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Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt

Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt

Titel: Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Bogen Richtung Mülleimer, den sie verfehlte. Stattdessen landete sie zwischen den Gurkenscheibchen, wo sie wie eine zusammengeschrumpelte Dattel liegen blieb.
    »Trennkost!«, sagte er, und ich erstickte schier bei der Knoblauchfahne, die sich aus dem geöffneten Mund in meine Richtung wälzte.
    »Ich trenne Wurst und Haut!«
    »Sind Sie schon befragt worden?«, fragte ich und gab meiner Stimme den Klang von Autorität und Polizeigewalt.
    »Nein«, sagte der Trennköstler und griff ein letztes Mal in den Wurstkessel, der danach leer war. Ein Drittel der Roten verschwand ungehäutet in seinem Innern. Ich zog mein Kärtchen, er las, und seine Kaubewegungen hörten abrupt auf.
    »Polizei?«
    Ich nickte und ließ ihm Zeit, das vorletzte Wurststück zu schlucken.
    »Und was wollen Sie von mir?«, fragte er schmatzend.
    »Wo waren Sie …?«
    Scheiß Routinefragen! Zuviel Tatort geguckt! Natürlich hatte er auf der Bühne gesessen, das hatte ich doch selbst gesehen. Also noch mal von vorn!
    »Wie heißen Sie?«
    »Bltle«, mampfte er.
    »Hä?«
    »Blättle«, antwortete er nun deutlicher. »Heini Blättle.«
    »Sie sind Klarinettist?«
    »Es-Klarinette!«
    Ich sah das letzte Wurstdrittel sein irdisches Dasein beenden. Mit Haut. Ess-Klarinette. Das passt, dachte ich und wusste nun, woher dieses hohe Instrument seinen Namen hat: Der Wal bläst Ess-Klarinette!
    Mahlzeit!
    Die Klarinette, die ich über der Bühne gefunden hatte fiel mir ein und ich fragte:
    »Vermissen Sie ein Instrument?«
    »Nö«, sagte er, »nicht dass ich wüsste.«
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung, weshalb Langfried Schieber …?«
    »Nein!«, kam es in schroffem Sforzato 5 . »Ich saß direkt vor ihm und habe nichts gehört und nichts gesehen.«
    Also kein verwertbarer Zeuge.
    »Aber es muss Ihnen doch aufgefallen sein, dass er hinter Ihnen plötzlich auf seinen Ständer gefallen ist?«
    »Ich hatte Forte 6 . Eine schwere Stelle. Da hatte ich keine Zeit, mich auf Langfrieds Ständer zu konzentrieren.«
    Themenwechsel.
    »Dieser Langfried Schieber – kannten Sie ihn schon lang?«
    »Wir kommen aus demselben Ort. Unsere Eltern waren Nachbarn.«
    »Das heißt, Sie waren Jugendfreunde?«
    »Könnte man so sagen. Wir waren zusammen in der Musikschule beim Flöten, danach in der Jugendkapelle. Später haben wir uns aus den Augen verloren. Seit zwei Jahren sind wir zusammen bei Plasma.«
    »Wie würden Sie ihn beschreiben?«
    Blättle zögerte. Er schien zu überlegen, nach den richtigen Worten zu suchen.
    »Man soll nicht schlecht über Tote reden«, sagte er schließlich, »aber er war nun mal Posaunist.«
    »War er gut?«
    »Ein guter Posaunist? Sagen wir mal so: Wenn er zweimal denselben Ton zog, klang es wie Chromatik 7 . Wegen seines Nachschlags nannten wir ihn ICE.«
    »ICE?«
    »Er kam immer zu spät.«
    »Das heißt, im Orchester hatte man keine allzu gute Meinung von ihm?«
    »So könnte man es schmeichelnd umschreiben.«
    »Hatte er Feinde?«
    »Sagen wir es anders herum: Er hatte keine Freunde! Bis auf …«
    Er brach ab. Ich ließ ihm Zeit. Es brachte nichts, ihn zu drängen.
    »Constanze«, es klang fast wie ein Flüstern.
    »Die Sängerin?«, hakte ich nach. Blättle nickte, und ich fragte: »Die beiden waren ein Paar?«
    »Das kann man so nicht sagen. Es wurde viel getuschelt. Langfried ist – äääh – war verheiratet. Aber nicht mit Constanze, falls Sie wissen, was ich meine.«
    Ich nickte dankbar. Constanze würde mir beim ersten Akt auf Zimmer 106 diese Frage beantworten müssen. Bevor ich nachhaken konnte, wurde die Tür zum Cateringraum geöffnet und der Hauptkommissar trat ein.
    Er würdigte mich keines Blickes und ging direkt auf Heini Blättle zu.
    »Ah, da haben wir noch den letften Mohikaner«, scherzte er und klopfte dem verdutzten Klarinettisten auf die breite Schulter. »Alle anderen haben ihre Auffagen ffon gemacht. Nun alfo tfu Ihnen: Wie heiffen Fie, waf blafen Fie und wie ftanden Fie tfu dem Toten?«
    »Aber das habe ich doch alles schon Ihrem Kollegen erzählt!«, protestierte Blättle und deutete auf mich.
    Ich schrumpfte unter dem strafenden Blick des Kriminalhauptkommissars auf Laubfroschgröße und schlüpfte aus dem Raum, bevor er einen erneuten Verweis aussprechen konnte. Als ich die Tür hinter mir schloss, sah ich gerade noch, wie der leitende Ermittler nach den glänzenden Gurkenscheibchen schielte, gezielt nach der geschrumpelten Dattel griff und sie sich genüsslich in den Mund schob.
    5 Musikalische
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