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Komm zurueck nach Italien

Komm zurueck nach Italien

Titel: Komm zurueck nach Italien
Autoren: Michelle Reid
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Teppich. Wenn schon jemand abnehmen muss, dann lass es wenigstens Luisa sein, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel. Mit ihrer Schwiegermutter konnte sie nämlich reden, ohne dass gleich die Fetzen flogen.
    Catherines Bitte wurde nicht erhört.
    „Si?” Eine männliche und angenehm tiefe, eine verführerische Stimme drang an ihr Ohr.
    Catherine schlug die Augen auf und sprang vom Sofa, als hätte sie der Blitz getroffen.
    Vito! Es war tatsächlich Vito!
    Ihre Wangen röteten sich, und das Grün ihrer Augen wurde vor Erregung noch dunkler. Sie hatte das Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben, und war unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen. Dafür beschwor ihre Fantasie Vitos Bild so lebhaft herauf, als würde er direkt vor ihr stehen.
    Sie sah sein schwarzes Haar, den dunklen Teint, die aufrechte Haltung und seinen stolz erhobenen Kopf. Bestimmt trug er einen Smoking, weißes Hemd und Fliege, denn an einem Sonntagabend erschien man in der Villa festlich gekleidet zu Tisch. Catherine sah seine faszinierenden braunen Augen mit den langen Wimpern, seinen Mund, sinnlich und ausdrucksvoll…
    „Wer ist da bitte?” fragte Vito ungeduldig.
    Catherine zuckte zusammen, griff den Hörer fester, schluckte und fand endlich ihre Stimme wieder.
    „Hallo, Vito, ich bin es, Catherine …”
    Das folgende Schweigen war so spannungsgeladen, dass Catherines Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren. Ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet, und ihr Herz hämmerte wie verrückt. Ihr war schwindelig, und sie wusste nicht mehr, was sie eigentlich hatte sagen wollen.
    Doch Vito brachte sie schnell wieder zur Besinnung. „Was ist los? Ist meinem Sohn etwas passiert?” Er sprach jetzt nicht mehr Italienisch, sondern Englisch, und sein Ton war ausgesprochen aggressiv.
    „Nein, Santo ist nicht krank”, beruhigte sie ihn.
    Wieder entstand eine Pause. „Und warum rufst du mich dann an, da du dir doch Telefongespräche gerichtlich verbeten hast?”
    Catherine biss sich auf die Lippe, um nicht eine hitzige Antwort zu geben. Anscheinend hatte sich an dem Kriegszustand zwischen ihnen in den letzten drei Jahren nichts geändert. Als sie sich damals von Vito trennte, hatte er sie derart bedroht, dass sie für Santo eine amtliche Vormundschaft beantragt hatte. Catherine war sich sicher, dass Vito ihr diese Erniedrigung nie verzeihen würde. Vor einem Richter hatte er sich verpflichten müssen, weder sie noch Santo je direkt anzusprechen, erst dann waren ihm gewisse Besuchsrechte eingeräumt worden.
    Seit jener Gerichtsverhandlung hatten die beiden Eheleute nie wieder ein Wort miteinander gesprochen.
    Ein Jahr lang hatte Vito darum kämpfen müssen, dass Santo ihn in Italien besuchen durfte.
    Zuvor hatte er stets nach England kommen müssen, um seinen Sohn zu sehen. Und auch jetzt noch wurde Santo stets von Luisa geholt und gebracht, damit sich Vito und Catherine nicht sehen mussten.
    Dass Santo ein Anrecht darauf hatte, beide Eltern gleich lie ben zu dürfen, war das Einzige, worauf Catherine und Vito sich hatten einigen können. Luisa hatte den beiden nämlich un-missverständlich klar gemacht, dass ein Kind ein Recht darauf hatte, Vater und Mutter mit eigenen Augen und unbelastet durch die Vorurteile der Erwachsenen zu sehen. Während des mehrjährigen und äußerst erbitterten Ehekriegs hatte Luisa stets konsequent die Interessen ihres Enkels vertreten.
    Catherine hatte gelernt, lächelnd zu nicken, wenn Santo bei jeder Gelegenheit von seinem Papa schwärmte, und war überzeugt, dass Vito seinerseits sich Santos Loblieder auf sie, seine Mama, anhören musste. Das bedeutete jedoch keineswegs, dass Vito und sie ihren Streit begraben hatten: Sie verheimlichten ihn Santo lediglich.
    „Ich wollte eigentlich Luisa sprechen.” Catherine hatte sich wieder gefasst. „Könntest du sie bitte ans Telefon rufen?”
    „Und ich möchte eine Antwort auf meine Frage: Was ist passiert, dass du hier anrufst?”
    Vito hatte anscheinend nicht die Absicht, wie gewohnt seine Mutter die Rolle der Vermittlerin spielen zu lassen. Doch Catherine ließ sich nicht beirren. „Das werde ich Luisa erklären.”
    „Das kannst du auch - wenn sie Santo morgen bei dir abholt”, sagte Vito verbissen.
    Damit schien für ihn das Gespräch beendet, und Catherine befürchtete schon, er wolle auflegen. „Nein, Vito! Warte!” bat sie.
    Das tat er auch, sagte jedoch kein Wort. Catherine sah ein, dass es an ihr war, das Gespräch wieder in Gang zu bringen. „Ich habe
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