Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition)
Autoren: Martin Romey
Vom Netzwerk:
ein Leichtes gewesen, einfach nur die Hände auszustrecken und Natalie zu berühren. Ich hätte ihr im Geiste meinen Plan verraten können und sie mit meinen Gedanken dorthin leiten können, wo ich sie gerne gehabt hätte. Aber wäre alles Weitere dann noch ihre eigene Entscheidung gewesen? Vermutlich nicht! Und die andere Frage war, ob ich es wirklich verantworten konnte, sie durch einen weiteren Kontakt noch mehr zu verunsichern. Ohne einen weiteren Kontakt allerdings war es möglich, dass sie die Vision von den Videos auf Mikes Flashspeichern als plötzliche Eingebung, als weibliche Intuition abtat …
    Ich weiß nicht, was letzten Endes den Ausschlag gab, jedenfalls streckte ich meine Hände nicht der verängstigt herumstolpernden Natalie entgegen, die immer wieder meinen Namen rief: »Frank? Frank, bist Du ´ier?«
    Ich schaute ihr einfach nur zu, bis sie sich irgendwann mit der eigenen Hand gegen die Stirn klatschte und sagte: »Du abergläubische Kuh!« Sie lief noch eine Weile unruhig hin und her, bis sie schließlich murmelte. »Aber das mit diese Video lässt mir keine Ruh’!«
    Sie meldete sich die nächsten zwei Tage krank und gab vor, Probleme mit ihrem Kreislauf zu haben. Vermutlich einfach nur zu viel Arbeit!

Entscheidung
    Ich war während dieser Zeit immer wieder bei Ihr in Wohnung. Am Anfang redete ich mir ein, es wäre die Angst, dass sie sich etwas antun könnte, oder sonst etwas mit ihr sein könnte. Mit jeder Stunde, die verstrich, musste ich mir jedoch eingestehen, dass ich meine Neugier nicht bremsen konnte, was als Nächstes passieren würde. Wenn ich nicht gerade bei Natalie in der Wohnung herumgeisterte, verbrachte ich meine Zeit im richtigen Leben. Sprich in meinem Bett und zappte von einem Fernsehkanal zum nächsten.
    Es war schon eigenartig. Ich hätte mich einfach auf meine Zwischenebene begeben und in dieser traumhaften Umgebung meditieren können. Stattdessen hüpfte ich rastlos von einem Fernsehsender zum nächsten, ohne irgendwo Halt zu finden. Orientierungslos trieb ich im bunten Blödsinn der Fernsehindustrie umher. Es war schon eigenartig – seit ich wieder sprechen konnte, Internetzugang hatte und sonstige Vorzüge der Ablenkung genießen konnte, war ich lange nicht mehr so konzentriert in dem, was ich tat.
    Vorher war ich, wie ein Brühwürfel, auf das Wesentliche reduziert. Ein Konzentrat meines Selbst. Und jetzt floss mein Bewusstsein wieder auseinander, als wäre es eine Fünf-Minuten-Terrine!
    Es hatte sich viel geändert, seitdem Mosquito seinen letzten Auftritt gehabt hatte und Doktor Gralstor aufgetaucht war. Doktor Gregor ließ sich immer seltener sehen und Daniel wurde immer wortkarger, je mehr ich reden konnte. Wir hatten unter uns die Abmachung getroffen, nichts über den Vorfall im Medikamentenzimmer zu sagen. Er war immer noch ein hervorragender Pfleger, der mich immer noch bevorzugt behandelte. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass ich mich dadurch, wieder sprechen zu können, für ihn irgendwie entzaubert hatte. Die anderen Pfleger, die Mosquitos Platz eingenommen hatten, wechselten so häufig, dass ich mir eigentlich keinen von ihnen so richtig eingeprägt hatte.
    Auch Bruder Martin hatte sich nicht mehr blicken lassen, seitdem wir wieder reden konnten. Er ließ sich auch nicht zu einem weiteren Statement im Fernsehen hinreißen, in dem er beteuerte, wie gut er sich doch um uns gekümmert hatte. Als wir stumm waren, hatte er ja auch keine Gegenwehr zu befürchten. Außerdem war das Interesse der Medien an uns schon lange wieder abgeebbt, nachdem man sich das Ableben von Mosquito und zwei weiterer Zelleninsassen als eine Verkettung von unglücklichen Zufällen zusammengereimt hatte.
    Der Einzige, der tatsächlich ein unglaubliches Interesse an uns, oder genauer gesagt an mir, entwickelt hatte, war Doktor Gralstor. Genoss er tatsächlich nur den intellektuellen Austausch, oder führte er etwas anderes im Schilde? Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er alle Ideen, die wir besprachen, bereits fertig in seiner Schublade liegen hatte. Das ging hin bis zu der paranoiden Idee, dass er das Gespräch in solch eine Richtung lenkte, dass ich zwangsläufig eine Idee ausplauderte, die er mir in seiner Umsetzung ein paar Tage oder Wochen später präsentierte. Ich bin nie dahinter gekommen, ob dies tatsächlich der Fall war oder ob mir mein krankes Hirn solche Ideen einflüsterte.
    Jedenfalls kam er gerade in der Zeit, als ich auf eine Entscheidung von Natalie wartete, ins
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher