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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI
Autoren: Thor Heyerdahl
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Stoßzähne, Kriegstrommeln und Spieße, Indianerteppiche, Götterbilder und Schiffsmodelle, Flaggen, Fotografien und Karten umgeben die Mitglieder des Klubs von allen Seiten, wenn sie sich hier zum Fest oder zum Vortrag über ferne Länder vereinigen.
    Seit meiner Reise nach den Marquesas-Inseln war ich zum aktiven Mitglied des Klubs gewählt worden, und als Fuchs versäumte ich selten eine Versammlung, wenn ich in der Stadt war. Als ich deshalb an einem regenschweren Novemberabend den Klub betrat, war ich trotzdem erstaunt, das Lokal in einer ganz anderen Verfassung als gewöhnlich vorzufinden. Mitten auf dem Boden lag ein aufgeblasenes Gummifloß mit Rettungsbootrationen und Zubehör, während Fallschirm, Gummikleidung, Rettungswesten und Polarausrüstungen Wände und Tische bedeckten. Daneben lagen Wasserdestillationsapparate und andere bemerkenswerte Erfindungen. Ein neugewähltes Mitglied des Klubs, Oberst Huskin vom Ausrüstungskommando der Luftwaffe, wollte einen Vortrag mit Vorführungen über eine ganze Reihe von neuen militärischen Erfindungen halten, die seiner Meinung nach in Zukunft auch für wissenschaftliche Expeditionen in der Arktis wie in den Tropen von Nutzen sein konnten.
    Nach dem Vortrag gab es eine lebhafte und rege Diskussion. Dänemarks allbekannter Polarforscher Peter Freuchen erhob sich, groß und breit, und fuhr sich skeptisch durch den mächtigen Bart. Er hatte kein Zutrauen zu solchen neumodischen Patenten. Er hatte selbst einmal Eskimokajak und Schneehütte mit Gummiboot und Taschenzelt auf einer seiner Grönlandexpeditionen vertauscht, aber das hätte ihm auch um ein Haar das Leben gekostet. Zuerst wäre er fast in einem Schneesturm erfroren, weil der Gleitverschluß des Zeltes so stark vereist war, daß es unmöglich war, hineinzukommen, und später war er auf Fischfang gewesen, als der Haken sich in dem aufgeblasenen Gummiboot verfing, so daß dieses ein Loch bekam und ihm wie ein Stein unter den Füßen wegsackte. Kaum konnte er sich und seinen Eskimofreund in ein Kajak hinüberretten, das ihm zu Hilfe eilte. Seitdem war er davon überzeugt, daß kein noch so phantasievoller moderner Erfinder durch Laboratoriumsversuche etwas Besseres austüfteln könnte, als die Erfahrung von Jahrtausenden die Eskimos gelehrt hatte, in der ihnen vertrauten Umgebung zu verwenden.
    Die Debatte endete mit einem überraschenden Angebot Oberst Huskins: aktive Mitglieder des Klubs konnten für ihre nächste Expedition alles, was sie sich nur wünschten, von den neuen Erfindungen, die er gerade demonstriert hatte, aussuchen unter einer einzigen Bedingung, nämlich dem Laboratorium ihre Erfahrungen mitzuteilen, wenn sie zurückkehrten.
    Und dabei blieb es.
    Ich war der letzte, der an diesem Abend die Klubräume verließ. Ich mußte jedes kleinste Detail in der glänzenden neuen Ausrüstung studieren, die plötzlich in meine Hände gelegt war und mir zur Verfügung stand, wenn ich nur den Wunsch äußerte, sie zu verwenden. Es war genau das, was ich suchte: eine Ausrüstung für den Versuch, das Leben zu retten, wenn sich das Floß wider alle Erwartungen auflösen sollte und wir keine anderen Flöße in der Nähe hätten.
    Am nächsten Morgen beim Frühstückstisch im Seemannsheim beschäftigte diese ganze Ausrüstung noch immer meine Gedanken, als ein gutgekleideter, athletisch gebauter junger Mann sich mit seinem Frühstückstablett zu mir setzte. Wir kamen ins Gespräch, und es zeigte sich, daß er genauso wenig Seeman war wie ich, sondern ein Diplomingenieur aus Trondheim, der hier in Amerika Maschinenteile kaufen und Erfahrung in Kältetechnik erwerben wollte. Er wohnte in der Nähe und aß oft im Seemannsheim, dessen gute norwegische Küche er schätzte. Er fragte mich, was ich treibe, und ich berichtete ihm in kurzen Zügen meine Pläne. Ich erwähnte, daß ich, wenn ich bis Ende dieser Woche keine posititive Antwort in bezug auf mein Manuskript bekäme, alles daransetzen würde, um die Floßexpedition in Gang zu bringen.
    Darauf sagte mein Gegenüber nicht viel, aber er hörte interessiert zu.
    Vier Tage später stießen wir wieder im Speisesaal zusammen.
    »Hast du dich schon entschlossen, ob du die Tour unternimmst oder nicht?« fragte er.
    »Ja«, sagte ich, »es geht los.«
    »Wann?«
    »So bald als möglich. Wenn ich mir Zeit lasse, dann kommen die Stürme herauf über die Südsee, und die Zeit der Orkane um die Inseln ist da. Man muß also Peru in wenigen Monaten verlassen, aber vorher
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