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Krock & Co.

Krock & Co.

Titel: Krock & Co.
Autoren: Friedrich Glauser
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auch mit viel Gutmütigkeit behandelt und alles gelten lassen: den Transport der Leiche in den Vorkeller, das eigenmächtige Verhör, das mit Küng Johannes angestellt worden war, den Besuch beim Velohändler Graf. Der Chef der Kantonspolizei hörte sogar aufmerksam, als Studer behauptete, der Graf Ernst sei unschuldig. Und fast entschuldigend meinte darauf der Verhörrichter: Der Wachtmeister habe wahrscheinlich recht, auch ihm komme es vor, als stecke mehr hinter dem Fall, als es jetzt den Anschein habe – aber… aber… Das Rad, zu dem die Speiche passe, sei in der Werkstatt drüben gefunden worden, das Haar an der merkwürdigen Mordwaffe stamme zweifellos vom Spitz, und der Graf habe ja zugegeben, daß er auf den nun ermordeten Stieger eifersüchtig gewesen sei. Auch könne er kein Alibi beibringen… »Alibi!« hatte da Studer gesagt, ziemlich verächtlich. »Ihr mit euren Alibis! Wie soll ein einsam wohnender Mann beweisen können, daß er wirklich daheim gewesen ist!«… Und dann habe der Stallknecht des Hotels den Graf gestern abend ums Haus schleichen sehen.
    Dies ganze Gespräch ging dem Arzte durch den Sinn, als er auf des Wachtmeisters gesenkten Kopf starrte. Vom Bett her erkundigte sich der Kranke, ob es wieder etwas gegeben habe…–Nein, nein beruhigte ihn der Arzt. Sie seien nur zu einem kleinen freundschaftlichen Besuch gekommen –»nöd wohr?« (Studer nickte), und er, der Arzt, habe sich überzeugen wollen, ob das Mittel gegen den Nachtschweiß immer noch vorhanden sei.
    »Habt Ihr viel Besuche gehabt heute nachmittag?« fragte Studer, ohne den Kranken anzublicken.
    – Die Herren von der Behörde, aber die seien nur kurz dagewesen. Doch ermüdet habe ihn dieser Besuch. Dann sei gegen sechs Uhr Fräulein Loppacher gekommen, um sich zu verabschieden. Sie wolle zügeln, habe sie erzählt, hinüber in des Velohändlers Haus… Ein Mensch müsse sich doch um die armen verlassenen Tiere kümmern.
    »War sie lang bei Euch, die Loppacher?« fragte Studer.
    – Eine Viertelstunde, lautete die Antwort. Eine Viertelstunde, nicht mehr.
    »Wo ist sie gesessen?«
    Rechsteiner wies auf den Stuhl, auf dem Studer saß.
    »Hat sie sich mit Euren Medizinen beschäftigt?«
    – Das könne er nicht sagen, er habe die ganze Zeit zum Fenster hinausgeblickt, die Wolken über den Hügeln seien so schön gewesen, richtig wie geschmolzenes Silber…
    »Und niemand hat Euch sonst besucht?«
    – Das Anni sei ein- oder zweimal nach ihm schauen gekommen. Ah! Nun falle es ihm ein! Wowoll, noch ein merkwürdiger Besuch sei dagewesen, ein Mann, den er nie erwartet hätte, hier im Krankenzimmer zu sehen…
    »Der Herr Krock?« fragte Studer, aber Rechsteiner schüttelte langsam den Kopf. – Nein, nein. Der Bruder des Velohändlers sei plötzlich im Zimmer gestanden. »Ich hab nicht einmal die Tür gehen hören, denn ich hatte gerade das Fenster geöffnet, um den Abendwind hereinzulassen. Da beugte sich jemand über mich, und ich erschrak, denn ich erkannte das Gesicht zuerst gar nicht. Es ist so lange her, seit der Fritz Graf Schwarzenstein verlassen hat, ich glaub, er hat vor fünf Jahren – es war noch vor meiner Krankheit – mit dem Ernst Streit gehabt und ist nach St. Gallen. Dort hat er in einer Fabrik gearbeitet. Und plötzlich steht er bei mir im Zimmer. ›Was willst, Fritz?‹ hab ich gefragt. ›Sitz ab. Traurig‹, sag ich, ›ist's dem Ernst gegangen. Und alles wegen einem Weibsbild. Schad um ihn, schad um ihn!‹ Da lacht der Fritz, lacht nur, sagt kein Wort und geht wieder zur Türe. Dort kehrt er sich um: ›Hab nur sehen wollen‹, sagt er, ›wie's dir geht, Rechsteiner. Kannst du noch laufen?‹ Und dann macht er die Tür von außen zu, ohne meine Antwort abzuwarten.«
    »Zwei Besuche«, stellte Studer fest. »Die Loppacher und der Bruder des Verhafteten.« Wieder war der Arzt an das Nachttischli getreten und plötzlich sagte er: »Sie sollten nicht soviel Schlafmittel brauchen, Rechsteiner. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt. Das ist schädlich! Vorgestern hab ich Ihnen ein Fläschli gebracht, und jetzt ist es schon halb leer. Das ist unvernünftig!« Des Wirtes Gesicht verzog sich, es sah aus, als ob der Mann weinen wolle. Da sagte eine Stimme: »Ach, Herr Doktor, plaget meinen Mann nicht. Wenn Ihr wüßtet, wie schlecht er schläft in der Nacht – und dann ist er nicht allein schuld. Gestern hab ich selbst vom Schlaftrunk genommen, weil ich zu aufgeregt war.«
    Das Anni stand im Zimmer und Studer
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