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Kryptum

Kryptum

Titel: Kryptum
Autoren: Agustín Sánchez Vidal
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dem Internationalen Kongreß für Kryptographie machen wollte. Ich fühlte mich nicht ausreichend vorbereitet, um vor den höchsten Autoritäten auf diesem Gebiet zu sprechen. Auch wenn José Pastor heute glücklich in Rente ist, so ist er nach wie vor eine herausragende Persönlichkeit in der Welt der Kryptologie. Einst war er der erste Professor in diesem Fach an einer spanischen Universität, und das nach dreißig Jahren Berufserfahrung in den USA. Nicht zuletzt deshalb möchte ich noch einmal darauf verweisen, daß die Auswüchse meiner Phantasie weder ihm noch einem der anderen genannten Wissenschaftler zugeschrieben werden dürfen.
    Da diese Nachbemerkung kein Ende nehmen würde, wenn ich weiter die Quellen meiner schöpferischen Einfälle in allen Einzelheiten beschreiben würde, möchte ich nur noch erwähnen, daß in den Text selbst oftmals Fährten eingestreut sind, aus denen man auf die Inspirationsquelle schließen kann. Diese Hinweise sind natürlich bloß angedeutet, um den Handlungsfluß nicht zu stören. Wer sie entschlüsselt und ihnen nachgeht, wird zu überraschenden Ebenen der Lektüre vordringen können, denn sie bilden eine verborgene Parallelhandlung.
    |743| Diese Schlüssel sind verschiedenartiger Natur. Um den Leser neugierig zu machen, will ich nur einen nennen:Der Name des deutschen Druckers Meltges Rinckauwer ist beinahe ein Anagramm für Miguel de Cervantes, der mich mit der Geschichte des Gefangenen im ›Don Quijote‹ und mit anderen Werken wie ›La Gran Sultana‹ (»Die große Sultanin«) oder ›Los baños de Argel‹ (»Die Bäder von Algier«) zu einigen Handlungs- und Ambientezutaten angeregt hat. Der Titel des Kapitels ›Zwieback und Peitsche‹ ist im übrigen dem Satz entliehen, mit dem Maese Pedro – bzw. Ginés de Pasamonte – im ›Don Quijote‹ von seinem Leben als Galeerensträfling spricht: »Gott und unserem König zu Diensten bin ich damals vier Jahre dort gewesen, und ich weiß schon, wie Zwieback und Peitsche schmecken.« Obgleich ich schnell noch hinzufügen will, daß ich für die Konstantinopel-Kapitel am stärksten auf das Buch ›Viaje de Turquía‹ (»Eine Türkei-Reise«) zurückgegriffen habe, das manche Andrés Laguna zuschreiben.
    An anderen Stellen bietet der Text mehrere Schlüssel, unterschlägt aber den wichtigsten. Und zwar nicht, um den Leser in die Irre zu führen, sondern um keinen Mechanismen zu verfallen, die zu wenig mehr als ärgerlichen Allegorien führen. Dies gilt beispielsweise für den Namen, den ich dem Helden des historischen Teils gegeben habe: Raimundo Randa. Für seinen Nachnamen werden im Roman alle Bedeutungen genannt außer der entscheidenden: der Tafelberg Puig de Randa auf Mallorca, auf dem der berühmte katalanische Philosoph Ramon Llull – oder Raimundus Lullus – seine seltsame Erleuchtung hatte, die ihn dazu führte, den Mauren zu predigen und in Algier seine Kombinationsscheiben zu konstruieren, die in der ›Ars Magna‹ (»Große Kunst«) beschrieben sind und auf der Idee des mechanischen Kombinierens von Begriffen mit Hilfe einer logischen Maschine gründen. In Llulls »logischer Maschine« sah man ein Vorläufermodell der Kybernetik.
    Die bedeutendsten Werke, die durch die Llullschen Lehren beeinflußt wurden, sind vermutlich der gewaltige Renaissancebau |744| des Escorial und der ›Discurso sobre la figura cúbica‹ (»Abhandlung über die Figur des Kubus«) seines Baumeisters Juan de Herrera. Wenn man nun aber Llulls ›Ars Magna‹ als einen der Ausgangspunkte für die Informatik von heute betrachtet, wird sich einem eine Lesart des Romans bieten, die einen sicher nicht unberührt läßt. Und diejenigen, die sich mehr für die Aspekte interessieren, die Ramon Llull mit der Gedächtniskunst und den Untersuchungen eines Frances A. Yates oder Paolo Rossi verbinden, werden noch einmal andere Wege einschlagen.
    Ein weiterer Llullscher Schlüssel ist in der Kombinationsmaschine verborgen, die in meinem Roman der Mathematiker, Kryptologe, Arzt und Traumforscher Girolamo Cardano erfunden und der kaiserliche Uhrmachermeister und Erfinder Juanelo Turriano gebaut hat. Dieses Holzgestell aus Würfeln, die durch feine Drähte verbunden sind, wurde jedoch nicht von ihm entworfen – obwohl das gut möglich gewesen wäre –,sondern ist dem dritten Teil von ›Gullivers Reisen‹ von Jonathan Swift entnommen, der damit Llulls »Denkmaschine« verspottet. Nebenbei sollte ich vielleicht erwähnen, daß Juanelo Turriano fast
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