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KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

Titel: KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes
Autoren: Peter J. Scholz
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weit die anderen sich verändert haben. Man selbst aber sich selbst treu geblieben ist.
    Was für ein Selbstb etrug. Binnen weniger Minuten weiß man, warum dieses Gefühl nie wirklich verschwunden ist, sich bestenfalls schlafen gelegt hat. Und die kleinen Missgeschicke und Unachtsamkeiten von einst in den Erzählungen der Schulkameraden nun irgendwie — historisch wirken. Das, was uns prägt, macht uns aus. Letzten Endes.
    Meine Frau hatte mich doch etwas seltsam anges ehen, als ich ihr mitteilte, dass ich zu diesem Treffen gehen wollte. Und sei es nur, um mich meiner Dämonen aus Kindheitstagen zu versichern. Die ich glaubte, überwunden zu haben. Die aber nur schliefen — all die Jahre hindurch. Und mir erst einmal bewiesen, dass man über manches nie wirklich hinweg kommt.
    Uwe und Stefan hießen meine. Heißen sie immer noch. Und natürlich ließen sie 20 Jahre Entwicklung nicht wirklich gelten. Wo bliebe dann der Spaß — zumindest nach ihrer Auffassung.
    Manches ändert sich — auch nach all den Jahren — nicht. So ertrug ich den einen oder anderen Spruch aus ihrer Richtung — denn meist hielten sie sich nicht direkt bei mir auf. Die Theke ist ihnen in ihrem Bunde der Dritte. Heute wie damals. Trio Infernal. Bierschaumgebremst. Zumindest streckenweise.
    Was mir hier und da die Gelegenheit gibt, mich ung estört mit einzelnen Personen aus der Vergangenheit zu unterhalten.
    Man erfährt so einiges, lacht pflichtschuldig, wird überrascht von Menschen, die man früher so oder gar nicht wahrgenommen hat. Oder lässt sich einfach voll labern. Was mit fortschreitendem Abend auch ganz okay geht.
    Als ich mich nach rund fünf Stunden an einen Ste htisch im hinteren Bereich des Lokals zurückziehe, um die Eindrücke des bisherigen Abends Revue passieren zu lassen, drängt sich ein Gedanke durch die Erinnerungen. Der Gedanke an Michael.
    Der besonders stark geworden ist, als ich das Heft durc hblättere mit all den War- und Ist-Fotos.
    Und der Gegenüberstellung von einstigen Wünschen und Träumen — und was die Wirklichkeit sich erlaubte an Karten in den Jahren seit damals auszuteilen.
    Darunter ist auch Michael. Der sich über die Jahre kaum ve rändert zu haben scheint. Den ich glaubte kurz gesehen zu haben. Mir dann aber nicht wirklich sicher war. Aber der Gedanke blieb.
    Und wurde la uter.
    So stehe ich nun hier und richte den Blick nach innen.
    Die gute Stimmung um mich herum zieht sich zurück — nicht weil sie erstirbt, sondern weil ich meinen Gedanken nachhänge und sie ausblende. Meine Wahrnehmung schließt mich in ihren ganz persönlichen Kreis ein und lässt die Wirklichkeit außen vor.
    Ich drehe das halbvolle Kölsch -Glas in meinen Händen, hebe es gedankenverloren hoch, beobachte, wie das Licht der Thekenbeleuchtung sich in dem flüssigen Gold bricht und bin ... wieder elf Jahre alt.
    Elf Jahre an einem Nachmittag im August, als die Stunden eines Sommernachmittags in der Hitze noch länger schienen, als sie sich überhaupt dehnen konnten. Mit Sandalen ohne Socken an den Füßen, einer abgeschnittenen Cordhose und einem T-Shirt, welches das Maskottchen der WW von 1978 abbildete.
    Ich stand auf dem Bürgersteig vor dem Zeitschrifte nladen in meinem Heimatdorf, neben der Ampel. In meiner Hand das Zweimarkstück, das von der Wärme meiner Handinnenfläche mit einem leichten Schweißfilm bedeckt war. Eigentlich hätten sich dort zehn Tüten Sammelbilder befinden sollen. Zu je 20 Pfennig das Stück.
    Mein Fußballsammelalbum forderte Vollständigkeit und ich war gewillt gewesen , ihm dazu zu verhelfen.
    Doch es gab keine Sammelbilder mehr.
    Ausverkauft!
    So ein Mist! Mist! Mist! echote es durch mich durch.
    Als die Ampel auf Grün sprang, überquerte ich die Straße, wandte mich nach links, passierte die alte Bäckerei und überquerte noch eine Straße. Dann parallel zur Bundesstraße auf der Höhe der Bushaltestelle weiter.
    Erst am Morgen war es mir gelungen , den fehlenden Rummenigge gegen zwei Beckenbauer einzutauschen.
    Somit fehlte nach drei Wochen des Sammelns nur noch ein Bild. Wenn mir das Glück am Morgen schon auf die Schulter schlug, dann würde es mir auch am
    Nachmittag zulächeln. Törichte Annahme der Jugend!
    Jemand anderer hatte den letzten Karton Sammelbilder g ekauft. Vor nicht einmal 5 Minuten.
    Den GESAMTEN Karton!
    Hätten 10 oder 15 Tüten nicht gereicht?
    Dann wäre auch etwas für mich übrig geblieben.
    Ich war wütend.
    Die Augustsonne lachte heiß vom Himmel und mich aus.
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