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Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition)

Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition)

Titel: Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition)
Autoren: Ansgar Warner
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kostenlosen Light-Version und einer kostenpflichtigen Vollversion unterscheiden. Mit großer Wahrscheinlichkeit profitieren Sie im Moment selber von einer solchen Marketing-Strategie, weil beispielsweise auf Ihrem PC eine kostenlose Anti-Virensoftware installiert ist. Auch solche Modelle funktionieren im weitesten Rahmen der Crowdfunding-Logik, denn Nutzer der kostenlosen Versionen profitieren davon, dass es eine genügend große Crowd von zahlenden Profi-Nutzern gibt, die ein Fortbestehen des Angebots ermöglichen. Oft reichen fünf bis zehn Prozent aus, um ein Geschäfsmodell profitabel zu machen. Was auf den ersten Blick absurd klingt, ist es bei näherer Betrachtung nicht mehr: fünf Prozent etwa von einer Million Kunden sind immerhin Fünfzigtausend.
    Crowdfunding als bewusstes Spenden für einen guten Zweck
    Überzeugte Crowdfunder werden dabei natürlich etwas die Nase rümpfen. Denn solche Web 2.0-Geschäftsideen funktionieren ganz automatisch, ohne dass die meisten Nutzer sich des zugrundeliegenden Crowdfunding-Effekts überhaupt bewusst sind oder sein müssen. Die Crowdfunding-Beispiele, um die es im Folgenden gehen wird, setzen dagegen stärker auf ein deutlicheres Spenden-Bewusstsein der Teilnehmer. Die Crowd wird hier also in der Interaktion spürbar, und es wird zumeist auch deutlich an die Solidarität einer Community appelliert. Im Kern des Crowdfunding-Gedankens steckt ein bewusster und freiwilliger, nicht immer aber vollkommen uneigennütziger Akt der Unterstützung einer Sache, die für gut, richtig oder nützlich empfunden wird. Das hat die digitale Kollekte namens Crowdfunding mit traditionellen Fundraising-Modellen gemeinsam.
    Ähnlich wie beim Fundraising bestimmt deswegen die Motivierbarkeit der potentiellen Spender die Erfolgssaussichten des jeweiligen Projekts. Musi-ker, Journalisten oder Blogger, die bereits etwas vorweisen können – ein Album, ein Online-Magazin oder einen Podcast – haben es dabei natürlich etwas einfacher. Aber wie wir gleich sehen werden, kann auch eine überzeugend präsentierte Ideenskizze die Crowd dazu bewegen, eine finanzielle Anschubleistung für Vorhaben zu geben, deren Verwirklichung noch in der Zukunft liegt.

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    "Obama-Effekt": Journalisten & Blogger setzen auf die Crowd

Chris Albritton, "Back to Iraq" & die Folgen
    Für den Online-Journalismus, aber auch die Blogosphere insgesamt gibt es dank Crowdfunding eine spannende Alternative zwischen Paid Content und kostenlos. Diese Methode verbindet auf intelligente Weise Web 2.0 und Micropayments, ohne dass der Zugang zu den Inhalten eingeschränkt werden muss. Hieß es bisher zumeist: erst das Geld, dann die Ware, haben sich die Verhältnisse jetzt umgekehrt. Erst darf probiert werden, dann wird bezahlt, oder eben auch nicht. Die wachsende Zahl der Crowdfunding-Netzwerke macht die Dankeschön-Ökonomie dabei nicht nur zur Chance für einzelne Autoren, sondern grundsätzlich auch für Verlage. Bisher haben die Spendengelder aus der Netzgemeinde allerdings eher eine kleine Revolution von unten angezettelt.
    Zum Begriff wurde Crowdfunding im Journalismus erstmals im Jahr 2003. Die Zeitungskrise war noch nicht absehbar, die Krise des Journalismus aber schon, denn immer weniger Blätter wollten sich aufwändige Recherchen leisten. Damals startete der amerikanische Blogger und Reporter Chris Albritton einen Spendenaufruf, um eine längere Reportage über den Irak-Krieg finanzieren zu können. Albritton wurde mit seiner Seite „Back to Iraq“ schließlich zum „first fully reader-funded journalist-blogger“. Crowdfunding-Plattformen wie Spot.Us stellten diese Idee dann auf eine noch breitere Basis. Autoren können hier ihre Reportage-Projekte bewerben und Spendengelder einsammeln – ein grüner Spendenbalken zeigt dabei den Fortschritt der digitalen Kollekte. Mit einiger Verspätung ist dieses Modell nun auch in Deutschland angekommen. Anfang 2011 spannte etwa Richard Gutjahr mit Erfolg die Crowd für eine Auslandsreportage ein: auf dem Höhepunkt der „Arabellion“ war der prominente Münchner Webjournalist spontan nach Kairo gereist, um direkt vom Tahrir-Platz berichten zu können, und bat seine Leser um finanzielle Unterstützung.
    Was hier individuell durch die Prominenz in den sozialen Medien ge-lang, versuchen spezialisierte Crowdfunding-Plattformen wie kraut-reporter.de als neue Form des spendenfinanzierten Journalismus zu institutionalisieren: Das von den Journalisten Sebastian Esser und Wendelin
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