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Komme, was Wolle

Komme, was Wolle

Titel: Komme, was Wolle
Autoren: Gil McNeil
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sieht immer noch großartig aus, und wir haben sogar eine neue Kunstgalerie bekommen, auch wenn sie hauptsächlich schicke Geburtstagskarten und hübsche Aquarelle verkauft von Künstlern, die du nicht gerade auf der Empfehlungsliste für den Turner-Preis vermuten würdest, es sei denn, stürmische Sonnenuntergänge hätten sich zu einer neuen Spezialkategorie gemausert. Und Gran sagt, dass das örtliche Komitee schon ganz aufgeregt ist wegen des Wettbewerbs »Schönste Küstenstadt (klein)« und wir dieses Jahr beste Chancen hätten, weil die Preisrichter es leid seien, immer dieselben Orte zu prämieren, so dass sie die Regeln geändert haben.
    Als wir am Laden vorbeifahren, sehe ich, dass Gran zu Ehren des Wettbewerbs das Schaufenster neu dekoriert hat. Es sieht aus wie eine Pyramide aus roter, weißer und blauer Wolle; an die mit grünem Filz bespannte Rückwand sind mit Reißzwecken ein paar Pullovermuster geheftet, und das Ensemble wird vervollständigt von einer Vase mit staubigen Plastikblumen, so dass ein neues Schaufenster möglicherweise an die Spitze meiner Liste rückt.
    Der Laden sieht ziemlich verblasst aus, und die goldene Beschriftung Butterworth’ Wolle ist von der Sonne und dem Salz fleckig geworden, also noch etwas, das der Erledigung harrt, aber ich glaube, damit warte ich noch ein Weilchen, weil ich überlege, den Namen zu ändern. Mein derzeitiger Favorit ist McKnits. Offiziell bin ich noch eine Mackenzie-Jones, da Nick und ich uns bei unserer Heirat gleich nach Jacks Geburt für einen Doppelnamen entschieden haben. Nick gefiel die Idee mit dem Doppelnamen, weil er fand, dass es sich auf dem Bildschirm besser machte, obwohl ich mich an das Jones nie so recht gewöhnt habe. Ich hasse es nicht so, wie Vin es hasst, von Gran Vinnie genannt zu werden, aber dennoch. Offiziell heißt er Vincent, was mit Mums Hang zum Künstlerischen zusammenhängt, so dass ich noch von Glück sagen kann, nur Josephine zu heißen. Ich habe es als Teenager mit Jo-Jo versucht, aber das hat sich nicht durchgesetzt. Wahrscheinlich braucht man silberne Fransen, um als Jo-Jo durchzugehen.
    Ich werde Gran fragen, was sie von McKnits hält, weil ich eine Namensänderung gut fände; es würde einen Neuanfang signalisieren. Aber ich möchte sie auch nicht vor den Kopf stoßen; der Laden ist seit Jahrzehnten in der Familie. Sie hat damit eine Woche nach ihrer Hochzeit mit Grandad angefangen, gleich nach Kriegsbeginn, nach seiner Abkommandierung auf einen Zerstörer nach Dover. Er ist nur ein Mal auf Heimaturlaub nach Hause gekommen, bevor er irgendwo in der Ostsee getroffen und versenkt wurde. Sie hat mir irgendwann mal all seine Auszeichnungen gezeigt, die sie in ihrem Hochzeitsalbum voller Schwarz-Weiß-Fotografien aufbewahrte, zusammen mit einem Bündel Briefe, alle in seiner sauberen, winzigen Handschrift mit jeweils einer Reihe Küsse am Schluss, und einer seidenen Valentinskarte mit einer roten Schleife, die zu rosa verblasst war. Er war erst zwanzig, als er starb, und Gran zog zur alten Mrs. Butterworth und bekam Mum, und nach und nach übernahm sie den Laden und führte ihn allein. Also könnte sie vielleicht verschnupft reagieren, wenn ich zu schnell etwas ändere.
    Als wir ankommen, steht sie am vorderen Gartentor und winkt mit einem Staubtuch.
    »Wie war die Fahrt? Schrecklich, möchte ich wetten, ich habe im Radio gehört, dass es eine dieser Rückklappen auf der Autobahn gab.«
    Archie schreit: »Wir sind am Meer, wir sind am Meer!« und sucht hektisch nach seinem Fischernetz.
    »Einen Rückstau?«
    »Genau. Du Arme, du musst ganz erledigt sein. Kommt rein, ich setze den Kessel auf. Ich habe den zweiten aus dem Laden mitgebracht, damit wir eine feine Tasse Tee trinken können, bevor der Umzugswagen eintrifft. Allerdings braucht er ewig, bevor er kocht – ich glaube, er ist total verkalkt. Ich sage Elsie immer wieder, dass wir eins von diesen Metalldingern brauchen, die du einfach in die Steckdose steckst und fertig. Mrs. Lilly hat so einen und sagt, er ist fantastisch. Hast du einen, Schätzchen?«
    »Was? Sorry, Gran, nein, habe ich nicht. Archie, hör auf, und Jack, lass erst mal alles im Auto, wir holen es später rein.«
    »Aber ich brauche meine Decke für heute Nacht.«
    »Ja, ich weiß, aber fang jetzt nicht an mit Auspacken. Wir haben noch nicht mal eure Betten hier.«
    Er seufzt, und Gran umarmt ihn.
    »Ich habe das vordere Zimmer fertig gemacht und noch kurz die Schlafzimmer gewischt. Fingerdicker Staub,
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