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Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel
Autoren: Gavin Smith
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Regierungschefs der Erde waren einfach nur froh, ein Problem aus der Welt geschafft zu haben. Es war eine seltsame Vorstellung, dass eine einsame Frau eine Flotte von Monstren anführte, die ihre Menschlichkeit verkauft hatten.
    Mehr als drei Viertel der Besessenen, die den Massenexorzismus überlebt hatten, begingen anschließend Selbstmord. Das restliche Viertel landete größtenteils in Nervenheilanstalten. Schließlich war die Übernahme durch Demiurg so etwas wie eine virale Psychose. Ich fragte mich, ob Jakob nach seinem Kontakt mit Rollestons Wahnsinn wieder normal geworden wäre. Ich glaube, er hätte überlebt, aber er hätte den Rest seines Lebens darunter gelitten.
    Immerhin hatten die meisten der entscheidenden Personen nach dem Exorzismus kapituliert oder ihr Kommando abgegeben. Erst später erfuhren wir, dass es an Bord vieler Schiffe, die von Rolleston befehligt wurden, eine beachtliche fünfte Kolonne gegeben hatte, und während der Raumschlacht war es zu mehreren Meutereien gekommen. Die meisten wurden durch automatische Systeme, die von Demiurg kontrolliert wurden, niedergeschlagen. In gewisser Weise waren sie von allen Leuten, die Widerstand geleistet hatten, die tapfersten gewesen. Sie hatten praktisch keine Chance gehabt und es trotzdem getan.
    Lalande 2 hatte die Unabhängigkeit erklärt. Im neuen Verwaltungsrat gab es ein paar vertraute Gesichter. Die Konzerne hatten mächtig Rabatz gemacht. Jetzt würden sie die Arbeiter anständig behandeln und bezahlen müssen. Was ihren Profit beträchtlich schmälerte. So ein Pech. Niemand auf der Erde hatte Lust auf einen neuen Krieg. Außerdem wäre es viel kostengünstiger für die Erde, wenn sich die Kolonien um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerten. Das Sol-System würde weiterhin ihr größter Handelspartner bleiben. Wir brauchten ständig Nachschub an Rohstoffen. Man rechnete damit, dass die anderen Kolonien demnächst nachziehen würden.
    Sharcroft war tot. Er weilte gern in Senso-Simulationen, in Machtfantasien, in denen er gesund, jung, kräftig und mächtig war. Wo er Menschen wehtun konnte. Das hatte der Heide herausgefunden, als wir in der Limbus-Anlage gearbeitet hatten. Trotz seiner Schwächen und seiner Eifersucht war der Heide wirklich einer der bedeutendsten Hacker seiner Generation gewesen, und schließlich war er über sich selbst hinausgewachsen, um uns alle zu retten. Wieder einmal. Er hatte ein schwarzes Meuchelmord-Programm entwickelt. Nachdem Gott nicht mehr existierte, hatte Sharcroft damit begonnen, ein neues Imperium aufzubauen. Rannu hatte sich in den Limbus geschlichen und das schwarze Programm in eine der Machtfantasien Sharcrofts eingeschmuggelt. Eins seiner virtuellen Opfer hatte ihn getötet. Er hatte sowieso schon viel zu lange gelebt.
    Es hieß »Adlernest« und war mit imperialer Herrlichkeit eingerichtet, doch dieses Imperium hätte sich niemals zur Herrlichkeit erheben können, weil es mit völlig idiotischen Ideen verseucht war. Es war eine weitere Machtfantasie: unwirkliche attraktive Frauen, die irgendeinen Möchtegern verhätschelten. Es war sehr unwahrscheinlich, dass Frauen, die so aussahen, jemals existiert hatten, und falls doch, hätten sie sich niemals so verhalten oder sich auch nur ansatzweise für ein widerliches Arschloch wie Messer interessiert.
    Er reagierte überrascht, als die Frauen verschwanden und stattdessen überall Blumen wuchsen. Er blieb nackt und allein zurück. Eigentlich sollte eine Zuflucht nur schwer aufzufinden sein, und es war so gut wie möglich, unbefugt einzudringen. Er sah mich ängstlich an, weil er nicht verstand, was geschah. Wie konnte dieser kleine Wichser Jakob getötet haben? Ich zwang mich dazu, meine Wut zu beherrschen.
    »Hallo, Messer«, sagte ich, als ich in Gestalt des Blumenmädchens durch die Wand trat.
    »Du …«, sagte er. Mein Gesicht war dasselbe, aber es war trotzdem eine reife Leistung von ihm, mich wiederzuerkennen. Als er mich das letzte Mal gesehen hatte, war ich nach faschistischer Manier in Wildleder gekleidet gewesen. Ich lief über einen Teppich aus sprießenden Blumen auf ihn zu.
    »Gut gemacht«, sagte ich und lächelte strahlend.
    Ich setzte mich neben ihn auf die altmodische Couch. Er zuckte vor mir zurück, wobei er sich fast in Embryonalhaltung zusammenrollte. Er schien sich für seine Nacktheit zu schämen, nachdem er jetzt die Kontrolle verloren hatte. Und eine Verletzung seines Allerheiligsten war eine sehr wirksame Machtdemonstration.
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