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Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha
Autoren: Su Turhan
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Grün mit dem Preis auszuzeichnen, gerade gelegen. Sie war hübsch, jung und arbeitete in der Bierindustrie.
    Mit einem strahlenden Lächeln betrat Jessica die Bühne und bedankte sich mit einem Knicks für die ehrenvolle Auszeichnung. Sie nahm den Bierpokal entgegen und prostete den Zuschauern zu. Ein Meer aus Degustationsgläsern schnellte in die Höhe. Etwas zu hastig führte sie den Glaspokal an den Mund. Die goldgelbe Flüssigkeit schwappte über ihre ferrarirot geschminkten Lippen. Schaum quoll über die Mundwinkel. Der Ausschnitt, der ihre weiße Haut vortrefflich zur Geltung brachte, erlaubte dem Bierrinnsal, den Weg zwischen ihren Brüsten bis zum Bauchnabel hinabzulaufen. Jessica kicherte, um diese Peinlichkeit zu überspielen, aber auch, weil es auf ihrer Haut kribbelte. Schließlich fasste sie sich ein Herz und wischte mit der blanken Hand den Schaum von den Brustansätzen und vom Mund. Dann riss sie den Pokal ein weiteres Mal in die Höhe. Das Publikum klatschte über die unerwartete Einlage begeistert Beifall. Viele unter ihnen fanden sich in ihrer Meinung bestätigt: Bier und Erotik gehörten zusammen wie das Starkbier zur Fastenzeit.
    Jessica hatte zu dem Zeitpunkt Hannes Junghans längst entdeckt. Sie zielte mit dem Pokal auf ihn und dankte ihm ebenfalls mit einem Knicks. Er war es gewesen, der sie bei der Jury ins Spiel gebracht hatte.
    Hannes Junghans hatte sich für den Abend schick gemacht. Er trug den dunkelgrauen Anzug, den er seinem Vater abgeschwatzt hatte. Ein besonders elegantes und gut erhaltenes Exemplar aus den sechziger Jahren. Die passende Krawatte hatte er mit etwas Glück auf einem Flohmarkt erstanden. Sein akkurater Haarschnitt folgte einer Fotovorlage. Paul Newman war sein Idol. Morgens half er mit Pomade nach, damit der Seitenscheitel hielt. Lediglich das Einsetzen der hellblauen Kontaktlinsen bereitete ihm noch Schwierigkeiten. Doch es lohnte sich, fand er, wenn er im Spiegel sein strahlendes Gesicht erblickte. Ein Lausbub von dreiunddreißig Jahren. Mit der Kündigung als Braumeister bei einer der großen Münchner Brauereien hatte Junghans auch Image und Aussehen verändert. Seitdem fühlte er sich wie ein neuer Mensch. Frei und voller Visionen. Seine neugegründete Agentur bot ein umfangreiches Portfolio an Dienstleistungen an, die im weitesten Sinne um die Vermarktung von Bier kreisten. Ohne ihn hätten die Veranstalter des Bierfestivals den Saal in der alten Messe niemals bekommen. Er kannte in München ziemlich jeden aus der Branche. Und man kannte ihn, den Sohn des Hopfenbauers Florian Junghans, der mit gewässertem Bier statt mit Muttermilch großgezogen worden war – die Anekdote erzählte er gerne bei Kundengesprächen, auch wenn sie nicht stimmte.
    Hannes beobachtete fasziniert die Frau, der er vor einer Woche den Laufpass gegeben hatte. Dabei paffte er an einer Elektrozigarette, die er aus Stilgründen im Mundwinkel hielt, nicht, weil er Raucher war. Wie er deutlich sehen konnte, trug Jessica den marineblauen Büstenhalter, den er ihr geschenkt hatte. Hannes spürte beinahe körperlich, wie seine Hände unter den Büstenhalter glitten und Jessicas Brüste liebkosten. Noch vor einer Woche hatte er mit ihr geschlafen und Pläne für eine gemeinsame Zukunft geschmiedet. Sein neues Image als Werber und Marketingexperte war ihr zwar nicht geheuer gewesen, trotzdem akzeptierte sie ihn so, wie er sein wollte. Sie liebte ihn. Er dagegen beendete seine Heuchelei, ihre Liebe zu erwidern, in dem Moment, als er Karin Zeil begegnete.
    Er prostete mit ausladender Geste Jessica zu. Danach zog er sein Handy aus der edlen Schutzhülle und hielt es hoch, um ihr aus der Entfernung anzudeuten, dass er ihr eine Nachricht zuschicken wollte.
    Jessica spürte, wie ihre Beine weich wurden. Die frisch gekürte »Biertrinkerin des Jahres« bestätigte mit einem unmerklichen Nicken, verstanden zu haben. Dann beugte sie ihren Oberkörper vor, damit man ihr die Goldmedaille umhängen konnte.
    Nach der Zeremonie machte sich Pius Leipold auf den Weg zu seiner Stammwirtschaft. Er hatte unbändige Lust auf eine Schlafhalbe; das eine letzte Bier, das ihm das Einschlafen versüßen würde.
    In der Halle ertrug Jessica die Umarmung der beiden Veranstalter, die das Blitzlichtgewitter der Pressefotografen genossen. Sie hatten bei ausgewählten Journalisten einige Partyfässer Bier springen lassen, um ihre Anwesenheit und anschließenden Artikel sicherzustellen. Mit gespielter Geduld erfüllte Jessica
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