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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI
Autoren: Thor Heyerdahl
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Häuptlingsgestalt.
    »Du kommst spät«, lächelte er, »aber du kommst gut. Dein Pae-pae hat in Wahrheit blauen Himmel (terai mateata) nach Tahiti gebracht. Denn jetzt wissen wir, woher unsere Vorväter kamen.«
    Es gab einen Empfang beim Gouverneur und ein Fest im Rathaus, und es regnete Einladungen von allen Ecken der gastfreien Insel.
    Draußen in den bekannten Gegenden im Papeno-Tal beim Häuptling Teriieroo gab es ein großes Fest wie in guten alten Tagen, und, da Raroia nicht Tahiti war, gab es eine neue Taufe mit tahitischen Häuptlingsnamen für die, die noch keine hatten.
    Es waren sorglose Tage unter Sonne und treibenden Wolken. Wir badeten in der Lagune, wir kletterten in die Berge und tanzten Hula auf den Wiesen unter den Palmen. Die Tage vergingen und wurden zu Wochen. Die Wochen wollten vergehen und zu Monaten werden, bevor ein Schiff kam, das uns nach Hause an die Pflichten führen konnte, die auf uns warteten.
    Da kam eine Meldung aus Norwegen, daß Lars Christensen den 4000-Tonner »Thor« von Samoa nach Tahiti beordert hatte, um die Expedition aufzusammeln und wieder mit nach Amerika zu bringen.
    Eines schönen Morgens glitt der große norwegische Dampfer in den Hafen von Papeete, und »Kon-Tiki« wurde von einem französischen Marineschiff hinaus an die Seite seines großen Landsmannes geschleppt, der einen Riesenarm aus Stahl herausschwang und seinen kleinen Verwandten an Deck hob. Kräftige Sirenenstöße heulten über die Palmeninsel. Braune und Weiße füllten Papeetes Steinkai und wälzten sich an Bord mit Abschiedsgeschenken und Blumenkränzen. Wir standen an der Reling und streckten den Hals wie Giraffen, um das Kinn aus der ständig wachsenden Blumenbürde herauszubekommen.
    »Wünscht ihr euch zurück nach Tahiti«, rief der Häuptling Teriieroo, als die Sirene zum letztenmal zur Insel hinübertönte, »so müßt ihr einen Blumenkranz in die Lagune werfen, wenn das Schiff abfährt!«
    Die Trossen wurden gelöst, die Maschine lärmte und die Schraube peitschte das Wasser grün, während wir langsam seitlich vom Kai glitten.
    Bald verschwanden die roten Dächer hinter den Palmen, und die Palmen wurden von blauen Bergen verschluckt, die wie Schatten im Stillen Ozean versanken. Die Wogen brausten auf dem blauen Meer. Jetzt reichten wir nicht mehr zu ihnen hinunter. Weiße Passatwolken zogen über den blauen Himmel. Wir fuhren nicht mehr dieselbe Straße. Jetzt durchschnitten wir brutal die Natur, wir waren unterwegs ins zwanzigste Jahrhundert, das so weit, weit fort lag.
    Aber wir lebten, und drinnen in der Lagune von Tahiti lagen sechs weiße Blumenkränze und tanzten auf und nieder mit den kleinen Wellen, die an den Strand schlugen.

Ullstein Taschenbuchverlag 2000

Der Ullstein Taschenbuchverlag ist ein Unternehmen der Econ Ullstein List Verlag GmbH & Co. KG, München Ungekürzte Ausgabe, erweitert um ein Vorwort (1985)
16. Auflage
© 2000 by Econ Ullstein List Verlag GmbH & Co. KG, München 
© 1949 by Verlag Ullstein GmbH. Frankfurt - Berlin Übersetzung: Karl Jettmar Umschlagkonzept: Lohmüller Werbeagentur GmbH & Co. KG, Berlin
Umschlaggestaltung: Christof Berndt & Simone Fischer, Berlin
Titelabbildung: dpa
    Druck und Bindearbeiten: Ebner Ulm

Printed in Germany

ISBN 3-548-36261-3
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