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Kommissar Morry - Die Woelfe

Kommissar Morry - Die Woelfe

Titel: Kommissar Morry - Die Woelfe
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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lange Tafel in Hufeisenform. Er sah prächtige Teppiche und kostbare Perserbrücken. Auf einer dieser Brücken lag ein Mann mit merkwürdig steifen, abgespreizten Händen und blutleerem, eingesunkenem Gesicht. Die Augen stierten gebrochen zu ihm her. Aus einer klaffenden Schädelwunde rann zähes, dunkles Blut.
    Sidney Romer taumelte entsetzt von der Tür zurück. Sein Hirn war im Moment nicht imstande, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Er dachte nicht daran, auf die Glocke des Lifts zu drücken. Er übersah auch das Telephon, das unmittelbar neben ihm auf einem Klapptisch stand. Wie von Furien gehetzt, stürmte er die Treppe hinunter. Atemlos kam er in der Halle an. Keuchend rannte er am Empfangsschalter vorüber.
    „Hallo, Sir!“, rief ihm der Nachtportier erschrocken nach. „Wohin wollen Sie denn? Kann ich Ihnen einen Gang abnehmen? Warten Sie doch!“
    Sidney Romer hörte nicht auf ihn. Vor seinen Augen lagen dunkle Schleier, genauso wie einst, als ihn ein brutaler Hieb fast um den Verstand gebracht hatte. Er wußte kaum noch, was er tat. Wie ein Irrer lief er die Straße entlang. Er hielt nicht eher an, bis er das Polizeirevier am Chelsea Embankment erreicht hatte. Schweißüberströmt und mit pfeifendem Atem taumelte er über die Schwelle der Wachstube. In seinen dunklen Augen tanzten unstete Lichter. Sein Gesicht war weiß und verzerrt.
    „Kommen Sie“, redete er mit wirren Worten auf den Wachhabenden ein. „Begleiten Sie mich sofort ins Hotel Astoria. Es ist ein Mord geschehen. Ich habe . . .“
    „Wer sind Sie denn überhaupt?“, fragte der Polizeisergeant stirnrunzelnd.
    „Ich bin Sidney Romer, der Besitzer dieses Hotels. Sie dürfen keine Zeit verlieren, Sergeant! Wer weiß, was noch alles geschieht, wenn Sie nicht sofort . . .“
    Der Wachhabende stand behäbig auf und stülpte sich einen Helm auf den Kopf. Dann ging er in den Nebenraum hinaus und beorderte einen Konstabler zur Ablösung in die Wachstube. Nun endlich konnte es losgehen. Er schloß sich schweigsam Sidney Romer an. Dicht nebeneinander gingen sie auf das Hotel am Kings Walk zu. Hell strahlten die blauen Neonröhren in die Nacht. Auch der Eingang war beinahe festlich erleuchtet.
    „Machen Sie etwas rascher“, drängte Sidney Romer ungeduldig.
    „Ich werde noch verrückt, wenn ich nicht bald Klarheit habe. Ich muß wissen, wer der Tote ist, der da oben . . .“
    „Wir wollen es abwarten“, sagte der Polizeisergeant einsilbig.
    „Vielleicht ist alles nur blinder Alarm.“
    Sie hatten kaum die Halle betreten, da stürmte auch schon der Nachtportier erregt hinter seinem Schalter hervor.
    „Was soll denn das alles bedeuten, Sir?“, fragte er mit weit aufgerissenen Augen. „Warum rufen Sie denn die Polizei ins Hotel? Ist etwas geschehen?“
    „Ein Mord“, murmelte Sidney Römer dumpf. „Kommen Sie mit nach oben! Schließen Sie den Lift auf!“
    Alle drei traten sie in die polierte Kabine ein. Mit leisem Summen hob sich der Aufzug. Im vierten Stock befahl Sidney Romer dem Portier, sofort anzuhalten.
    „Hier?“, fragte der biedere Mann verblüfft. „Hier soll ein Mord geschehen sein, Sir? Aber das ist doch unmöglich. Von den Klubmitgliedern war doch heute gar niemand im Haus. Die Herren kommen erst am Freitag wieder zusammen . . .“
    „Was ist denn nun eigentlich?“, brummte der Sergeant mürrisch.
    „Gehen Sie doch endlich voraus, Sir! Zeigen Sie uns den Raum, in dem Sie einen Toten gesehen haben wollen.“
    Sidney Romer setzte sich schweigsam an die Spitze der kleinen Gruppe. Ungläubig starrte er auf die Tür, die den Korridor zur Rechten abschloß. Vorhin hatte sie weit offen gestanden. Jetzt war sie geschlossen. Dabei hätte er beschwören können, daß er die Tür überhaupt nicht berührt hatte.
    „Warum zögern Sie denn so lange? Gehen Sie doch weiter“, knurrte der Sergeant verdrossen.
    Sidney Romer nahm sich ein Herz. Mit raschen Schritten ging er den roten Plüschläufer entlang. Er legte die Hand auf die Klinke. Zaudernd drückte er sie nieder. Die Tür öffnete sich. Der vierzigflammige Kerzenlüster erstrahlte noch immer in feierlichem Glanz. Hell fiel sein Licht auf die kostbaren Teppiche und Perserbrücken nieder. Von einem Toten war nichts zu sehen. Es war überhaupt kein Mensch in dem weiten Raum. Leer gähnten ihnen die vielen Stühle und die lange Tafel entgegen. Der Sergeant trat mit gerunzelten Brauen über die Schwelle. Seine Blicke schweiften forschend durch den düster getäfelten
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