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Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha
Autoren: Su Turhan
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mochte.
    5
    »Ich habe heute Abend was vor,
baba.
Tut mir leid«, antwortete Özlem am Telefon.
    Zeki hatte sich bei seiner Tochter gemeldet, um sie zum Fastenbrechen zu überreden. Sie wohnte in der Nähe, und er hatte keine Lust, allein in einem Lokal essen zu gehen. Der Tisch in seiner Küche war gedeckt. Oliven, Schafskäse und Weißbrot natürlich.
Sucuk
war klein geschnitten, um später in der Pfanne angebraten zu werden. Zwei Liter Wasser warteten darauf, getrunken zu werden. Zekis Gedanken waren die vergangene halbe Stunde um nichts anders als um seinen Durst gekreist.
    »Kein Problem, mein Kind«, antwortete er mit gespielter Beiläufigkeit. »Weißt du, was Aydin und Jale machen?«
    »Ja«, antwortete sie mit einem tiefen Seufzer. »Ich treffe sie um halb zehn am Königsplatz.«
    Zeki fiel es nicht schwer, aus ihrer Stimme herauszuhören, dass sie versuchte, ihm etwas zu verheimlichen, und beschloss, neugierig zu sein. Schließlich war er ihr Vater.
    »Open Air?«
    »Eine Hollywood-Schmonzette. Gefällt dir bestimmt nicht«, setzte Özlem schnell nach. Natürlich zeigte Zeki Verständnis dafür, dass seine neunzehn Jahre alten Zwillingskinder nicht unbedingt darauf versessen waren, ihn mitzunehmen. Um aber seinem Ruf als eigenbrötlerischem Zeitgenossen gerecht zu werden, schwieg er bedeutsam.
    »Da gibt es Bier vom Fass, die Verlockung wäre zu groß«, wandte Özlem schließlich ein.
    Zeki hüstelte, um zu überspielen, wie die unerwartete Anmerkung ihn erschreckte.
    »Danke für dein Mitgefühl, geliebte Tochter! Sag den zweien, sie sollen leise sein, wenn sie nach Hause kommen. Viel Spaß bei dem Film.«
    Kaum hatte er aufgelegt, läutete sein Diensthandy im Flur. Auf dem Weg dorthin blickte er auf die Küchenuhr, Viertel vor neun – sechs Minuten noch bis zum Fastenbrechen. Entnervt zog er das Handy aus dem Sakko. Auf dem Display blinkte Jales Büronummer auf.
    »Jale, was gibt es? Es ist spät«, brummte er in den Apparat.
    »Ging nicht schneller.«
    »Und?«
    »Auf dem Überwachungsvideo war nichts. Ich habe über den Brauereiverband erfahren, dass es in Deutschland rund eintausendsechshundert Brauereien gibt. Raten Sie mal, wie viele es allein in Bayern gibt.«
    »Ich habe keine Lust zu raten, Jale«, unterbrach Zeki und legte die Hand auf den Bauch, um das Knurren abzudämpfen.
    »Knapp sechshundertdreißig! Ich habe allen, die mit einem B anfangen, eine Anfrage per Mail geschickt. Habe bisher erst zwei negative Antworten. Ist ja schon spät.«
    »Gut.«
    »Sonst noch was?«
    »Viel Spaß beim Open Air.«
    Zeki hatte in einem eindringlichen Gespräch mit Jale die Regel aufgestellt, Berufliches und Privates nicht zu vermischen. Was schwer genug war, da man ja zusammenwohnte. Aus dem Grund wunderte er sich nicht, dass seine Kollegin und Freundin seines Sohnes wegen der persönlichen Bemerkung einen Moment brauchte, um sich zu sammeln. »Danke … Ich koche morgen, okay?«, antwortete sie etwas irritiert.
    »Wie wäre es mit
Dolma?
«, erwiderte er versöhnlich.
    »Gefüllte Weinblätter kriege ich nicht so gut hin.«
    »Lass dir von Aydin helfen. Er hat das Rezept von seiner Mutter. Das schafft ihr schon«, schloss Zeki kategorisch und legte auf.
    Dann machte er sich auf die Minute genau daran, den Fastentag zu brechen. Der saftige Geschmack der grünen Olive, die er nach dem obligatorischen Gebet in den Mund steckte, raubte ihm fast den Verstand. Die wohltuende Wirkung des Münchner Leitungswassers verglich er tatsächlich mit dem erfrischenden Prickeln eines frisch gezapften Weißbieres.
    6
    Pius Leipold starrte in sein Glas. Es war schon wieder leer. Mit Informationsbroschüren in der Stofftasche einer fränkischen Kellerbrauerei schlenderte er quer durch die Halle. Die Veranstalter des Bierfestivals hatten sich alle Mühe gemacht, den Saal in der alten Messe an der Theresienhöhe hochwertig umzugestalten. Tunlichst hatten sie darauf geachtet, Oktoberfestambiente zu vermeiden, um dem Sauf-Image des Volksgetränkes entgegenzuwirken. Leipold erreichte den Austauschtisch. In ordentlichen Dreierreihen standen Degustationsgläser mit 0 , 1  Liter Fassungsvermögen bereit. Aussehen und Geschmack der Biere sollten neutral und unverfälscht beurteilt werden: Wie waren Farbe und Trübung des Gerstensaftes? Welche Eigenschaften hatte der Schaum? Waren Porengröße und Haftvermögen ausreichend? Wie entfaltete sich der Geschmack? Sortentypisch? Wie äußerte sich die Intensität des Hopfens? Typgerecht?
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