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Koma

Koma

Titel: Koma
Autoren: Robin Cook
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aus rostfreiem Stahl, Manometern und verschiedenfarbenen Zylindern mit Druckluft. Oben auf dem Apparat stand eine braune Flasche Halothan, die Formel auf dem Aufkleber: C 2 HBr CIF 3 , nach Auffassung von Dr. Billing ein fast perfektes Anästhetikum. Die Einschränkung bezog sich darauf, daß es zuweilen die Leber des Patienten anzugreifen schien. Doch das geschah äußerst selten, und die positiven Eigenschaften des Halothan überwogen bei weitem. Dr. Billing malte sich oft aus, daß er es entwickelt hätte und es der staunenden Fachwelt in einem Leitartikel des New England Journal of Medicine zur Kenntnis brachte und dann in seinem alten Smoking, der seit der Hochzeit im Schrank hing, die Stufen zum Podest hinaufschritt, um den Nobelpreis in Empfang zu nehmen.
    Dr. Billing war ein ausgezeichneter Anästhesist, eine Tatsache, die ihm selbst nicht verborgen geblieben war. Und, wie er glaubte, den anderen auch nicht. Seiner Überzeugung nach kannte er sich in seinem Fachgebiet mindestens ebenso gut aus wie die meisten seiner Kollegen im Krankenhaus und bestimmt besser als manche. Seit er im Memorial arbeitete, war ihm nie eine ernsthafte Komplikation unterlaufen.
    Wie der Pilot einer Boeing 747 hatte sich Dr. Billing eine Checkliste für seine Narkosen gemacht, und daran hielt er sich wie an das Evangelium. Das Original hatte er tausendmal fotokopiert, und zu jeder Operation brachte er, zusammen mit der übrigen Ausrüstung, ein Exemplar mit. Um 7 Uhr 15 war der Narkosearzt bei Punkt 12 der Liste angelangt, befand sich also genau im Zeitplan. Punkt 12 bedeutete Anschluß der Gummischläuche an den Apparat. Das eine Ende des Schlauchsystems führte in den Blasebalg mit einer Kapazität von etwa fünf Litern, mit dessen Hilfe er die Lungen des Patienten während der Operation künstlich beatmen konnte. Das andere Ende war mit dem Natrium-Kalk-Behälter verbunden, der das ausgeatmete Kohlendioxyd absorbierte. Zur weiteren Prozedur gehörte der Anschluß des Narkoseapparats an die zentralen Zufuhren für Lachgas, Druckluft und Sauerstoff, deren Ventile sich an der Wand des Operationssaales befanden. Für Notfälle war der Narkoseapparat mit zwei eigenen Sauerstoffflaschen ausgerüstet. Dr. Billing überprüfte den Druck. Beide Zylinder waren gefüllt. Hier konnte nichts schiefgehen.
    »Ich werde jetzt ein paar Elektroden an Ihrer Brust befestigen, damit wir den Herzschlag aufzeichnen können.« Gloria D’Mateo zog das Laken herunter und das Hemd herauf, so daß es gerade noch Nancys Brustwarzen bedeckte. »Das fühlt sich für einen Moment kalt an«, sagte Gloria D’Mateo und drückte aus einer Tube eine farblose Paste auf drei Punkte an Nancys unterer Brusthälfte.
    Nancy wollte antworten, war aber zu sehr mit ihren widerstreitenden Gefühlen beschäftigt. Sie war dankbar, weil diese dumme Angelegenheit jetzt endlich, wie man ihr versichert hatte, aus der Welt geschafft wurde, gleichzeitig fühlte sie sich jedoch völlig wehr- und hilflos in einer Maschinerie gefangen, auf die sie keinerlei Einfluß hatte.
    »Gleich piekst es ein bißchen«, sagte Dr. Billing und schlug auf ihren Handrücken, um die Venen besser hervortreten zu lassen. Er hatte ein Schlauchende fest um ihr Handgelenk gebunden, und sie fühlte ihr Herz in den Fingerspitzen klopfen. Nancy versuchte gar nicht mehr, den Ereignissen zu folgen.
    »Einen wunderschönen guten Morgen, Miss Greenly.« Dr. Majors betont herzliche Stimme drang an ihr Ohr. Der Gynäkologe, auf einer ersten eiligen Inspektionstour, beugte sich über sie. »Ich hoffe, Sie hatten eine gute Nacht. Die Kleinigkeit hier haben wir in ein paar Minuten erledigt, und dann liegen Sie wieder im Bett und können in aller Ruhe ausschlafen.«
    Bevor Nancy antworten konnte, spürte sie den scharfen Schmerz des Nadelstichs an ihrem Handrücken. Die Aderpresse verschwand, und sie fühlte den Blutstrom in ihrer Vene. Sie hätte vor Hilflosigkeit heulen können.
    »Infusion angeschlossen«, stellte Dr. Billing fest und hakte Position 16 auf seiner Liste ab.
    »Gleich werden Sie schön schlafen, Nancy«, sagte Dr. Major. »Nicht wahr, Dr. Billing? Sie sind ein Glückspilz, Mädel. Bei Dr. Billing sind Sie in den besten Händen.« Dr. Major nannte alle seine Patientinnen Mädel, egal, wie alt sie waren, das gehörte zu seinen Berufs-Manierismen.
    »Stimmt«, sagte Dr. Billing und befestigte die Gesichtsmaske am Narkoseschlauch. »Schlauch Nummer acht, bitte, Gloria. Und Sie, Dr. Major, können sich
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