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Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin

Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin

Titel: Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
Autoren: Bodil Mårtensson
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Umhängetasche zur Welt gekommen.
    Ehe sie ging, beharrte er noch einmal auf seinem Privileg als staatlicher Beamter und hielt ihr die Hand zum Abschied hin.
    Noch lange, nachdem sie das Präsidium verlassen hatte, konnte er den Druck ihrer langen und schmalen Finger in seiner Hand spüren.
     
    Es kostete die Spurensicherung drei ganze Arbeitstage, den Abschlussbericht zu schreiben, obwohl die Sache »rot«, also als dringlich eingestuft war!
    »Dann komm halt verdammt noch mal selbst her und sieh dir alles an!« Anderberg von der Spurensicherung war sauer.
    Er war sauer, weil Joakim ihn immer wieder anrief und zur Eile anhielt, als glaubte er, sie würden alle dasitzen und ein Nickerchen halten!
    »Wir ertrinken hier in Proben, Analysen und Computerausdrucken«, fuhr er fort. »Wir haben alles stehen und liegen lassen, um uns mit deinem Fall zu befassen!«
    Hill sah ein, dass es an der Zeit war, seinen erbosten Kollegen zu besänftigen.
    »Ich weiß«, versicherte er, »und ich bin auch wirklich sehr dankbar dafür. Aber ich brauche was, womit ich weitermachen kann. Irgendeine Spur, weißt du.«
    »Es gibt nichts.«
    Anderbergs Stimme klang wie teurer, alter Champagner. Trocken und schnell verperlt.
    »Überhaupt nichts?«
    »Nein, jedenfalls keine Spuren. Schließlich geht es um eine Tankstelle und nicht um ein Altersheim. Da rennen den ganzen Tag Leute rein und raus. Verlieren Haare, machen Fingerabdrücke, schmieren mit ihrem Eis herum und hinterlassen Spuren mit ihren dreckigen Schuhen. Aber nichts ist bisher gefunden worden, was sich direkt mit dem Mord in Verbindung bringen lässt.«
    »Nichts?«
    Hill konnte seine Enttäuschung nicht verbergen.
    »Nein, tut mir Leid«, sagte Andenberg aufrichtig. Es tat ihm wirklich Leid, dass er so aufgebraust war, und er bedauerte, dass es tatsächlich nichts Entscheidendes gab, was er Joe Hill wie ein funkelndes Weihnachtsgeschenk überreichen konnte. Nichts.
    »Nicht einmal die Augenbinde hat was hergegeben. Der Stoff war billige Meterware von IKEA. Wird massenweise für Gardinen und Ähnliches verkauft.«
    »Aber er wird sie sich doch wohl kaum selbst umgebunden haben?«
    »Keine Ahnung. Das ist schließlich nicht meine Angelegenheit, obwohl ich es auch für eher unwahrscheinlich halte. Jedenfalls haben wir auch auf der Augenbinde keine Fingerabdrücke oder abweichende Fasern gefunden.«
    »Shit«, meinte Hill.
    Immerhin hatte sich am vergangenen Abend sein Wortschatz vergrößert.
    »Wenn er nur in das Blut getreten wäre, das Schwein«, fuhr Anderberg fort, »dann wäre alles ganz einfach. Es gibt wahnsinnig viel zu tun, wenn sie nur ein paar anständige Spuren hinterlassen. Aber leider, alles vollkommen gereinigt.«
    »Du sagst, er. Aber deutet irgendwas darauf hin, dass es nicht genauso gut eine Sie gewesen sein könnte? Oder mehrere?«
    Hills graue Zellen begannen endlich wieder zu arbeiten. Genau rechtzeitig zum Lunch, traten seine Synapsen wieder ihren vorschriftsmäßigen Dienst an, und das gefiel ihm.
    »Nein, eigentlich nicht. Aber wären es mehrere gewesen, hätten wir aller Wahrscheinlichkeit nach etwas Entscheidendes gefunden.«
    »Meinst du durch das Geh-mal-beiseite-Prinzip?«
    »Ja. Mehr als eine Person brauchen das Vielfache an Bewegungsfläche. Man muss den Aktionsradius jedes Einzelnen zum Körperumfang dazuzählen und mit dem Irritationsfaktor Zwölf multiplizieren, und dann sind Fehler vollkommen unvermeidlich.«
    »Hm.«
    »Aber vollkommen sicher kann man sich nie sein, Joakim«, unterstrich Anderberg. »Es können auch siebzehn Leute gewesen sein, was weiß ich?«
    »Hm.«
    Hill klang schon fast wie die Reklame für Marabou-Schokolade im Fernsehen, aber eigentlich versuchte er nur, die Wahrscheinlichkeit abzuwägen, soweit sein gerade erwachtes Urteilsvermögen dies zuließ.
    Anderberg schwieg. Das lag nicht daran, dass es ihm nicht gefiel, mit Joe Hill Hypothesen auszutauschen, sondern weil er jetzt endlich Mittag essen wollte. Joakim griff jedoch nach seinem letzten Strohhalm.
    »Aber was habt ihr denn gefunden, insgesamt? Auch das, was in dieser Umgebung ganz normal ist?«
    »Lies den vorläufigen Bericht! Spätestens zur Kaffeepause hast du ihn, und weißt du was, ich geh jetzt essen!«
    Anderberg legte auf, und Hill überlegte.
    Vielleicht war es eine gute Idee, eine Kleinigkeit zu essen. Sollte er sich einen kalten Pie im Lebensmittelladen nebenan kaufen oder ein Menü bei McDonalds etwas weiter Richtung Stadt?
     
    Die Gerichtsmedizin
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