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Kopf hoch, Freddie

Kopf hoch, Freddie

Titel: Kopf hoch, Freddie
Autoren: Mary Scott
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Freddie etwas nüchterner, und eine halbe Stunde später saß sie im Zug. Dann kam eine Fahrt, die nie ein Ende nehmen wollte, bis endlich ein Mann den Kopf in den leeren Wagen steckte und sagte: »Endstation.«
    Freddie litt immer noch unter den Nachwirkungen des Alkohols. So langsam und deutlich wie möglich sagte sie: »Kann ich mich bis morgen früh in den Warteraum setzen, bis der Schienenbus abfährt?«
    »Tut mir leid, aber wir schließen jetzt. Am besten, Sie verschaffen sich ein Bett für die Nacht. Da drüben — sehen Sie die Lichter hinter dem Bahnkörper? Dort kommen Sie sicher unter. Die sind auf Gäste eingestellt.«
    Sie sah ihn benommen an. In der trüben Beleuchtung konnte er ihre zerrissenen Strümpfe und das unsaubere Kleid nicht sehen.
    Freundlich fuhr er fort: »Wenn Sie wollen, rufe ich für Sie an und sage, daß Sie auf der Durchreise sind. Ist Ihnen nicht gut?«
    »Doch, doch. Mir geht es tadellos.«
    »Ich rufe drüben an. Der Schienenbus fährt um sechs. Lassen Sie sich wecken. Das sind die gewöhnt.«
    Das Licht, das er ihr gezeigt hatte, ging an und aus und ließ das Wort »Betten« aufblitzen. Sie fühlte sich verwirrter als zuvor und überquerte mühsam ein Gewirr von Schienen, dann einen Grasstreifen, bis sie endlich auf einem Gehweg war. Die Haustür ging auf, und eine Frau im Schlafrock sah heraus.
    »Ach, da sind Sie ja. Man hat vom Bahnhof aus angerufen. Sie wollen übernachten, nicht wahr?«
    »Ja. Wecken Sie mich rechtzeitig, daß ich den Schienenbus nicht verpasse?«
    Obwohl Freddie langsam und sehr sorgfältig sprach, sah die Frau sie scharf und mit dem seltsamen Ausdruck an, den auch die anderen an sich gehabt hatten. Freddie wurde nervös. Sie durfte sich nicht anmerken lassen, daß sie auf der Flucht war.
    Am anderen Morgen blieb ihr knapp Zeit, von dem gähnenden Schalterbeamten eine Fahrkarte zu erstehen und den Schienenbus zu erreichen. Er war halbvoll mit Menschen, die sie interessiert ansahen. Sie war sehr blaß, ohne Puder und Lippenstift und noch immer unordentlich. Nach einer Weile schlief sie ein. Als sie wieder aufwachte, hatte sie gerade noch Zeit zum Aussteigen. Jetzt fühlte sie sich schon besser.
    Eine Viertelstunde später kam der Bus nach Tainui. Als er losfuhr, lehnte sie sich mit einem kleinen Seufzer der Erleichterung zurück. Bald würde sie in dem alten Haus sein, in Sicherheit. Warum war sie eigentlich davongelaufen? Sie spürte, daß ganz tief in ihr ein Entsetzen lauerte, das sie mühsam unterdrückte. Wenn sie erst in Tainui war, hatte sie genügend Zeit zum Nachdenken.
    Als sie sich dem Dorf näherten, fragte der Fahrer: »Möchte jemand vor dem Postamt abgesetzt werden?«, und Freddie dachte: »Das Postamt. Dort darf ich nicht aussteigen. Die Leute würden mich sehen.« Sie antwortete ruhig: »Setzen Sie mich beim Campingplatz ab!«
    Von dort gab es eine Abkürzung, die sie benützen konnte, ohne durchs Dorf zu müssen. Im Sommer hatten sie diesen Weg benutzt, doch jetzt würde er leer sein. Er war sehr steil, und die letzten hundert Meter schaffte sie nur mit Aufbietung aller ihrer Kräfte. Schließlich hatte sie das Ziel ihrer Reise erreicht. Da stand das Haus, um das sich bereits die Schatten des frühen Winterabends legten. Sie ging zu Annas Waschhaus und holte den Schlüssel, und als sie ihn im Schloß herumdrehte, sagte sie laut: »Jetzt bin ich sicher.«
    Danach kam völliges Vergessen. Nur die unendliche Erleichterung des stillen Hauses, Dunkelheit und Schlaf.
     
     

17
     
    Es war zehn Uhr abends, als Jonathan sich eiligst auf den Weg zu Freddies Wohnung machte. Bei seinen wiederholten Anrufen hatte er nämlich niemand erreichen können. Wahrscheinlich hatte sie von dem Unfall Abschürfungen davongetragen und dazu einen tüchtigen Schock, aber sonst nichts. Und was die Volltrunkenheit Freddies betraf, von der die Männer geredet hatten, so glaubte er nicht daran, obwohl man im Wagen Scherben einer Whiskyflasche gefunden hatte, dazu eine Whiskypfütze. Als ob Freddie das Zeug je anrühren würde!
    Er klopfte — keine Antwort. Plötzlich bekam er es mit der Angst zu tun und trommelte so laut an die Tür, daß aus der gegenüberliegenden Wohnung eine Frau kam und unwirsch sagte: »So ein Lärm! Falls Sie Miss Standish sprechen wollen — die ist fort.«
    »Fort? Wohin?«
    »Woher soll ich das wissen? Sie kam um etwa acht Uhr mit einem Koffer aus ihrer Wohnung und ist seither nicht wieder aufgetaucht.«
    Jonathan bedankte sich und lief zu
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