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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
Autoren: Karlheinz Deschner
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Kirchen und Klöster »nur wenige Menschen, ausgewählt vom Klerus« (Mollat), in der Karolingerzeit anscheinend gewöhnlich 12. Und sie mußten für diesen Vorzug alle möglichen Gegenleistungen erbringen.
    In Notzeiten aßen die Armen Brot aus Traubenkernen, Farnwurzeln und Gras. Nicht wenige karolingische Annalenwerke halten zumindest die Hungerkatastrophen fest. 784 »wurde in Gallien und Germanien ein Drittel der Bevölkerung dahingerafft ...« »Manche holten die Verhungernden ins Haus, töteten sie und legten sie in Salz ein«, »Menschen aßen Menschen, Brüder ihre Brüder, Mütter ihr Kinder«. Was konnte man dagegen tun? Pierre Riché schreibt: »Man konnte nur vermehrt beten, um das Ende der schlimmen Zeit herbeizuführen.«
    Denen aber, die das hungernde und mitunter verhungernde Volk das Beten lehrten, ging es gut, vielen immer besser. Denn wie sie von der Abschlachtung der Sachsen profitierten, so auch vom Awarenkrieg. Er machte sich, zumal für die österreichische Kirche, hochbezahlt: durch ein Jahrtausend, bis zur Säkularisation von 1803, war sie so immens begütert. 38

Wieder einmal: Kriegsgewinnler Kirche

    Wie Karls Sachsenkriege Sachsen der christlichen Mission erschlossen, so seine, meint Ranke, fast geistlichen Awarenkriege den Raum bis zur Raab, die neue »Pannonische Mark« (Westungarn), ein weites Gebiet, anscheinend mehr slawisch als awarisch. Freilich hatten da schon andere gepredigt, hatten schon die durch Tassilo III. gegründeten Klöster, Innichen etwa oder Kremsmünster, eine systematische Slawenbekehrung betrieben, wozu noch die entsprechende Arbeit der Bistümer trat. Soll doch überhaupt im awarischen Pannonien durch den – von Rom und Bonifatius befehdeten – Salzburger irischen Mönchsbischof Virgil (S. 321 f.) die slawische Bevölkerung bereits christlich gewesen sein.
    Wer im übrigen diese »Südostkolonisation«, diese »Eindeutschung« des östlichen Alpengebiets und darüber hinaus mehr vorantrug, die Klöster, die Bischofskirchen oder einige (sonstige) hohe Adlige, ist schwer zu sagen, wohl auch von Fall zu Fall verschieden. Kein Zweifel aber: überall wirkten Krieger und Missionar, weltliche und geistliche Herrschaft, Germanisierung und Christianisierung zusammen. Denn die Kirche, die große Ländereien bekam, hatte die geraubten Gebiete zu christianisieren und die unterworfene Bevölkerung an das Frankenreich zu binden.
    Noch vor dem Waffengang 796 hatte Pippin in seinem Feldlager am Donaustrand mit den Bischöfen Arn von Salzburg, Paulinus von Aquileja und anderen Prälaten die Christianisierung der Awaren besprochen, wohl auch schon die Aufteilung des eroberten Landes in Missionssprengel ventiliert. Die Erzbischöfe und Bischöfe der angrenzenden Gebiete begleiteten ja auch die Invasoren: Arn von Salzburg, ein Günstling Karls (und seit 798 Erzbischof: eine Folge der Awarenkriege), zog mit den bayrischen, der Patriarch Paulinus von Aquileja mit den italienischen Truppen. (Sein Nachfolger, Patriarch Ursus, stritt bald mit Erzbischof Arn, da ihre Missionare, vermutlich in der Gegend von Villach, aufeinanderstießen und keiner von ihnen genug bekommen konnte!)
    Aquileja hatte nach dem Krieg ausgedehnte Ländereien erhalten, auch die großen bayrischen Bistümer Salzburg, Freising, Regensburg, Passau überall reichen Besitz eingestrichen. Und im 9. Jahrhundert griffen sie stets weiter aus: Regensburg im Burgenland und in der südlichen Slowakei; Freising in Kärnten, den Dolomiten; Passau bis zum Wienerwald und zur Raab; Salzburg weit nach Pannonien, bis gegen den Plattensee und die Mündung der Drau. Lauter Früchte des siegreichen Raubzugs. Diese »Bauern« der Klöster siedelten bis zum Plattensee und Fünfkirchen. Mit Vorliebe ließen sich die Deutschen an der Donau nieder, während die Slawen an die kleinen Flüsse auswichen. Sclavi wurde nun gleichbedeutend mit servi, Leibeigenen. Versklavung und Verbreitung der Frohen Botschaft hingen untrennbar zusammen, Staat und Kirche arbeiteten auch hier Hand in Hand. Wie dem Eroberer der Missionar folgte, so beiden die Verknechtung. 39
    Die durch Karl derart erbeutete und dann christianisierte Pannonische Mark ging 895 bei der madjarischen Landnahme wieder verloren, das Christentum wurde zum Teil vernichtet. Doch hielten die bayrischen Bistümer und Klöster auch jetzt »ihren Besitz im Lande fest, so gut oder schlecht es gehen wollte« (Dannenbauer). Und nach der Vertreibung der Ungarn knüpften sie hier wieder an:
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