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Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel
Autoren: Gavin Smith
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habe dich einfach nur nicht gemocht, weil du so verdammt langweilig bist.« Er drückte seine Zigarette aus. Dann kroch er auf Merle zu, der am Boden lag und sich mit verzerrtem Gesicht bemühte, seine Schmerzen zu ertragen. Mudge beachtete die Schwarze Schwadron nicht weiter. Was konnten sie ihm jetzt noch Schlimmes antun?
    Ich sah die Wut in Rollestons Miene. Er verstand wirklich nicht, warum so unbedeutende Geschöpfe wie wir – wahrer Abschaum, einfache Soldaten, Kleinkriminelle, Journalisten und Ex-Huren – sich nicht vor Seiner Göttlichen Majestät verbeugten. Er glaubte wirklich an dieses Gottesding. Trotzdem hatte er uns in der Hand. Wir konnten nur noch den Tod oder Schlimmeres erwarten. Wir würden als Spielzeug für seine perversen Fantasien enden, aber ich konnte dennoch nicht das Gefühl abschütteln, dass wir gewonnen hatten – oder dass er uns gar nichts anhaben konnte. Andererseits vermutete ich, dass mich das während meiner Folter kaum trösten würde. Es konnte mich nur in den Wahnsinn, die Empfindungslosigkeit oder das Koma treiben. Also hatte ich etwas, worauf ich mich freuen konnte.
    »Wenn du hier die Oberschurken-Nummer durchziehen willst, bleibt mir vielleicht noch die Zeit, etwas zu trinken, oder?«, fragte Mudge.
    »Wir haben verstanden, dass du sehr schlimme Dinge mit uns machen willst«, sagte ich. »Andererseits hat es uns ziemlich ermüdet, all die kranke Scheiße in deinem Kopf mitzubekommen, die du jetzt über die reale Welt ausgeschüttet hast. Wir haben uns wirklich nichts mehr zu sagen, du und wir.«
    Er nickte, als hätte er verstanden. Dann wurden seine Finger zu Klauen, die er mir in die Brusthöhle rammte. Ich blutete. Es tat wirklich verdammt weh, aber ich schrie nicht.
    Rannu zuckte zusammen. Mudge stieß tatsächlich einen überraschten Schrei aus. Morag schrie ebenfalls und riss die Hand zum Mund hoch. Merle hingegen hatte seine eigenen Sorgen.
    Ich konnte seine Finger in mir spüren. Das war kein Problem. Innere Organe haben keine schmerzempfindlichen Nerven. Ich spuckte immer mehr Blut. Meine Hassliebe zu den Warnsymbolen der medizinischen Diagnoseprogramme in meinem IVD wurde zu einer dauerhaften Beziehung, als sie mir sagten, dass ich in Kürze tot sein würde.
    »Major«, sagte Josephine und legte eine Hand auf Rollestons Arm.
    Dann starrte sie mich an.
    Etwas juckte in meinem Hinterkopf, ein Instinkt, der mich drängte, mich auf das Netz zu konzentrieren. Der Moment war eigentlich unpassend, aber ich tat es trotzdem. Silbernes Feuer strömte aus Waffen, Gliedmaßen, Mündern und anderen Dingen zu der Netzdarstellung von Rollestons Flotte hinüber. Das Feuer, das die Hackerarmee von den Netzgöttern erhalten hatte, suchte nach den Besessenen. Es war dasselbe Gottesprogramm, das Rannu befreit hatte. Viele der Besessenen würden sterben. Ihre körperliche Verfassung war nicht allzu gut, und sie hatten nicht die Willenskraft von Rannu. Ich sah Rolleston an und lächelte. Er wurde immer wütender. Er würde den Massenexorzismus als großen Schmerz spüren – hoffte ich zumindest.
    Seine Reaktion auf das Geschehen ergoss sich auf sein plastisches Fleisch. Seine Züge verzerrten sich, zerflossen und veränderten sich. Ich vermutete, dass er die Kontrolle darüber verloren hatte. Als ich beobachtete, wie sein Gesicht teils dämonisch, teils insektenhaft wurde, verstand ich. Es war nicht nur auf uns gerichteter Hass, sondern Furcht und Selbstverachtung, die sich imaginär und real manifestierten. Er hatte sich selbst nie als menschlich betrachtet, und dafür hasste er sich. Wenn seine Finger nicht in meiner Brust gesteckt hätten, hätte ich Mitleid mit ihm gehabt.
    Ich sah, wie der Heide unter einem Meer aus Feuer über die Ebene aus schwarzem Glas auf die vier schwarzen Sonnen zuging. Blitze umspielten ihn, während sein Stab auf das Glas stieß.
    Ich drehte mich zu Morag um. Sie beobachtete entsetzt, was mit mir geschah. Ich wollte ihr sagen, dass es in Ordnung war. Vielleicht tat ich es sogar. Ich wandte mich wieder Rolleston zu und lachte ihn aus.
    »Vater?«, sagte Josephine nun mit einer gewissen Eindringlichkeit, während sie weiterhin seinen Arm hielt.
    »Schau dir an, was du dir selbst angetan hast«, sagte ich zu ihm und schloss dann die Augen. Ich wollte nicht, dass sein Gesicht das Letzte war, das ich sah. Ich dachte an Morag. Rolleston schloss die Finger zur Faust …

26. Kapitel
    MORAG
    Ich beobachtete den Tod meines Geliebten. Nein. Ich beobachtete Jakobs
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