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Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens
Autoren: Patricia Cornwell
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unheimliche Erdhügel. Sie hatte Angst vor dem Tod, Angst vor ihren Gefühlen ihrem verstorbenen Mann Seth gegenüber. Sie hatte Angst davor, allein zu sein. Sie hatte Angst, zu versagen. Sie hatte Angst vor der Angst. Ihre vielfältigen Ängste kosteten sie Energie, und ehrlich gesagt hatte sie jetzt die Nase gestrichen voll davon.
    »Das ist doch lächerlich«, sagte sie zu West und Brazil. »Ich werde weder den Dienst quittieren, noch mich zurückziehen oder sonstwas tun.«
    »Wenn Sie aufhören, werde ich hier jedenfalls auch nicht länger hier bleiben«, sagte West.
    »Ich bin dann auch weg«, sagte Brazil zu seiner Chefin. Sie näherten sich dem Davis Circle.
    »Sind sie noch hinter uns?« Hammer schaute in den Rückspiegel.
    »Sie sollten auf keinen Fall das Handtuch schmeißen, Chief Hammer«, bekräftigte Brazil. »Gerade jetzt. Ich finde, je mehr die Leute auf Ihnen rumhacken, je mehr sollten Sie sie mit Ihrer Anwesenheit provozieren.«
    »Das ist sehr wahr«, sagte Hammer. »Gefällt mir, der Gedanke.«
    Nicht jeder war damit einverstanden gewesen, dass Hammer Smoke gepackt, ihm die Pistole an den Kopf gehalten und Obszönitäten geschrien hatte. Der Bürgermeister hatte sämtlichen Fernsehsendern noch rechtzeitig für die Sechs-UhrNachrichten mitgeteilt, dass der ganze Zwischenfall schon mal gar nicht hätte passieren dürfen, und dann hatte er Hammers Heldentat als einen eigennützigen Publicity-Stunt bezeichnet. Lelia Erhart hatte dem Sender Q94 erzählt, Hammer sei »ein gestiefelter Katze, der nicht gibt Pups auf Vorbeugung«. Der Stadtdirektor hatte den Innenausschuss aufgefordert, den Fall gründlich zu untersuchen.
    »Lassen Sie sich von diesem Tag nicht entmutigen.« Brazil schien zu wissen, was sie dachte. »Vergessen Sie nicht, Gouverneur Feuer war sehr beeindruckt. Er rief an, um Ihnen zu gratulieren. Er zählt doch schließlich mehr als die anderen.«
    »Müssen wir nicht irgendwo abbiegen?« Hammer konnte überhaupt nichts mehr sehen.
    Brazil entdeckte Jefferson Davis als Erster.
    »Ich schmelze! Ich schmelze!«, äffte Brazil die böse Hexe im »Zauberer von Oz« nach.
    »Ich glaube, ich spinne«, sagte West, als die Statue im Licht der aufgeblendeten Scheinwerfer stand.
    »Volltreffer«, rief Brazil. »Verdammt, ich wünschte, Weed könnte das sehen.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Hammer nachdenklich. »Vielleicht wäre er enttäuscht.«
    »Ja«, stimmte Brazil traurig zu, als er nochmal darüber nachdachte, »vermutlich haben Sie Recht. Twister ist wieder ein Häuschen weiter gezogen.«
    Jefferson Davis war dabei, seine jüngst erworbenen Rassenmerkmale und die Position im Basketballteam der Universität von Richmond zu verlieren. Sein Gesicht war schwarz gestreift, sein rotweißes Dress schwamm in Pfützen um sein nicht mehr vorhandenes Nike-Basketballschuhwerk und den noch leicht orangefarbenen Marmorsockel, auf dem er stand. Der Basketball, den er in der Hand gehalten hatte, war wieder zu einem Hut geworden.
    Autotüren öffneten und schlossen sich, die Lichtkegel der Scheinwerfer zerstreuten sich im Regen, Füße schlurften und spritzten über nasse Steinplatten. Richterin Davis war gebürtige New Yorkerin. Sie ging auf die Statue zu und betrachtete sie genau. Sie bückte sich nieder und zog aus dem morastigen Boden eine kleine Südstaatenflagge. Sie schwenkte sie an ihrem Stöckchen, als ob sie sehen wollte, wie das funktionierte und was der ganze Blödsinn eigentlich sollte. »Es ist wohl offensichtlich, dass es sich hierbei nicht mehr um Vandalismus handelt«, sagte Hammer. »Noch je gehandelt hat. Wir glaubten nur, es wäre Vandalismus.« Sue Cheddar stand unter einem hellen pinkfarbenen Regenschirm. Lediglich ihre langen schillernden Fingernägel waren sichtbar, als sie sagte: »Sehen Sie nur.«
    Ihre roten Klauen blitzten dem Staatsanwalt Michael entgegen. Er war bereits durchnässt und sah in seinem schlecht sitzenden grauen Anzug und der dünnen dunklen Krawatte aus wie ein besiegter konföderierter Soldat. Das Haar klebte ihm am Kopf, Regen rann über sein müdes Gesicht, während er zusah, wie der Präsident der Konföderierten zum zweiten Mal seinen Glanz einbüßte.
    »Tatsache ist, dass Weed vorsätzlich Schaden anrichten wollte«, sagte Michael ohne Überzeugung. »Verdammt nochmal, will denn der Regen gar nicht mehr aufhören? Sie sollten mal meinen Garten sehen. Oder die Straße davor. Aber die Stadt macht keinen Finger krumm. Das Wasser steht jetzt bestimmt fast zwanzig
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