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Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)

Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)

Titel: Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)
Autoren: Raik Thorstad , Jannis Plastargias , C. Dewi , Gerry Stratmann
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streift über seinen Körper. Die Realität hat ihn wieder. Und mir, mir bleibt die Angst und ein bitterer Geschmack, der sich auf meiner Zunge ausbreitet. Ich balle die
Hände zu Fäusten, atme zittrig aus.
    Als ich wenige Momente später nach draußen trete, sehe ich, wie Romero langsam davon schlendert. Er geht nicht beschwingt, sondern … gedankenlos. Wie jemand, der etwas
hinterher schmeckt, den Blick nach innen gerichtet, konzentriert auf die letzten Spuren des Geschmacks, der sich flüchtig davonstiehlt. Ich beiße die Zähne fest zusammen, bis es
schmerzt. Enttäuschung schmeckt bitter, bitter wie Verzicht. Wut ist scharf und Lust salzig.
    „Julian!“
    Ich schrecke bei seinem Ausruf zusammen. Er hat sich zu mir umgedreht, geht langsam rückwärts, die Hände in den Taschen vergraben.
    „Treffen wir uns morgen bei mir auf einen Kaffee?“ Er grinst, bevor er nachsetzt: „Die Adresse hast du ja.“
    Mein Herzschlag setzt aus. Ich weiß nicht, was mich mehr entsetzt: dass er mich überhaupt fragt, oder dass er es quer über das Gelände zu rufen scheint. Natürlich
weiß ich, dass er kaum zehn Meter von mir entfernt ist, aber gerade jetzt bin ich mir sicher, dass er mit der Lautstärke eines Megafons gerufen hat.
    „Ich trinke keinen Kaffee“, erwidere ich lahm und viel zu leise. Warum gehe ich nicht zu ihm? Stattdessen starre ich ihn an, kann mich nicht bewegen, fühle mich grässlich
und wundervoll zugleich. Angst und Hunger und … Aufregung.
    Er grinst. „Dann auf einen Mate.“
    Ich verziehe das Gesicht. „Bloß nicht! Ich hasse das Zeug.“
    Romero lacht. „Dann eben Kakao, alles, was du willst. Morgen, so um vier?“
    Ich bringe kein Wort heraus, nicke nur. Ich glaube, Mut schmeckt nach Schokolade.

Tracy S.
Das Chili-Spiel
    - Chilischoten -
    Die Sonne geht langsam unter. Die Dämmerung bricht herein. Von fern kann man das leise Zirpen der Grillen hören; trotz des Geräuschpegels, der um uns herum herrscht. In geselliger
Runde sitzen wir zusammen, genießen den Grillabend. Du und meine fünf anderen Kumpels.
    Es ist immer noch warm. Die brütende Hitze von heute Nachmittag hat sich kaum verflüchtigt. Aber es ist angenehmer. Es weht eine kleine Brise, die leichte Kühlung verschafft. Ein
lauer Sommerabend, den wir zusammen verbringen.
    Wir beide sitzen uns am Tisch gegenüber. Alkohol ist bei den anderen schon längst in Strömen geflossen, aber du hast dich davon ferngehalten. Stattdessen begnügst du dich mit
Softdrinks, vorzugsweise Limonade.
    Seit mehreren Stunden beobachte ich dich. Die Eindringlichkeit meiner Blicke entgeht dir nicht. Du bemerkst sie, genauso wie dir bewusst ist, dass es dunkler wird. Du scheinst unruhig und doch
gefällt dir, dass ich dich im Visier habe. Ich sehe es dir an. Du nimmst einen Schluck aus deinem Glas, lässt das mittlerweile warme Nass durch deinen Hals rinnen. Ich hänge mit den
Augen an deinem Kehlkopf, verfolge dessen sinnliches Auf und Ab.
    Wie gerne würde ich jetzt meine Lippen auf diese Stelle legen und deine Haut liebkosen.
    Ich lächle leise, hebe meinen Blick und begegne deinen braunen Augen. Sie wirken fast schwarz, und ich vermag eine Spur Lust zu erkennen.
    Worauf?, frage ich mich im Stillen und lecke mir unbewusst über die Lippen.
    Ich will dich schon lange. Immer wieder hast du mich mit flüchtigen Berührungen gereizt, schienst dir dessen aber nie bewusst. Oder war es Absicht? Gar Berechnung?
    Dass ich schwul bin, weißt du, seitdem du mich in flagranti mit einem Kerl auf dem Küchenboden bei Tom erwischt hast.
    Es ist eine kleine Fete gewesen, und ich habe zu viel getrunken. Mein Hirn ist vernebelt gewesen.
    Wie dieser Mann ausgesehen hat, das weiß ich heute nicht mehr. Aber ich kann mich noch genau an den Ausdruck in deinen Augen erinnern.
    Jeder andere wäre angewidert von der Szene gewesen, die sich ihm geboten hat. Du nicht. Stattdessen hat Erregung in deinem Blick aufgelodert, deine Lippen haben sich kaum merklich
geöffnet.
    Während ich dich angesehen habe, habe ich den Kerl unter mir weiter gestoßen. Du bist nicht weggegangen, sondern einfach in der Küche geblieben. Es hätte mir unangenehm sein
müssen, aber das war es nicht. Du … bist für mich wie Viagra gewesen. Selbst als ich schon lange gekommen war, der Mann verschwunden, hast du immer noch am gleichen Fleck
gestanden, wie die Minuten davor. Es ist mir nicht peinlich gewesen, dass du mich beobachtet hast. Bei dir hatte ich das Gefühl, dass du mich
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