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Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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traurig und starrte in das Feuer. Die Stiefel bewegten sich in den Flammen, als wollten sie daraus flüchten. »Sie haben das Schwarze Meer gesehen, die Steppen der Nogaier, die Wälder Sibiriens. Nun verbrennen sie. Es gibt keinen Muschkow mehr …«
    »Es gibt einen neuen Muschkow, Iwanuschka«, sagte Marina zärtlich und küßte seinen Nacken. »Einen besseren Muschkow.«
    »Den Ofenbauer, der vor den Leuten katzbuckeln muß, um Arbeit zu bekommen! Marinuschka, ob ich das aushalten werde …«
    »Ich bin bei dir, Iwan Matwejewitsch!«
    »Und was soll ich einmal unseren Kindern erzählen? Euer Vater war ein Trottel, den die anderen immer in den Hintern treten durften und der dazu sagte: ›Habt Dank, Euer Hochwohlgeboren!‹ Sollen sie nie die Steppen am Don sehen? Nie die Pferdeherden an der Wolga? Nie die Kirschgärten in unseren Dörfern? Nie das Konzert der Haselmäuse im Frühling hören – nie? Meine Kinder!«
    Muschkow stützte den Kopf in beide Hände, blickte in die Flammen, und Marina verstand ihn, schwieg und überließ ihn seinen traurigen, abschiednehmenden Gedanken. Ich muß ihn lieben, wie nie eine Frau einen Mann geliebt hat, dachte sie und setzte sich neben ihn. Ich muß ihm eine neue Welt sein, sonst wird er unglücklich sein das ganze Leben lang … Ich muß ihn lieben … Iwan Matwejewitsch, meinen lieben, großen Bären …
    Am nächsten Morgen hoben sie Väterchen Lupin, der wundgeritten war, in den Sattel, banden die Pferde untereinander an langen Lederriemen fest und ritten langsam ins Tal hinab. In seiner Bauerntracht sah Muschkow seltsam fremd aus: Als Kosak in Uniform war er ein schmucker Bursche gewesen, jetzt, in einem weiten Hemd und mit einem gedrehten Hanfstrick um den Leib war er ein üblicher Kulak, ein gutgenährter Bauernbursche mit einem recht einfältigen Gesicht … »Ich könnte mich selbst anspucken!« schrie er, als er sein Spiegelbild im klaren Wasser der Tschusowaja betrachtete. »Wie sehe ich nur aus! Jeder Idiot wird grüßend vor mir die Mütze ziehen und mich brüderlich umarmen!«
    »Ich liebe dich …«, sagte Marina und lächelte ihn an. Ihre großen, blauen Augen waren weich, und ihr Blick streichelte ihn. Er spürte es förmlich auf der Haut. »Alles andere ist nicht wichtig …«
    Bei dem Dorf Lassinewka trafen sie auf die ersten Soldaten des Zaren.
    Sie sahen Muschkow an, den Alten und den jungen, blonden Burschen, zählten die hintereinander gebundenen Pferde und verhafteten alles im Namen des Zaren.
    Am nächsten Morgen ließ man sie frei, gab ihnen alte, klapprige, halbblinde Gäule, und als Muschkow sich bei dem Offizier beschwerte, wurde er geohrfeigt. Zum erstenmal in seinem Leben schlug er nicht zurück, zum erstenmal in seinem Leben ließ er sich aus dem Zimmer prügeln, ohne sofort umzukehren und das Haus in Brand zu stecken.
    Er stieg draußen auf seinen hustenden Gaul, seufzte tief, blickte Marina und Lupin an, die die Köpfe senkten, und fragte leise:
    »Was ist das eigentlich, ein freies Leben? Das hier, Väterchen? Oh, wenn ich an die Freiheit am Don denke …«
    »Wir haben das Leben gewonnen, mein Sohn«, antwortete Lupin. »Damit können wir etwas anfangen. Ich werde zufrieden sterben können, und ihr Jungen könnt ein neues Rußland gründen.«
    »Marina und ich allein?«
    »Ihr seid nie allein. Es gibt Tausende wie ihr. Muschkow, du hast noch viel zu tun, bis du so alt bist wie ich.«
    Langsam ritten sie aus dem Dorf … Es war für einen Kosaken eine Schande, auf solch einem Gaul zu sitzen, und Muschkow nagte an der Unterlippe. »Wir müssen wieder eine Kirche mit strammen, fetten Gäulen finden …«, sagte er dumpf.
    »Nie mehr, Iwan Matwejewitsch!« antwortete Marina. »Das ist vorbei!«
    »So kommen wir nie nach Moskau.«
    »Dann werden wir unterwegs arbeiten, um uns gute Pferde kaufen zu können!« schlug Lupin vor. »Der Herbst hängt schon in der Luft, und in ein paar Wochen kann man den Winter riechen. Man wird Öfen brauchen, in allen neuen Siedlungen der Stroganows. Jetzt haben wir Zeit.«
    Sie ritten ins Permer Land, sie rasteten in den Dörfern, arbeiteten für das tägliche Essen, jagten Füchse und Eichhörnchen und verkauften die Felle an die Sammelstellen der Stroganows.
    Der Herbst kam wie immer mit Regengüssen, das Land weichte auf, Muschkow ging auf Biberjagd an abgelegenen, kleinen Flüssen. Als der erste Frostwind heulte und die Erde hart wurde, als der erste Schnee fiel und man überall im Land erzählte, daß im
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