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KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

Titel: KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes
Autoren: Peter J. Scholz
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Interesse, Magazine mit englischen Wortspielen als Bildunterschriften zu erwerben, hielt sich in Grenzen. Auch die Süßwarenabteilung hatte nur noch Chips- und Schokoladensorten im Sortiment, die wohl besser die Gestade unserer Inselfreunde niemals hätten verlassen sollen.
    Der junge Mann in dem "Sex Pistols"-T-Shirt hinter der Kasse war so in die Kommunikation mit seinen eigenen Gedanken vertieft, dass ich es nicht wagen wollte, ihn mit meiner Gegenwart zu belästigen.
    Aus den Augenwinkeln fiel mir das Ende auf, das sich neben dem Eingang postiert hatte, bereit an diesem Abend endgültig zuzuschlagen.
    Bis dahin begnügte es sich, den vereinzelt Herei nkommenden Hoffnungslosigkeit ins Gesicht zu klatschen und mit Singsang einzulullen, den nur das Unterbewusstsein hören kann. („Es gibt hier nichts zu sehen. Bitte gehen Sie weiter.“)
    So war es kein Wunder, dass eigentlich jeder schon nach dem Übertreten der Schwelle wieder sehr schnell den Weg nach draußen fand.
    Mich konnte nach all den Jahren so etwas nicht mehr aus dem Gleichgewicht bringen und so war es an mir, der letzte Kunde zu sein.
    Der letzte Kunde, der nichts kaufte, wohlgemerkt.
    Denn die Uhr über der Kasse zeigte drei Minuten vor Sechs – drei Minuten vor Ladenschluss.
    Das Ende begab sich in Startposition, das sah ich g enau.
    Ebenso genau kam mir der Gedanke, dass ich als let zter Kunde etwas zu erwerben hätte.
    Fragen Sie mich nicht , wieso.
    Manchmal fühlt man einfach , wenn etwas richtig ist.
    Somit beseelt von dieser Aufgabe zwang ich mich genauer hinzusehen. Und überlegte: Getränk oder Speise? Zeitschrift oder… Erst jetzt bemerkte ich den Ständer mit den Grußkarten. Riesenidee! So was konnte man immer brauchen.
    „Greeting Cards. Each 1,50 €. 12 for the price of 10“ info rmierte mich das handschriftlich oben auf den Ständer gepflanzte Schild.
    Ich überschlug dieses Angebot kurz in meinem Kop f: doch, ja – die Anzahl sollte problemlos meinen Bekanntenkreis abdecken. Ich griff zu…
     
    Als die Uhr der nahe gelegenen Kirche sechsmal schlug, stand ich vor dem Geschäft, in der Hand eine Plastiktüte mit dem letzten Einkauf, der hier getätigt wurde.
    Das Ende schlüpfte mit einem Nicken , das nur in meinem Kopf registriert werden konnte, hinter mir vorbei, als die Eingangstür geschlossen wurde.
    Es schien sich sofort heimisch zu fühlen, als es dem jungen Mann nach hinten ins Lager folgte.
    „Sorry, we´re closed“, verkündete das Schild an der Tür.
    „Forever“, setzte ich im Geiste dazu.
    Dann hielt mich nichts mehr und ich ging davon – einer Portion Pommes mit Currywurst entgegen…
     
    ….und nun sitze ich hier.
    In meinem Reich, das so möbliert ist, wie meine Eri nnerung.
    Karg aber effizient. Vor mir auf dem Tisch, der zusammen mit dem leicht durchgelegenen Bett und dem ebenso durchgesessenen Sessel den Löwenanteil des Raumes einnimmt, liegen die Karten. Eine neben der anderen.
    Und es sind nicht zwölf sondern dreizehn!
    Als mir das bewusst wurde, erschrak ich zuerst. Spielte mit dem Gedanken, sofort aufzubrechen und sie wieder abzugeben. Jene überzählige. Doch welche? Ich ließ meinen Blick über mein Reich schweifen – sah das Waschbecken mit dem halbblinden Spiegel darüber. Daneben der Schrank in der Ecke neben dem Fenster, der meine wenigen Habseligkeiten derzeit beherbergt. Den kleinen Kühlschrank und den Stuhl, auf dem über die Lehne hängend das Spültuch mittlerweile getrocknet sein dürfte.
    Und komme somit wieder zurück zu den Karten.
    Dreizehn – Unglückszahl. Heißt es. Ich bin an einem Dreizehnten geboren. Was sagt uns das? Was sagt es mir?
    Ich schüttele den Kopf , um die negativen Gedanken zu vertreiben. Nur – wenn man einmal auf dieser Spur ist, kübelt das Gedächtnis gerne noch etwas dazu. Besonders wenn man – wie ich – auf Bewährung ist.
    Man hinterfragt seine Handlungen. Was bringen diese? Und vor allem – wohin bringen sie mich?
    Meine Handlung brachte mir dreizehn Jahre, dem armen Teufel, der nicht schnell genug aus dem Weg ging, unter die Erde und mir darüber hinaus den Verlust meiner großen Liebe.
    Mein bester Freund Alkohol ließ mich in der Untersuchung szelle damals zurück – er suchte sich wohl einen gefälligeren neuen Zechkumpanen als mich.
    Nüchtern betrachtet konnte ich niemand anderem die Schuld geben außer mir selbst.
    Nüchtern nahm ich das Urteil an, bereit die gesamte Härte zu akzeptieren, die das Gesetz mir geben konnte.
     
    Mein
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