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Kommissar Morry - Die Todesstrasse

Kommissar Morry - Die Todesstrasse

Titel: Kommissar Morry - Die Todesstrasse
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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aber wurde er hin und wieder zum Beispiel mit dem Namen: „Daniel Mc Lacoln" angeredet. Ob nun dieser Daniel Mc Lacoln wirklich einmal ein Professor gewesen war oder nicht, ob er ein Philosoph war oder nicht, das spielte für die raubeinigen kleinen und für die großen Gangster im Hafengebiet keine große Rolle. Die Legende, die sich um diesen alten Mann gebildet hatte, hatte ihn für alle Zeit und für alle diese Menschen ,tabu' werden lassen. Selbst die größten Schreier dämpften ihre Stimme, wenn sie durch irgendeinen Umstand mit diesem Alten ins Gespräch kamen. ,Der Philosoph' war überall und nirgends zu Hause. Er tauchte mal in einer der dunklen Kaschemmen oder auch mitten in einer geheimen Sitzung von Gaunern auf. Jedesmal aber wurde er in den Kreis aufgenommen, als gehöre er dazu. Bevor er den ihm spendierten dritten Schnaps in sich hineingeschüttet hatte, waren seine Ratschläge brauchbar und durchdacht. Dann aber pflegte der Alkohol seine Sinne so zu betäuben, daß er keine klaren Gedanken mehr fassen konnte. Meistens nickte er dann dort ein, wo er im Augenblick saß. Stunden danach wußte er nicht mehr, wie und über welche Fragen er sich mit den Burschen unterhalten hatte. Sie waren oft auch schon lange nicht mehr in dem Raum.
    Seine Lungen brauchten nach einer derartigen Sitzung frische Luft, und zu jeder Tages und Nachtzeit lief er aus Gewohnheit stundenlang durch die Straßen, Gassen und dunklen Winkel der Stadt. Wenn ihn dann seine Beine nicht mehr tragen wollten, bettete er sich eben dort zur Ruhe, wo er sich gerade aufhielt. Richtiger: Er suchte sich irgendeinen Unterschlupf, in dem sein ausgemergelter Körper nicht zu sehr den Witterungseinflüssen ausgesetzt war. Da die Herbstnächte auf der Insel bereits empfindlich kühl geworden waren, mußte sein Nachtlager ein einigermaßen dichtes Dach haben. Auch in jener Nacht, die die letzte für den kleinen Gauner Irving Jorday geworden war, befand sich ,Der Philosoph' wieder einmal auf einer dieser ziellosen Wanderungen durch das Hafengebiet. Woher er gekommen war, und wo er sich im Augenblick befand, das wußte ,der Philosoph' nicht genau.
    Die Kühle der Nacht hatte allen Nebel aus seinem Hirn verscheucht; sein Denkvermögen war wieder intakt, aber er fühlte sich hundemüde. Noch einige Schritte stolperte er durch die finstere Gegend. Plötzlich stand, wie aus der Erde gewachsen, ein finsterer Bau vor ihm. ,Der Philosoph' hatte nur noch den einen Gedanken, sich hier in diesem düsteren Hause auszustrecken und den neuen Tag abzuwarten. Mühsam tastete er sich bis zu der Tür dieses Hauses vor, überstieg danach einige in dem dunklen Gang liegenden Mauerreste und fühlte mit seiner rechten Hand einen Treppenaufgang. Fast kriechend gelangte er in die oberste Etage dieses stark verfallenen Hauses. Sein Blick streifte prüfend zur Zimmerdecke. Befriedigt nickte er, als er feststellte, daß sein Blick nach oben durch die über ihm befindliche Zimmerdecke offenbar dicht versperrt war. Schon im nächsten Augenblick rollte sich ,Der Philosoph' in seinem neuen Unterschlupf wie ein Igel zusammen. Sekunden danach zeigten regelmäßige Atemzüge an, daß er mit seinem harten Lager vollkommen zufrieden war und den Schlaf des Gerechten schlief.
    Doch seine Ruhe sollte nicht von langer Dauer sein. In welches Wespennest er hier hineingeraten war, sollte er freilich erst in den folgenden Tagen erkennen. Sein Unterschlupf für diese Nacht, das düstere Haus, in dessen oberster Etage er sich befand, lag in der ,Silver Walk', der Straße, die schon so bald zur ,Straße des Todes' werden sollte. Doch von all dem ahnte der ,Philosoph1 zur Stunde nicht das geringste. Auch dann noch nicht, als er durch ein Geräusch, das unten im dunklen Gang des Hauses entstanden war, aufgeweckt wurde. Als dann das Geräusch schleichender Schritte zu ihm herauf klang, glaubte er zunächst, einen Schlafgefährten für die Nacht zu bekommen. Schon gedachte er, den Ankömmling zu sich in seinen Raum zu bitten, als auf dem Gang direkt vor der türlosen Öffnung seiner Unterkunft ein durch Hände abgeschirmtes Licht aufflammte.
    Eine dunkle Gestalt huschte über die morschen Dielen des Raumes, sie strebte, ohne die liegende Gestalt des Philosophen' zu erkennen, zu dem an der Längsseite befindlichen alten Kamin und machte sich dort zu schaffen. Atemlos verfolgte der ,Philosoph' das seltsame Gehabe des keineswegs wie ein Slumrobber aussehenden Mannes. Genauso schnell wie der Spuk gekommen
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