Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
KR127 - Ich bluffte den Hafenboß

KR127 - Ich bluffte den Hafenboß

Titel: KR127 - Ich bluffte den Hafenboß
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
rannte ihn fast um.
    »Pass auf, Idiot!«, brüllte er. »Jetzt habe ich meine Bälle verloren.« Er jonglierte also auch im Dunklen.
    »Pass du auf«, knurrte ich zwischen den Zähnen.
    Er hörte das Drohende aus meinen Worten, und ich fühlte, wie er sich duckte, obwohl ich es nicht sehen konnte. »Verrückt?«, fragte er leise.
    Statt einer Antwort schlug ich zu. Ich traf ihn an der Schulter und ging bis auf Tuchfühlung ran. Seine aufs Geradewohl gestoßene Faust ratschte mir am Ohr vorbei, aber jetzt hatte ich ihn nah und pumpte ihn voll. Er wehrte sich verzweifelt, aber ich zog den Kopf ein, und er schlug fast alles vorbei. Er versuchte, die Knie zur Hilfe zu nehmen. Ich wurde etwas böse, bepflasterte seinen Magen und riss einen Haken zum Kinn hoch, den er voll nahm. Ich hörte, wie er mit dem Schädel auf das Pflaster aufschlug, und das tat mir gut.
    »Hör auf!«, jammerte er. »Bitte, hör auf! Was habe ich dir getan?«
    Ich verzichtete auf nähere Erklärungen, fasste ihn nur fester und setzte ihm einen letzten, halbvollen Haken aufs Kinn. Er sackte in seiner eigenen Jacke zusammen, und ich ließ ihn unsanft auf das Pflaster fallen.
    ***
    Die Sirenen heulten. Fünf Uhr. Die Hafenarbeiter standen vor dem Holzhaus, und ich mitten darunter. Ich sah Chris Mamun. Sein rechtes Auge war zugeschwollen. Auf der Stirn hatte er ein großes Heftpflaster, aber er zeigte ein trotziges Gesicht.
    Trux Lugger kam heraus. Er verzichtete auf jedes Wort der Begrüßung. Er rief lediglich die Namen auf und verteilte die Marken. Fast alle bekamen eine Marke, ich natürlich auch, lediglich Chris Mamun, Al Fend, der alte Jonathan, Bacco und Hommer, also der ganze Tisch aus der »Atlantik-Inn«, und noch zwei andere gingen leer aus.
    Ich war wieder Softy Mucks Gruppe zugeteilt worden. Wir hatten einen Kahn mit Maschinenteilen zu beladen, aber schon nach einer Stunde erschien Vincent Vincon, der Kassierer, und schlug mir auf die Schulter.
    »He, Billy«, sagte er, »komm mal mit!«
    Ich folgte ihm gehorsam zum Büro, aber ich hatte kein gutes Gefühl, und das wurde nicht besser, als ich mich in dem Holzhaus der ganzen Gruppe, einschließlich Donald Kent, gegenüber sah. Der Jonglierer saß in einem Sessel, und jetzt konnte ich erst sehen, wie hübsch ich ihn zugerichtet hatte. Sein Gesicht war geschwollen wie ein Kürbis und rot wie eine Tomate von den Ohrfeigen, und meine Haken hatten ihm die Lippen aufgeschlagen.
    Ich stieß innerlich einen Fluch aus. Hatte er mich doch erkannt? Hatte ich einen Fehler gemacht? Holten sie mich her, um ’ne Art Gerichtssitzung mit anschließender Urteilsvollziehung zu veranstalten?
    Aber Donald Kent rief mir ganz freundlich ein: »Hallo, Billy!« zu.
    »Hallo, Boss!«, grüßte ich zurück.
    »Setz dich, Billy!« Mit einem Fußtritt schob er mir einen Stuhl herüber. Ich setzte mich artig.
    Der Hafen-Boss schien ganz schön nervös zu sein. Er knautschte eine Zigarre in seinem Mund.
    »Sieh dir mal Pedro an!«, kläffte er und zeigte auf den Jonglieren Ich spannte die Schulter. Jetzt ging es gleich los. »Burschen aus unserer eigenen Gewerkschaft haben ihn so zugerichtet.«
    Mir ging ein ganzer Kronleuchter auf. Die Gewerkschaftsbonzen nahmen an, dass die geknechteten Hafenarbeiter endlich auf das gleiche Mittel der Gegenwehr gekommen waren wie die Leitung es schon lange praktizierte: Terror im Dunklen. Ich war also nicht gemeint, und ich war neugierig, wie es jetzt weiterging.
    »Pedro hatte eine Aufgabe zu erfüllen, die in unser aller Interesse lag«, fuhr Kent fort. Ich grinste inwendig, wie schön er die Verprügelung von Mamun umschrieb. »Dabei wurde er überfallen und so zugerichtet, wie du ihn hier siehst.« Er stand auf. Die Erregung trieb ihn von seinem Sitz hoch. »Ich lass mir von einer Handvoll unzufriedener Lumpen nicht zerschlagen, was wir in Jahren aufgebaut haben«, brüllte er. »Ich werde es ihnen zeigen, und wenn sie glauben, sie kämen mit Schlagringen und Gummiknüppeln weiter, dann werden wir ihnen mit den gleichen Mitteln den Verstand wach prügeln.«
    Wie Demagogen drehte er die Dinge um. Er griff an und behauptete, angegriffen zu werden. Er war ein ganz schönes Stück Übelkeit.
    Er baute sich vor mir auf und legte die Hand auf meine Schulter. »Billy, mein Junge«, sagte er und wechselte den Tonfall, »willst du helfen, dass unsere Gewerkschaft sauber bleibt?«
    Ich durchschaute, was er dachte. Er fühlte das Bedürfnis, seine Totschlägergarde zu verstärken, und er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher