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Komm mit mir nach Kreta

Komm mit mir nach Kreta

Titel: Komm mit mir nach Kreta
Autoren: Annie West
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Familie.“ Keine Geschwister. Keinen Vater. Und jetzt auch keine Mutter mehr.
    Er kam näher. So nahe, dass Sophie die Wärme seines Körpers spürte. Aber sie blieb unbeweglich sitzen. Dies war ihr Haus, ihr Territorium. Sie würde nicht klein beigeben.
    „Sie haben eine Familie in Griechenland.“
    Eine Familie in Griechenland. Wie viele Jahre hatte sie das gehört? Es war das Mantra ihrer Mutter, einer Frau, die sich in einem fremden Land ein völlig neues Leben hatte aufbauen müssen. Einer Frau, die sich nicht hatte einschüchtern lassen, nicht einmal durch die Zurückweisung ihres Vaters. Was für eine Ironie! Ihre Mutter hatte ein Vierteljahrhundert darauf gewartet, bestätigt zu bekommen, dass sie eine Familie in Griechenland hatte. Jetzt, nur Tage nach ihrem Tod, wurden die Worte ihrer Tochter angeboten.
    Sophie fing hysterisch an zu lachen.
    „Schluss damit!“, befahl er und packte sie an den Schultern.
    Aufgeschreckt blickte Sophie ihn an und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Schließlich ließ er sie los. „Ich habe keine Familie“, wiederholte sie.
    „Im Moment sind Sie aus dem Gleichgewicht. Aber Sie haben einen Großvater und …“
    „Was fällt Ihnen ein!“, sagte Sophie scharf. „Wie können Sie die Unverschämtheit besitzen, ihn in diesem Haus zu erwähnen?“ Sophie hatte die vergangenen Tage nur überstanden, indem sie ihren Blick konsequent nach vorne gerichtet hatte. Die Vergangenheit lag endgültig hinter ihr und mit ihr die sogenannte Familie.
    Niemand, nicht einmal der grausame Patriarch der Familie Liakos konnte ihrer Mutter noch etwas anhaben. Und ausgerechnet jetzt erschien ein Handlanger der Liakos’ und rührte alles wieder auf. All den Kummer, die zerstörten Hoffnungen, den schwelenden Hass. Sophie zitterte am ganzen Körper. Diesmal nicht vor Schwäche. „Ich habe in meinem Leben keinen Platz für einen Mann, der seine Tochter verstoßen hat! Der sie Jahr für Jahr ignoriert hat, als würde sie nicht existieren. Nicht einmal als sie im Sterben lag hatte er genug Mitgefühl, um Kontakt mit ihr aufzunehmen!“
    Der Grieche konnte die Verblüffung in seinen Augen nicht verbergen. Also war dies neu für ihn. Und seinem Stirnrunzeln nach zu urteilen war es keine erfreuliche Neuigkeit.
    „Trotzdem müssen wir reden.“ Er hob abwehrend die Hand, als Sophie erneut Luft holte. „Ich bin nicht der Abgesandte Ihres Großvaters. Ich bin in eigener Sache hier.“
    Irritiert hielt Sophie inne und runzelte misstrauisch die Stirn. In eigener Sache? Was sollte das bedeuten? War das ein Trick?
    Sie überlegte kurz. Ihre Mutter war an einer Virusgrippe erkrankt, und nachdem die Ärzte Sophie mitgeteilt hatten, dass es keine Möglichkeit gäbe, den Infekt zu bekämpfen, hatte sie ihren Stolz heruntergeschluckt und sich dazu über wunden, zum Telefon zu greifen, um mit Petros Liakos Kontakt aufzunehmen – dem Despoten der Familie, der mit seiner Tochter, Sophies Mutter, seit ihrer Heirat jeden Kontakt ablehnte. Flehentlich hatte sie darum gebeten, dass er sich melden und mit ihrer Mutter sprechen möge. Unmittelbar nachdem sie ihrem Großvater die Nachricht hinterlassen hatte, dass seine Tochter krank sei, waren die ersten Anrufe von Costas auf ihrem Band gewesen.
    Petros Liakos hatte sich nie gemeldet.
    Wieder überwältigte sie der Hass, der brennende Schmerz, und Sophie verfluchte den arroganten Besucher dafür, dass er sie dazu brachte, alles noch einmal zu durchleben.
    „Ich wusste von Ihrer Mutter, aber nicht, wo sie sich aufhält oder wie ich mich mit ihr in Verbindung setzen kann. Ich musste dringend mit ihr Kontakt aufnehmen. Als Sie bei Petros anriefen, konnte ich an Ihre Telefonnummer kommen. Ich habe die ganze Woche über angerufen.“
    Ihr Anrufbeantworter war voll gewesen mit den Nachrichten des unbekannten Griechen. Aber Sophie hatte nicht darauf reagiert. Wozu auch? Zum Zeitpunkt seiner Anrufe war ihre Mutter bereits tot, und sie hatte die Vorbereitungen für ihre Beerdigung getroffen. Für eine Aussöhnung zwischen der Familie und ihrer Mutter war es zu spät. Und Sophie hatte nicht die Absicht, jemals zu vergessen, wie ihre Mutter von den Liakos’ behandelt worden war.
    Die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter waren entschiedener geworden, eindringlicher. Irgendwann hatte Sophie sie alle gelöscht. Lediglich ein einziges Mal konnte Mr. Palamidis sie zu Hause erreichen, und Sophie erinnerte sich, wie sie mit großer Genugtuung das Gespräch wegdrückte, kaum
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