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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition)
Autoren: Brom
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Dillard fiel. Dann trafen seine Füße auf etwas Festes, er hörte Metall auf Metall klappern und stellte fest, dass er stolperte und rutschte. Schließlich prallte er gegen etwas, Staub und Scherben stoben ihm ins Gesicht.
    Dillard spie aus und schüttelte sich. Als er blinzelte, lag ein Kopf mit aufgebrochener Schädeldecke auf seiner Brust und erwiderte traurig seinen Blick. Als er zischend einatmete, drang ihm der durchdringende Gestank von Schwefel und Moder in die Nase. Hektisch blickte er sich um und sah sich hundert weiteren Grinsegesichtern gegenüber. Er war von Schädeln und Knochen aller Art umgeben, größtenteils schwarz, wie verkohlt, und allesamt von grauem Aschestaub bedeckt. Selbst die Wände und Decke schienen aus Knochen zu bestehen und erstreckten sich, so weit das Auge reichte, entlang etlicher finsterer Gewölbe und Korridore.
    Die Handschellen schnitten ihm ins Fleisch, als er sich schwer atmend aufsetzte. Seine Finger berührten kaltes Metall, und als er nach unten blickte, stellte er fest, dass er auf einem Berg Münzen saß. Nicht irgendwelche Münzen, sondern dreieckige Goldstücke. Die Geldstücke bildeten eine hohe Pyramide, deren Spitze im rauchigen Zwielicht verschwand. Das musste der Weg nach draußen sein, da war er sich sicher. Nachdem er auf die Beine gekommen war, versuchte er, sich abzustoßen und die Pyramide emporzukriechen, aber die Münzen rutschten unter seinen Füßen weg, weshalb er beständig weiter nach unten zum Höhlenboden rutschte. Schließlich gab er auf und blieb keuchend liegen. Er unterdrückte das in ihm aufsteigende Schluchzen und konzentrierte sich, um sich wieder in den Griff zu bekommen.
    Er spürte sie. Zwar konnte er sie nicht sehen, aber er wusste, dass sie da waren und sich um ihn herum bewegten. Erst waren sie kaum mehr als ein Lufthauch, der den Staub auf den Knochen aufstörte. Doch er hörte, wie sie flüsternd seinen Namen riefen. Je lauter ihr Rufen wurde, desto mehr nahm auch der Wind zu. Die Gestalten verdichteten sich, und schließlich sah er sie … die Toten. Er sah ihr gemartertes Grinsen, ihre leidvollen Augen. Unzählige tote Augenpaare ruhten auf ihm, alle waren sie froh, ihn zu erblicken.
    Dillard schrie und schrie und schrie, und die Toten … die Toten schrien mit.

    ***

    Vorsichtig spähte Jesse in den Sack. Darin erkannte er nichts als rauchige Finsternis, doch er meinte, weit entfernt ein Schreien zu hören, das sehr nach Dillard klang. Er wollte lächeln, musste jedoch feststellen, dass ihn all das zu sehr anwiderte.
    Jesse verließ das Wohnzimmer und öffnete die Haustür, um sich zu vergewissern, dass Linda nicht zurückgekommen war. Er hatte sie und Abigail mit dem Ford zu Lindas Mutter geschickt, wo sie warten sollten, während er sich um alles Weitere kümmerte. Erst hatte sie sich geweigert, doch als Abigail zu weinen begonnen hatte, war sie weggefahren.
    Aus der Garage holte er das Polaroidfoto von Ellen und legte es im Haus neben die Klebebandrolle und das Messer. Er wollte sichergehen, dass die Polizei es fand, dass sie erfuhren, was für ein Mensch Dillard wirklich gewesen war. Dann besorgte er sich ein Geschirrtuch aus der Küche und wischte seine Fingerabdrücke von dem Foto, von dem Klebeband und von dem Messer ab. Abschließend ging er durchs ganze Haus und wischte alles ab, was er angefasst hatte, jedenfalls soweit er sich erinnern konnte. Sein Verhalten kam ihm übertrieben vorsichtig vor, denn ohne Leiche gab es auch kein Verbrechen. Es sei denn, ein besonders findiger Ermittler kam auf die Idee, den Schlund der Hölle abzusuchen.
    Dillards Funkgerät und die Sachen, die der Polizeichef aus seinem Wagen gestohlen hatte, nahm er an sich. Dann griff er nach dem Sack und ging durch die Garage nach draußen.
    Zufrieden trat er ins Morgenlicht. Die Sonne lugte über die nahen Hügel und erhellte den Nebel über dem Fluss. Er machte sich auf den Weg Richtung Wald, zu seinem Wagen, als er ein Schnauben hörte und erstarrte. Auf der anderen Seite der Wiese stand Sankt Nikolaus vor den Julböcken und dem Schlitten. Die beiden grauenhaften Engel warteten links und rechts neben ihm.
    Nach einem schnellen Blick in den Wald überlegte Jesse, wie weit er es wohl schaffte, ehe sie ihn einholten.
    »Du kannst nicht entkommen«, erklärte Nikolaus. »Vor Gott kann man sich nicht verstecken.«
    Jesse stieß einen tiefen Seufzer aus. Wenigstens hatte er sich Dillard vorgeköpft, wenigstens konnte er nun in dem Wissen sterben, dass
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