Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI
Autoren: Thor Heyerdahl
Vom Netzwerk:
Untersuchung, so wird man entdecken, daß es nicht allzu viele Jahrhunderte her sein kann, daß sie an Land gingen. Denn obwohl die Polynesier über eine Meeresfläche verteilt leben, viermal so groß wie ganz Europa, so sind sie doch nicht so weit, wirklich verschiedene Sprachen auf den verschiedenen Inseln entwickelt zu haben. Von Hawaii im Norden nach Neuseeland im Süden, von Samoa im Westen zur Osterinsel im Osten sind es Tausende von Seemeilen, und trotzdem sprechen diese isolierten Stämme Dialekte einer Sprache, die wir Polynesisch nennen. Die Schrift ist auf all diesen Inseln unbekannt mit Ausnahme einiger Holzplatten mit unentzifferbaren Hieroglyphen, die die Eingeborenen auf der Osterinsel aufbewahrten, ohne daß sie selbst oder irgendein anderer sie lesen konnten. Aber Schulen hatten sie, und ein poetischer Geschichtsunterricht war ihr wichtigstes Fach, denn in Polynesien war Geschichte dasselbe wie Religion. Sie verehrten ihre Ahnen und pflegten die Erinnerung an die toten Häuptlinge bis in die fernen Zeiten Tikis, von dem sie zu berichten wußten, er sei der Sohn der Sonne gewesen.
    Auf fast jeder einzelnen Insel konnten gelehrte Männer die Namen aller Häuptlinge auswendig bis zurück in die Zeit, in der die Eilande besiedelt wurden. Als Erinnerungshilfe verwendeten sie dabei oft ein verwickeltes System von verzweigten Knotenschnüren gleich dem, das die Inka-Indianer in Peru gebrauchten. Moderne Forscher haben alle diese lokalen Genealogien der verschiedenen Inseln verglichen und dabei herausgefunden, daß sie untereinander verblüffend genau übereinstimmen, sowohl in den Namen wie in der Anzahl der Generationen. Daraus konnte man errechnen, daß die Südseeinseln, wenn man eine durchschnittliche polynesische Generation von fünfundzwanzig Jahren annimmt, nicht vor etwa 500 n. Chr. bevölkert wurden. Eine neue Kulturwelle mit wieder einer neuen Häuptlingsreihe deutet auf eine andere und noch spätere Einwanderung, die dieselben Inseln erst um 1100 n. Chr. erreicht haben kann.
    Aber woher konnte diese späte Einwanderungswelle kommen? Die wenigsten Forscher scheinen den entscheidenden Faktor in Betracht gezogen zu haben, daß es ein rein steinzeitliches Volk war, das die Inseln in so später Zeit erreichte. Trotz Intelligenz und erstaunlich hoher Kultur in allen anderen Bereichen brachten diese Seefahrer eine bestimmte Art von Steinbeilen mit sich und eine Reihe anderer charakteristischer steinzeitlicher Geräte, die sich auf den Inseln verbreiteten. Wir dürfen nicht vergessen, daß es, abgesehen von dem primitiven, isolierten Volk der Urwälder und gewissen tiefstehenden Stämmen, keine fortpflanzungsfähige Kultur in der Welt gab, die sich noch um 500 oder 1100 n. Chr. im Steinzeitalter befand, außer denen in der Neuen Welt. Dort war selbst den höchsten Indianerkulturen der Gebrauch des Eisens völlig unbekannt. Sie verwendeten Steinäxte und - Geräte derselben Typen, die auch auf den Südseeinseln bis zur Zeit der Entdeckung in Gebrauch waren.
    Diese zahlreichen Indianerkulturen waren die nächsten Verwandten der Polynesier im Osten. Im Westen wohnten nur Australiens oder Melanesiens dunkelhäutige und primitive Naturvölker, entfernte Verwandte der Neger, und dahinter lagen wieder Indonesien und Asiens Küste, wo die Steinzeit weiter zurückliegt als vielleicht irgendwo anders in der Welt.
    So richteten sich meine Aufmerksamkeit und meine Vermutungen immer mehr fort von der Alten Welt, wo schon so viele gesucht und noch keiner gefunden hatte, hinüber auf Amerikas bekannte und unbekannte Indianerkulturen, die bisher keiner in Erwägung gezogen hatte. Und gerade auf der nächsten Küste, genau ostwärts, wo die südamerikanische Republik Peru sich heute vom Stillen Ozean in die Berge hinauf erstreckt, fehlte es nicht an Spuren, wenn einer nur suchen wollte. Hier hat einmal ein unbekanntes Volk gelebt und eine der seltsamsten Kulturen der Welt begründet, bis es plötzlich in der Vorzeit wieder verschwand, wie vom Erdboden verschluckt. Es hinterließ ungeheure, menschenähnliche Steinstatuen, die an die von Pitcairn, Marquesas und von der Osterinsel erinnern, und mächtige Stufenpyramiden, die denen auf Tahiti und Samoa entsprechen. Steinblöcke, so groß wie Eisenbahnwagen, meißelten diese Menschen mit Steinbeilen aus dem Berg und transportierten sie meilenweit durch die Gegend, stellten sie auf oder schichteten sie übereinander, um Tore, Zyklopenmauern und Terrassen zu bauen gleich denen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher