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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft
Autoren: Unbekannter Autor
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dauerte einen Moment, bis er begriff, dass jemand seinen Namen genannt hatte. Als er verstand, versuchte er aufzublicken, konnte sich aber kaum bewegen. Sein Herz hämmerte und schlug, ein ungeöltes Getriebe, das immer wieder aus dem Rhythmus kam. Er befeuchtete seine trockenen Lippen und versuchte angestrengt zu lächeln, während er langsam seinen Kopf hob.
    Die Frau - Judy hieß sie, wie er sich plötzlich erinnerte -stand vor ihm, hielt eine Flasche Tequila und zwei Schnapsgläser. Ein Salzstreuer steckte in dem Spalt zwischen ihren Brüsten.
    Ihr hübsches, stark geschminktes Gesicht war ein einziges Fragezeichen. »Angel?«
    »Ich...« Das Wort kam mit einem pfeifenden Atemzug heraus und blieb hängen. Er versuchte weiterzusprechen, konnte aber nicht klar denken, konnte nichts sehen. Gott, er konnte nicht atmen. Es schmerzte so. »Ich fühl mich nicht gut. Hol Val.«
    Panik breitete sich schlagartig auf ihrem Gesicht aus. Sie warf einen schnellen Blick die Treppe hinauf, zu dem Gedränge der Partygäste. Irritiert hob sie ihre sorgfältig gezogenen Brauen.
    Er ließ das Geländer los und packte ihr schlankes Handgelenk. Sie gab ein leises, keuchendes Geräusch von sich und versuchte, sich zu befreien. Aber er ließ sie nicht los. Er hielt sie mit aller Kraft fest, die noch in ihm war. »Hol...«
    Es traf ihn voll. Sengender, roter Schmerz, explodierend, seine Brust zermalmend. Er konnte nichts anderes tun, als dort zu stehen, schwankend, keuchend, seine Hand auf sein Herz gepresst. Schmerzen, o Gott, Schmerzen, wie er sie seit Jahren nicht gehabt hatte.
    »Bitte...«, brachte er mühsam keuchend heraus, »lass mich ... nicht...«
    Sterben. Er wollte sagen, lass mich nicht sterben, aber er konnte das Wort nicht herausbringen, bevor die Welt schwarz wurde.
     
    Er erwachte durch das elektronische Blip-blip-blip des EKG-Monitors. Computererzeugte Geräusche, elektronisch und unmenschlich.
    Und wunderschön, Gott, so wunderschön.
    Er lebte. Er hatte es geschafft, diesen Hurensohn von Sensenmann wieder bezwungen.
    Er konnte die Medikamente in seinem Blut spüren, die verschwommene Weichheit von Demerol, das ihm das Gefühl vermittelte, als treibe er auf einem warmen, tröstenden Meer. Er wusste, dass die Wirkung der Medikamente bald nachlassen würde, wusste, dass der Schmerz wiederkommen würde, seine Brust zuschnürend, seine Lunge und sein Herz durchstechend, aber das war ihm in diesem Augenblick egal. Er lebte.
    Die Tür wurde mit einem unangenehmen Knarren aufgestoßen. Gummibesohlte Schuhe quietschten über den Boden -der zweifellos mit weißem Linoleum belegt war - und blieben neben dem Bett stehen.
    »Schön, Mr DeMarco, Sie sind wach.«
    Es war eine tiefe, maskuline Stimme. Sehr sachlich.
    Arzt. Kardiologe.
    Angel öffnete langsam seine Augen. Ein großer dürrer Mann mit einem tief zerfurchten Gesicht und harten schwarzen Augen starrte auf ihn herab. Ungebändigtes graues Haar sträubte sich in einem Dutzend verschiedener Richtungen um sein Gesicht. Einstein auf Slimfastkur.
    »Ich bin Dr. Gerlaine. Chef der Kardiologie im Valley Hospital hier in LaGrangeville.« Er bückte sich, zog einen Stuhl heran und setzte sich, während er Angels Patientenakte aufschlug.
    Jetzt kommt es, dachte Angel. Der übliche Sermon.
    Gerlaine klappte die Mappe zu - so verdammt symbolisch, dieses leise Schließen. »Sie sind ein sehr kranker junger Mann, Mr DeMarco.«
    Angel grinste. Er lebte noch, atmete noch, und er hatte dieses Arztgesülze seit Jahren gehört. Sie spielen mit geborgter Zeit, Mr DeMarco. Sie müssen Ihren Lebenswandel ändern -Ihren Lebenswandel ändern - Ihren Lebenswandel ändern. Diese Gespräche waren in seinem Gehirn wie auf Tonband festgehalten, liefen ab, wurden zurückgespult, begannen Millionen Mal im Dunkel der Nacht aufs Neue, aber er wollte seinen Lebenswandel nicht ändern, wollte sich nicht gesund ernähren, Sport treiben oder sich an die Vorschriften halten.
    Er war vierunddreißig Jahre alt und vor Jahren hatte er den Weg über eine dunkle Straße der Rebellion um der Rebellion willen angetreten. Er wusste, dass es eine nutzlose, bedeutungslose Existenz war - und das war es, was ihm daran gefiel. Niemand verließ sich auf ihn oder brauchte ihn. Er flitzte wie ein Akrobat von einer Party zur nächsten, feierte durch, schluckte Schnaps, hatte Sex und zog weiter.
    »Ja, ja, ja«, antwortete er. »Ganz im Ernst.«
    Dr. Gerlaine runzelte die Stirn. »Ich habe mit Ihrem Arzt in Nevada
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