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Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub

Titel: Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Autoren: Bernd Rümmelein
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antwortete Kaysahan und hielt in angemessenem Abstand vor dem Podest an, »ich gewähre Euch zehn Sardas und keine einzige mehr.«
    Darfas eilte an Lordmaster Kaysahan vorbei zum Podest und warf sich vor dem Regenten ergeben auf den Boden. Die für Kaysahan im Lärm der Feierlichkeiten untergehenden Worte sprudelten nur so aus Darfas heraus. Unterwürfig, dachte Kaysahan sarkastisch, ein seltsames Bild. Haluk Sei Tan blickte angewidert zunächst auf Darfas und dann auf den Bewahrer. Was für ein Anblick! Wie alt kann ein Klan werden?, fragte sich Kaysahan in Gedanken, als er den Regenten in seinen Kissen liegend eingehend und mit einer gewissen Abscheu betrachtete. Wie tief kann ein Klan sinken? Er musste sich zusammennehmen, um sich nicht sofort angewidert wieder abzuwenden. In welchem Lebensalter sollte ein Klan als Regent abdanken, um in einem Land wie diesem in Kriegszeiten zu herrschen?
    Haluk Sei Tan jedenfalls erschien ihm steinalt. Die vor Altersflecken strotzende Haut hing schlaff von den spindeldürren Beinen und Armen, die er zu allem Überfluss nicht bedeckt hatte. Wenn er die spröden, blau angelaufenen Lippen öffnete, offenbarte sich eine zahnlose Mundhöhle. Die Nasenspitze war ebenfalls blau verfärbt, was Kaysahan auf einen übermäßigen Weingenuss zurückführte. Die Augen lagen tief in den dunklen Augenhöhlen. Ein dünner weißer Haarkranz stand ungekämmt von dem ansonsten kahlen, mit schorfig aufgekratzten Pusteln übersäten Schädel ab. Die aus Nase und Ohren wachsenden buschigen Haare waren beinahe länger als das Haupthaar des Regenten. Ein krummer Rücken und durch die Gicht verbogene Finger sowie schmerzende Gelenke plagten den alten Mann schon seit Sonnenwenden. Sein Körper war mit Wein-, Speichel- und Fettflecken beschmutzt. Allem Augenschein nach hatte er kurz zuvor erbrochen. Der Regent hatte sich während des Festes ganz offensichtlich maßlos gehen lassen. Vorne wie hinten eingenässt, weil er zu schwach, zu faul und zu betrunken war, um einen nahe gelegenen Abort aufzusuchen, vervollständigte diese Gestalt Kaysahans Bild des entwürdigenden Anblicks eines Herrschers, der am Ende war. Der Gestank, den er ausströmte, stieg dem Bewahrer unangenehm in die Nase. Ein Würgen kroch seinen Hals herauf, das er glücklicherweise noch rechtzeitig hinunterschlucken konnte. Zwei Diener eilten herbei und beschäftigten sich sofort eifrig damit, den Regenten und sein Kissenlager von den stinkenden Ausscheidungen zu säubern.
    Das Schlimmste für Kaysahan war jedoch, dass Haluk Sei Tan manchmal für kurze Zeit bei Verstand war und schon im nächsten Augenblick wieder unter einer ihn vollkommen umhüllenden Demenz litt, die ihn unberechenbar und bösartig, zuweilen sogar gewalttätig werden ließ. Doch im Moment hatte der Regent trotz seiner Trunkenheit all seine Sinne bei sich. Vielleicht lag die Klarheit der Sinne an der berauschenden Wirkung des Weines.
    Der Bewahrer hörte die blechern keifende Stimme des Regenten, die durch den Lärm der Feiernden schneidend bis an sein Ohr drang.
    »Komm näher, Kaysahan«, rief der Regent, »dann kann ich dein hochnäsiges Gesicht besser sehen.«
    Der Regent hatte sich von Anfang an geweigert, Lordmaster Kaysahan mit seinem Titel anzusprechen. Für ihn war er nur einer der vielen Diener in seinem Hause, selbst wenn der Rang eines Lordmasters der Bewahrer in den Klanlanden dem eines Fürsten gleichkam.
    Kaysahan trat zum Podest vor und kniete sich, den Kopf gebeugt, mit beiden Knien gleichzeitig auf den Boden.
    »Was willst du von mir?«, eröffnete der Regent mit einer Frage. »Du lässt dir besser etwas Gutes einfallen, wenn du mich schon während meiner Feier stören musst.«
    »Eure Regentschaft müssen mir verzeihen«, antwortete Lordmaster Kaysahan, »aber ich habe Kunde von den jüngsten Ereignissen im Krieg gegen die Rachuren und aus dem Norden über die Stadt Eisbergen. Außerdem habe ich eine versiegelte Schriftrolle des hohen Vaters für Euch.«
    »Der alte Zausel geht mir auf die Nerven mit seinem ewig jammernden Gewäsch. Gib die Schriftrolle her. Ich hatte ihm klare Anweisungen erteilt und will für ihn und deinesgleichen hoffen, dass er sich daran gehalten hat«, sagte Haluk Sei Tan, während ihm erneut Speicheltropfen aus dem Mundwinkel liefen und an seinem unrasierten Kinn hängen blieben.
    Kaysahan erhob sich unaufgefordert und reichte dem Regenten den Brief des Overlords. »Wenn Ihr mir die Bemerkung erlauben wollt«, erwiderte
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