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Kopf frei

Kopf frei

Titel: Kopf frei
Autoren: Ute Lauterbach
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Gestaltung und Design sind mein Steckenpferd. Und doch ist, was die Natur hervorbringt, mitunter das Schönste. So gefällt mir der Wohlklang Ihrer Stimme.
MARION:
Ich danke Ihnen und bin jetzt auch ein bisschen verlegen. Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?
EGON:
Ja, natürlich.
MARION:
Ich würde mich gerne mit Ihnen an meiner Seite neu einkleiden.
EGON
(fühlt sich durch diesen Wunsch geschmeichelt, weiß aber, dass er ihm aus zeitlichen Gründen vorerst nicht entsprechen kann) : Die Idee ist wunderbar. Ich fühle mich geradezu geehrt und danke Ihnen. In den nächsten Monaten bin ich jedoch kaum abkömmlich, rufe Sie aber gerne an, sowie ich Zeit habe.
MARION:
Ja, das wäre schön. Das verlängert die Vorfreude.
EGON
(ist gerührt, weil Marion seinen augenblicklichen Zeitmangel nicht persönlich nimmt. Deshalb beschließt er, ihr in den nächsten Tagen sein Hemd zu schicken.) : Vorher werden Sie eine kleine Überraschung von mir erhalten ...
    Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lieben sie sich noch heute … Für den Erfolg der gelingenden Variante dieses Gesprächs ist weichenstellend, dass beide immer wieder spüren und ausdrücken, was sie gegenwärtig fühlen, wahrnehmen und was sie interessiert. Dadurch landen sie sowohl im Kontakt als auch in der Gegenwart. Der Knüller ist natürlich, dass ein derart bewusst gestaltetes Gespräch weder Zwangsverläufe enthält noch gegenseitige Verletzungen provoziert.
    Frau Knödel und Frau Möllich
    Betrachten wir ein harmloseres, weil unverhakeltes Beispiel eines ebenfalls misslingenden Gesprächs. Die Wertung »misslungen« ergibt sich aus der Definition, lebendiges Sprechen verwirkliche echten Kontakt und verbinde mit der Gegenwart. Es unterhalten sich zwei Nachbarinnen.
    FRAU KNÖDEL:
Was kochen Sie denn heute?
FRAU MÖLLICH:
Pfannkuchen - das mögen die Kinder immer
FRAU KNÖDEL:
Meine beiden sind grad mit der Oma auf Sylt.
FRAU MÖLLICH:
Ich bin kein Fan von Sylt. Das Mittelmeer ist mir lieber.
FRAU KNÖDEL
Ich war das letzte. Mal vor fünf oder sechs Jahren am Mittelmeer. Das war das Jahr, in dem mein Mann diese blöde Sommergrippe hatte.
FRAU MÖLLICH:
Also wir reisen immer mit der Reiseapotheke!
FRAU KNÖDEL:
Er hatte die Grippe daheim, nach dem Urlaub.
FRAU MÖLLICH:
Trotzdem geht nichts über eine Reiseapotheke.
FRAU KNÖDEL:
Haben Sie auch schon gehört, dass an der Ecke Römerwall und Lichweg eine neue Apotheke eröffnet wird? Dann haben wir zehn Apotheken in unserer Stadt. Ist doch wahnsinnig viel.
FRAU MÖLLICH:
Meine Mutter schwört auf Wadenwickel.
FRAU KNÖDEL:
Da sagen Sie was! Wollte ich meinem Mann auch machen. Wadenwickel. Es endete damit, dass das ganze Bett nass war.
FRAU MÖLLICH:
Kann man nur froh sein, wenn die Kinder keine Bettnässer sind. Muss ja furchtbar sein. Bei meiner Tante wohnte nebenan eine Frau, deren Kind bis zum achten Lebensjahr ins Bett gemacht hat. Die Tante wohnt in Heidelberg.
FRAU KNÖDEL:
Wo Sie’s sagen, jetzt ist übrigens Heidelbeerzeit ...
    Das Gespräch geht endlos so weiter. Markant ist, dass die beiden immer wieder einen Aspekt aufgreifen, um ihn als Hölzchen für ihr Stöckchen zu benutzen. Der Gesprächseröffnungsfehler von Frau Knödel ist, dass sie gar nicht wirklich interessiert, was Frau Möllich zu kochen gedenkt. Sie fragt nur, um etwas zu sagen. Jedweder Kontakt wird bereits im Keim erstickt. Es zeigt sich:
    Nur wenn wir Kontakt zu uns selbst haben, ist eine Landefläche für den anderen bei uns vorhanden. Kontakt zu uns können wir immer nur jetzt haben.
    Udo und Ina – Klappe, die erste
    Betrachten wir einen Verhakelungshit schlimmster Sorte. Udo und Ina, ein Liebespaar, sitzen in einem Straßencafé. Ina hatte vor zwei Stunden ein gutes und wichtiges Gespräch mit ihrer Professorin. Sie erinnert sich gerade an eine einfühlsame und witzige Bemerkung, die diese gemacht hatte. Ina lacht unvermittelt auf. Udo missdeutet ihr Lachen und bezieht es auf sich.
    UDO:
Auslachen kann ich mich auch selber, dazu brauch ich nicht mit dir im Café zu sitzen. Am liebsten würde ich jetzt weggehen.
INA
(fällt aus allen Wolken, weil ihr nichts ferner liegt, als den Geliebten auszulachen. Daher ihre Erklärung) : Ich habe dich doch nicht ausgelacht, sondern mich nur an eine witzige Bemerkung meiner Professorin erinnert.
UDO:
Du nimmst mich einfach nicht wahr! Sitzt hier und denkst an deine Professorin.
INA:
Aber du nimmst mich wahr, wenn du noch nicht mal zwischen Auslachen und Erinnerungsauflachen unterscheiden
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