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Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens
Autoren: Patricia Cornwell
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nach einem halben Hotdog mit Senf und Gewürzsoße, den ein kleines Kind soeben in den Abfalleimer geworfen hatte; als ob Hotdogs auf Bäumen wachsen würden.
    Pigeon ließ sich die Azalea Parade niemals entgehen. Die Leute waren so verschwenderisch. Nicht ein einziges Kind wusste heute noch, was ein Dollar wert war. Nicht mal diejenigen, die Sozialhilfe bezogen. Er angelte eine noch fast volle Tüte Kartoffelchips heraus, die so ein kleiner Dreckskerl weggeworfen hatte, nicht ohne sie gewaltsam zerdrückt, zerbröselt und pulverisiert zu haben.
    »Wir brauchen wieder einen anständigen Krieg«, sagte er zu dem Dicken, obwohl sie nicht miteinander bekannt waren.
    »Das red ich schon seit Jahren.« Der Dicke war ganz seiner Meinung. »Kein Mensch weiß mehr, wie das ist.«
    »Woher auch?« Pigeon sah in die Tüte und fand keinen einzigen Chip, der größer war als ein Zehn-Cent-Stück.
    »Mein Name ist Bubba«, sagte Bubba und setzte seine Suche mit dem Fernglas fort.
    »Ich bin Pigeon.«
    »Angenehm.«
    Pigeon beobachtete ein anderes Kind, das seinen Kaugummi nach dreimal Kauen mit noch reichlich Aroma auf den Bürgersteig spuckte. Eine junge Frau im Jogginganzug trat darauf.
    »Vielen Dank!«, schrie sie das Kind an, das gerade eine Dose Orangenlimonade öffnete und einfach wegging. Sie hob ihren Fuß und starrte auf die Fäden aus rosafarbenem Kaugummi, die zu dem Klumpen führten, der an der Sohle ihres rechten Saucony-Laufschuhs klebte.
    »Ich hasse dich!«, schrie sie dem Kind nach. Um sie herum waren Leute auf der Suche nach Plätzen, von wo sie am besten sehen konnten. »Ich hasse Kinder! Ich hasse Menschen!«
    »Das würde mich auch fertig machen«, sagte Pigeon. »Niemand schert sich mehr einen Dreck.«
    Bubba nahm mit seinem Fernglas Fleck und dessen Frau ins Visier, die rechts in einem Vorgarten keine zwanzig Meter entfernt Klappstühle öffneten.
    »Wahrscheinlich kennt er diese Leute überhaupt nicht«, murmelte Bubba, und erneut wallte Zorn in ihm auf. »Er bedient sich einfach, wie er es schon immer gemacht hat.«
    »Heutzutage ist doch jeder so«, sagte Pigeon.
    »Er weiß, dass ich auch hier bin«, sagte Bubba. »Der Hurensohn weiß, dass er mir tausend Dollar schuldet. Sagt, er hätte Gedächtnisverlust. Könnte sich nicht mehr an die Wette erinnern, also zählt sie nicht.«
    »Ich weiß nicht, was aus der Anständigkeit geworden ist«, sagte Pigeon.
    Bubba beobachtete, wie Fleck ein kariertes Tischtuch auf dem Rasen ausbreitete. Darauf stellte er eine blaue Kühltasche, öffnete den Deckel und kramte darin herum.
    Vergebens suchte Pigeon nach einer Zigarettenkippe. Er wusste, dass der Preis enorm in die Höhe gegangen war. Die Leute rauchten fast bis zum Filter, sodass für ihn nichts mehr übrig blieb.
    Gestern Morgen war er schockiert gewesen, als er die Main Street hinunter ins Zentrum gehumpelt war und auf der elektronischen Dow-Jones-Anzeigetafel vor dem Maklerbüro Scott & Stringfellow gesehen hatte, dass der Preis pro Päckchen um weitere zwei Dollar und elf Cent gestiegen war. Wenn er doch nur mehr eingekauft hätte, damals, als er das Geld vom Pfandleiher hatte. Er hätte schnelle Geschäfte machen können. Vermutlich wäre er jetzt reich.
    Pigeon hatte noch nicht zu Ende gedacht, als Bubba aus seiner Hemdtasche ein Päckchen herausfingerte. Ohne das Fernglas abzusetzen, schüttelte er sich eine Zigarette raus. »Sind diese Merit Ultimas eigentlich gut?«, fragte Pigeon, als Bubba sich die Zigarette anzündete. »Die habe ich noch nie probiert.«
    »Oh, ja«, sagte Bubba. »Alles, was von Philip Morris kommt, ist nur vom Allerbesten.«
    »Das habe ich mir immer schon gedacht. Wie unterscheiden sie sich eigentlich von den regulären Merits?«, fragte Pigeon schlau.
    »Willst du eine probieren?«
    »Das wäre aber nett«, sagte Pigeon. Bubba gab ihm das Päckchen.
    »Oh, vielen herzlichen Dank.«
    Heulende Polizeisirenen in der Ferne und der Donner von Polizei-Motorrädern kündeten an, dass der Umzug nun begann. Weed war so aufgeregt, dass seine Knie zitterten.
    Er stand rechts neben Lou Jameson, der die kleine Trommel spielte. Wie alle Schlagzeuger trug auch er eine Sonnenbrille. Zu Weed war er nie besonders freundlich gewesen und hatte ihm mehr als einmal gesagt, dass wohl jeder Becken spielen könnte; in anderen Bands hätte er sogar schon Mädchen gesehen, die das taten.
    Die Band der Western Guilford High School in schwarzweißen Uniformen stand unmittelbar vor Godwin. Lakeview Junior
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