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Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf die falschen Priester, auf Räuber und Plünderer, Wegelagerer und Betrüger. Sie richteten ein paar hochgestellte Wogulen und Udmurten hin, und das sprach sich schnell herum und sorgte für Ruhe.
    In den Kirchen begann man, heimlich für die Stroganows und nicht mehr für den Zaren zu beten. Die Gebietsfürsten kamen verkleidet an die Kama und verhandelten im Kreml der Stroganows um Beistand gegen die zaristischen Teufel.
    »Sibirien …«, sagte Maxim Stroganow, der Kaufmann, und überließ es Nikita, dem Strategen, die Lage anhand der Karten zu erklären. »Unsere Zukunft liegt hinter dem Ural – auch die eure, Brüder! Die Macht des Zaren wird am Gebirge haltmachen. Sibirien aber wird unser Land sein! Vertraut uns!«
    Muschkow und Marina, die an der Tschusowaja in einer Höhle hausten, hatten wenig von diesen Worten. Väterchen Lupin war seit zwei Tagen unterwegs, und man wußte nicht, ob er noch lebte oder längst erschlagen worden war.
    Am dritten Tag wurden die beiden unruhig, standen stundenlang auf einer Felsspitze und blickten ins Tal, auf den Weg, den Lupin zurückkommen mußte. Die Sorge war stärker als ihre Liebe. Nur in den ersten beiden Tagen und Nächten, in denen sie allein waren, schlug die Sehnsucht über ihnen zusammen. Sie genossen ihr Glück, und Muschkow, der bisher immer Nowo Orpotschkow verflucht hatte, weil dort sein Untergang als Kosak begonnen hatte, wäre jetzt bereit gewesen, dieses Dorf zu einem Heiligtum zu ernennen.
    Ab und zu kroch er aus der Höhle, um die Pferde zu füttern, was gar nicht einfach war, denn das Gras war hart, und vom Wasser der Tschusowaja allein wurde kein Gaul satt. So machte sich Muschkow am vierten Tag allein auf, um Heu zu besorgen, nahm vier Pferde mit, überfiel nach Kosakenart kurzerhand einen Bauern im Tal, lud das Heu auf die Pferde, nachdem er den Bauern, seine Frau und einen Knecht im Stall an einem Balken festgebunden hatte, und ritt fröhlich pfeifend in die Wildnis der steinigen Tschusowaja zurück.
    Im Tal mußte es daraufhin einen großen Lärm gegeben haben. Ein Priester überfällt einen Bauern! Das war neu, auch wenn man die Eintreibungsmethoden der Kirche kannte, aber sie hatten sich immer im Rahmen einer gewissen Höflichkeit gehalten. Daß ein Priester auftauchte, Unschuldige festband, Heu, Fleisch und Hafer stahl und beim Weggang schrie: »Gott verfluche euch, wenn ihr ein Wort davon erzählt!« – das hatte man eigentlich nur erlebt, als die Kosaken Jermaks durch diese Gegend gezogen waren.
    Am Abend des fünften Tages kam Lupin zurück, müde, auf seinem Pferd schwankend, von Staub überkrustet. Muschkow hob ihn wie ein Kind aus dem Sattel und trug den Alten in die Höhle. Marina flößte ihm kalten Tee ein, rieb seinen Kopf mit Wasser ab und massierte ihm die Brust. Es dauerte eine geraume Zeit, bis Lupin soweit hergestellt war, um ein paar Worte sagen zu können.
    »Ich habe für dich ein Bauernkleid, Iwan Matwejewitsch«, keuchte er und verdrehte die Augen vor Erschöpfung. »Dem Himmel sei Dank, daß ich es geschafft habe. Die Zarentruppen durchsuchen das Land! Irgendein falscher Priester hat einen Hof überfallen, den Bauern halb erschlagen, die Frau und die Tochter geschändet! Welch eine Verrohung der Welt!«
    »Ich erwürge sie alle!« schrie Muschkow und sprang auf. »Gelogen ist alles! Ha! Was hängt man mir da an? Den Bauern habe ich gesegnet, die Frau nicht einmal angefaßt, und von einer Tochter habe ich nie etwas gesehen! Marinuschka, bin ich ein Untier?«
    »Nicht mehr«, sagte sie langsam. »Ich glaube dir, Iwanuschka.«
    »Sie glaubt mir!« rief Muschkow strahlend. »Hörst du es, Väterchen? Sie glaubt mir! Und du?«
    »Du warst es also!« sagte Lupin und schloß vor Erschöpfung die Augen. »Marina, wie konntest du den Idioten allein ziehen lassen?«
    »Die Pferde hungerten, Vater. Wir mußten etwas besorgen.«
    »Auf diese Art?«
    »Sollte ich betteln gehen und mir die Hosentaschen voll Heu stopfen?« schrie Muschkow. »Die Welt, Väterchen, ist schlecht, sie wird durch mich nicht schlechter!«
    »So kann man es auch sehen, Iwan Matwejewitsch«, sagte Lupin müde und glitt hinab in den Schlaf. »Zieh deine Bauernkleider an, mein Sohn.«
    In der Nacht verbrannten sie den Priesterrock und alles, was noch an die Kosaken erinnern konnte. Zuletzt die Stiefel … sie stanken fürchterlich, als sie in Flammen aufgingen.
    »Wie viele Jahre bin ich mit ihnen geritten, wieviel Pferdeschweiß klebt an ihnen«, sagte Muschkow
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