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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger
Autoren: H Lesch
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Verhältnis von Magnesium zu Aluminium. Magnesium hat normalerweise 12 Protonen und 12 Neutronen. Viel seltener ist das Isotop 26 Mg mit 14 Neutronen. In etlichen Meteoriten fand man mehr 26 Mg als erwartet. Das könnte vom radioaktiven Zerfall des Aluminiumisotops 26 Al herrühren. Die Zerfallszeit beträgt rund 750 000 Jahre, und da das 26 Mg sich in Mineralien in den Meteoriten befand, in denen man normalerweise mit dem Vorkommen von Aluminiumatomen rechnet, ergibt sich als theoretisches Modell folgendes Bild: Weniger als eine Million Jahre vor der Entstehung des Sonnensystems fand in der Nähe eine Supernova statt, bei der Staubteilchen, die 26 Al enthielten, in die Gaswolke hineingeschleudert wurden, die später das Sonnensystem hervorbrachte. Das Aluminium wurde eingeschlossen in die Minerale, die sich zu einem kleinen Asteroiden vereinigten. Während der langsame Prozess der Planetenbildung ablief, zerfiel das Aluminium in Magnesium. Irgendwann prallte dieser Asteroid mit einem zweiten zusammen und stürzte auf die Erde. 1969 fiel eines dieser Bruchstücke auf die Erde und damit den Wissenschaftlern in die Hände, die dieses Geheimnis aus dem außerirdischen Stein entschlüsseln konnten.
    Tja, so ist das mit der Astrophysik – winzige Atomkerne können eine wirklich kosmische Geschichte erzählen, weil die Naturgesetze im Universum überall dieselben sind. Für einen Sauerstoff- oder Aluminiumkern gelten die Gesetze der Kernphysik überall in der gleichen Weise, und dabei ist es völlig egal, ob diese Elemente auf der Erde oder irgendwo im Universum vorkommen.
    Zurück zu unserer Gaswolke, aus der einmal die Sonne mit ihren Begleitern, den Planeten, werden soll. Wir wissen also jetzt, dass die Druckwelle, die die Explosion ausschickte, an anderer Stelle nach weniger als einer Million Jahren eine riesige Gas- und Staubwolke zusammenballte. Die bis dahin weit verteilten Wasserstoff- und Heliumatome dieser Wolke durchmischten sich mit all den schwereren Elementen wie zum Beispiel den lebenswichtigen Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Eisen, die in der Supernova erbrütet und bei deren Explosion in den Weltraum hinausgeschleudert wurden. Gleichzeitig wurden alle Atome langsam zum Zentrum der Wolke getrieben. Dabei nahm die gegenseitige Anziehungskraft zu, sodass sich die Wolke langsam zusammenzog. Verwirbelungen innerhalb der Wolken sorgten für kleinere, rotierende Fragmente, die bald ganz losgelöst von der Umgebung anfingen, weiter zu kollabieren und dabei immer schnell zu rotieren begannen; wie ein Eiskunstläufer, der bei der Drehung um die eigene Achse seine Arme anzieht und sich dabei immer schneller dreht. Ein solches Fragment drehte sich schließlich nach etlichen Millionen Jahren mit einem solchen Tempo, dass es sich allmählich zu einer dünnen, rund 80 Milliarden Kilometer großen Scheibe verformte. Dies war der solare Urnebel, aus dem Sonne und Sonnensystem entstehen sollten.
    Es vergingen wieder zehntausende von Jahren, in denen die schweren Elemente wie Eisen und Nickel zum Zentrum des solaren Urnebels sanken. Dieses Zentrum wurde beim Kollaps immer heißer, während der Rand der Scheibe sich zunehmend abkühlte. Dort stießen kleine Staubpartikel zusammen, wuchsen zu größeren Körnern und schließlich zu Gesteinsbrocken und so genannten Planetesimalen von einigen Kilometern Durchmesser. Um die sich im Zentrum bildende Ursonne prallten unzählige Planetesimale aufeinander und verschmolzen zu Protoplaneten. Diese ganz schweren Brocken von etlichen hundert bis tausend Kilometern Durchmesser zogen nun noch mehr Material aus der Umgebung an. Im Zentrum des Nebels hatte sich die Ursonne nun schon so weit verdichtet, dass sie fast die gesamte Masse des einstigen Fragments in sich vereinigte – sie fing an, im Innern zu brennen. Ihr thermonuklearer Reaktor sprang an, Wasserstoff wurde zu Helium verschmolzen, Energie wurde freigesetzt, und schließlich fing die Sonne an zu strahlen. Die Planeten waren aber noch nicht fertig. Auch die Erde hatte ihre endgültige Form noch nicht gefunden, und sie sollte noch einiges erleben, bis sie sich zum »Garten Eden« des Sonnensystems entwickelt hatte.
    Zunächst sah sich unsere Urerde einem immer noch gewaltigen Bombardement durch Gesteinsbrocken ausgesetzt. Das junge Sonnensystem war durchsetzt von zahllosen Asteroiden, die auf chaotischen Bahnen die nahezu kreisförmigen Planetenbahnen durchkreuzten und oft genug einschlugen. Jeder Einschlag brachte Energie
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