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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume
Autoren: Barbara Wood
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Fuß vor den anderen zu setzen und zu beten, dass die letzten Ochsen noch durchhalten würden. Sie betraten das Land der Paiute-Indianer, wo Überfälle zum Alltag gehörten. Nachts wurden Rinder gestohlen, im hellen Tageslicht Pferde entwendet.
    Und mit der schwindenden Zahl der Ochsen mussten weitere Planwagen aufgegeben werden. Die Mehrzahl der Auswanderer, die ihr ganzes Hab und Gut aufgegeben hatten, musste nun zu Fuß gehen, die Kinder ritten zu zweit auf einem Pferd, und der verbliebene Proviant wurde auf die restlichen Wagen verteilt.
    Charlie Benbow verlor noch ein paar Hühner, ihm blieb nur noch sein Grundstock, den er Tag und Nacht bewachte. Die Hopkins-Tochter, die am South-Pass verheiratet worden war, suchte Emmeline wegen unerklärlicher Schmerzen auf. Da das Mädchen im vierten Monat schwanger war, verabreichte Emmeline ihr ein Beruhigungsmittel und behielt ihre Sorgen für sich. Sean Flaherty besaß zwar noch seine Hündin Daisy, aber sein Vorrat an Kartoffeln, mit denen er in Oregon einen Neuanfang hatte machen wollen, war geschwunden. Osgood Aahrens hatte all sein Barbierwerkzeug im Schlamm verloren. Als der Treck sich schließlich am Truckee-River entlangquälte, waren Menschen und Vieh ausgemergelt und die Vorräte erschreckend knapp, und als sie endlich die Sierra erblickten, lagen ihre Gipfel unter dunklen, Unheil verkündenden Wolken.
    In der dritten Oktoberwoche stolperte die erschöpfte Kolonne in ein breites Gebirgstal, wo bereits die ersten Schneeflocken um die Kiefern tanzten. Hier machten sie Rast und lagerten, so gut sie konnten. Am nächsten Tag erwachten sie bei leichtem Schneefall, der ihnen bedeutete, dass sie sich mit der Überquerung der Sierra sputen mussten, bevor weitere Schneefälle jedes Vorankommen unmöglich machten.
    Fünf Tage später erreichten sie den Truckee-See, dahinter stieg der Trail zu seinem höchsten und schwierigsten Punkt am Truckee-Pass an – der letzten großen Barriere zwischen den Auswanderern und dem Sacramento-Tal in Kalifornien. Bei ihrem Versuch, den Pass zu bewältigen, wateten sie bald durch hohe Schneewehen und kamen nicht mehr voran. Sie kehrten zum See zurück, wo es genug Holz und die Aussicht auf Wild gab. Hier bauten sie provisorische Unterkünfte aus Zelten, Quilts, Büffelhäuten und Zweigen.
    Einhundertfünfzig Menschen verkrochen sich im Schutz ihrer Notunterkünfte und hofften inbrünstig auf eine baldige Schneeschmelze, damit sie den Pass überqueren konnten. In der Zeit des Hoffens und Bangens machten sie eine Bestandsaufnahme ihrer gesamten Habe: Sie besaßen noch ein paar Wagen mit Rindern und Pferden und Vorräte an Bohnen und Mehl, Kaffee und Zucker. Man beschloss, alles, auch Sean Flahertys Kartoffeln und Benbows Hühner, zusammenzulegen und gerecht aufzuteilen.
    Als Albertina Hopkins in dieser Nacht darauf bestehen wollte, dass die ledigen Mädchen, und dabei schaute sie Emmeline Fitzsimmons besonders scharf an, in einer getrennten Unterkunft schlafen sollten, zischte ihr Ehemann nur: »Halt den Mund, Frau«, und sie gehorchte.
    Matthew fand keinen Schlaf. Ein eisiger Wind fuhr durch die Ritzen und Löcher des Zeltes und ließ ihn unter seinen Decken frösteln. Aber noch etwas anderes hielt ihn wach: ein bohrendes, ungutes Gefühl, das ihn schon seit der Abreise von Fort Bridger quälte, dass nämlich etwas grundsätzlich nicht stimmte.
    Er stieg über schlafende Körper, rüttelte Arnos Tice wach und forderte ihn in harschem Flüsterton auf, ihm nach draußen zu folgen, wo ein heller Mond die Schneelandschaft beschien. Mit ungewohnter Schärfe stellte Matthew den Mann zur Rede, dass dies keineswegs die versprochene einfachere Strecke sei, und bestand darauf, einen Blick auf die Karte zu werfen.
    In der Annahme, dass Matthew im Mondlicht nicht genug würde sehen können, zog der Kolonnenführer murrend die Karte hervor.
    Aber Matthew bemerkte vor allem etwas, das er in Fort Bridger übersehen hatte: dass diese Karte stümperhaft und nicht maßstabsgerecht gezeichnet war.
    »Wo haben Sie die her, Arnos?«, fragte er misstrauisch. Tice wich seinem Blick aus. »Hab sie in Fort Bridger bekommen.«
    »Wo der alte Trapper jeden vor dieser angeblichen Abkürzung gewarnt hat? Und Sie haben dieser Karte geglaubt? Das ist eine Fälschung, Arnos! Das sieht doch jedes Kind! «
    In Tices müden Augen glimmte ein letzter Funken Trotz.
    »Schätze mal, das ändert jetzt auch nichts mehr.« Er fuhr mit der Hand in seine Hirschlederjacke und zog
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