kosten der Klan abzuhalten.
    »Verzeiht mir, mein Herr, wenn ich Euch das sage«, meinte der Diener, der Kaysahan die Tür geöffnet hatte, »… aber unser erhabener Sohn der Kojos möchte im Augenblick nicht mit ernsthaften Angelegenheiten oder schlechten Nachrichten belästigt werden. Ich bin mir nicht sicher, ob er Euch anhören wird.«
    Der Diener hatte einen höheren Rang am Hofstaat des Haluk Sei Tan inne. Lordmaster Kaysahan kannte ihn. Die Anzahl und Farben der Kristalle auf seiner Schärpe zeichneten den Mann als obersten Kammer- und Leibdiener der Regentenfamilie aus. Sein Name war Darfas.
    Haluk Sei Tan verlangte von Dienern und anderen Angehörigen des Hofstaates mit »der Erhabene«, »Sohn der Kojos«, »der Hochwohlgeborene«, »Eure Herrlichkeit«, »der Ehrwürdige« oder anderen hochtrabenden Titeln angesprochen zu werden. In den letzten Sonnenwenden seiner Regentschaft verfolgte er die Idee, direkt von den Kojos abzustammen und daher durch die Gunst der Kojos mit besonderen Fähigkeiten
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