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Komisch - die Liebe

Komisch - die Liebe

Titel: Komisch - die Liebe
Autoren: Andrea Manni
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    Einen Arm, ein Bein für eine Antwort! Was zum Teufel reitet mich da?
    So überlebe ich. Feige im Angesicht der Ereignisse. Mache mit und doch nicht mit. Ich umarme sie, während ich am liebsten
     davonliefe. Ich küsse sie wie ein Judas.
    Sie hingegen scheint sich eingerichtet zu haben und sich wohl zu fühlen in ihrer neuen Rolle als Nicht-mehr-Single. Entspannt
     und glücklich. Unerwarteterweise glücklich. Überrascht von der Überraschung.
    Aber sie macht mit.
    Und ich?

» L aut Statistik ist es wahrscheinlicher, vom Blitz getroffen, als in einen Terroranschlag verwickelt zu werden. Von der Rezession
     kann man das nicht behaupten, sie trifft alle, auch wenn man uns jahrelang das Gegenteil weisgemacht hat. Das taten sie, um
     unser Bild von der Realität zu trüben. Und während wir uns im Zustand der Verwirrung befanden, beklauten uns die Finanzleute,
     die ganz oben, die richtig Reichen. Und möglich war das dank der Wirtschaftspolitik von Bushs Krieg gegen den Terror. Bushs
     Antwort auf den 11. September 2001 war eine aggressive Finanzpolitik, die innerhalb von zwei Jahren die Zinsen von sechs auf
     eins Komma fünf Prozent gesenkt hat. Hörst du mir zu?«
    Luca sieht mich ernst an. Er ist voll in Fahrt.
    »Sicher …« Ich höre ihm zu, bin nur ein klein wenig durch
Seattle
der PiL abgelenkt.
    Er tigert in der Buchhandlung auf und ab wie ein eingesperrtes Raubtier. Er ist außer sich.
    »Aber der Krieg wurde nicht etwa vom amerikanischen Kongress bezahlt, nein! Sondern mit Hilfe der Schatzanweisungen, die auf
     dem internationalen Markt verkauft wurden und deren Wert durch die Zinssenkung sogar noch stieg. Verstehst du?«
    Ich nicke, bin aber mit den Gedanken woanders.
    »Und je tiefer die Zinsen fielen, desto deutlicher wurde, was für ein Riesenglück die Kriegspolitik für die Wall Street war.
     Und sie verdienten immer weiter daran! Subprime-Kredite, eine Schwemme von Produkten wie die Derivate, die auch in unseren
     Pensionsfonds gelandetsind, das sind alles Phänomene, die der 11. September ausgelöst hat. Der Terrorismus hat nicht die Bohne damit zu tun! Das
     war der Beginn der Krise! Und nun wurden Millionen von Euro für Kultur, Umwelt und Landwirtschaft gekürzt. Zwei Jahre lang
     habe ich an dem Aufforstungsprojekt bei Sarno gearbeitet, und nun? Keinen Centesimo gibt es mehr dafür. Kapierst du das?«
    »Ja, Luca, ja … beruhige dich.«
    Er sieht mich an, als käme ich vom Mars. Er will mir schon derbe antworten, hält dann aber inne.
    »Darf man erfahren, was mit dir los ist?«
    Ich winde mich. Versuche, drum herumzureden. »Nichts, ich bin nur ’n bisschen müde. Auch wir Buchhändler bekommen die Krise
     zu spüren.«
    »Ja, ja … Nino, was ist los? Clelia? Wie läuft’s mit Clelia?«
Touché
.
    Und jetzt, was soll ich ihm erzählen? Dass ich einen Blick auf uns zwei geworfen habe, auf dem Sofa vorm Fernseher sitzend,
     und mir alles klarwurde? Dass mir klarwurde, dass ich dieses Leben nicht führen kann? Dass mir meine Freiheit fehlt? Dass
     ich kindisch bin? Dass es mir fehlt, tun zu können, was ich will und wann ich es will? Dass ich Angst habe zu ersticken? Dass,
     sosehr mir Clelia auch gefällt, ich den Anblick nicht ertrage, wie jemand anderes durch meine Wohnung spaziert? Dass ich mich
     bedrängt fühle? Dass mich fast der Schlag traf, als sie ihre Zahnbürste in mein Bad gestellt hat? Soll ich ihm all diese dummen,
     klassischen, stereotypen Banalitäten erzählen?
    O. k. Ich tue es. Ich erzähle ihm alles.
    Luca bricht in selbstzufriedenes Gelächter aus.
    »Mann, wie banal! Was habe ich dir gesagt?«
    Ich sehe ihn leicht empört an.
    »Was habe ich dir gesagt, als du mir das erste Mal von ihr erzählt hast? Scheiße, ich kenne dich wirklich gut …«
    »Hör schon auf, den Besserwisser zu spielen. Es ist schrecklich!«
    Luca hebt entwaffnet die Arme.
    »Keine Ahnung, was ich tun soll …«
    »Schließ deine stinkende Bude ab, wir gehen was trinken.«
    Es ist zehn vor sieben. Warum nicht?
    »Wenn du willst, können wir auch zusammen essen«, schlägt er vor.
    »Und Clelia?«
    »Ach, so seid ihr drauf? Na, das musst du selbst wissen …« Luca wiegt ein Buch über Agrarrecht in der Hand.
    Ich überlege nur kurz.
    »Liebling?«
    »Geht es dir gut?«
    »Ja, und dir?«
    »Die Proben sind gerade zu Ende. Was willst du machen?«
    »Hör mal, ich gehe mit Luca was trinken und vielleicht auch was essen.«
    »Ach …«
    »Wir sehen uns so selten …«
    »Klar, kein Problem,
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